Gummistiefel oder barfuß bleibt Blues

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Geteert oder gepflastert ist dieser Weg nicht. Was soll ich schon sagen? Wenn ich da hin gehen will, sollte ich da hin gehen. Wo nochmals war es und warum eben dort? Erinnere mich bitte.  Dieser Weg führte zumindest in eine Richtung. Aber schon recht matschig war dieser Pfad. Komme ich barfuß besser durch? Unlängst sagte eine Frau zu mir: ein bisschen Schutz ist immer gut. Wovor? Manchmal drehe ich mich um und betrachte die Gummistiefel, die im Schlick hinter mir stecken blieben. Ich hatte es etwas eilig gehabt. Dann bleiben vielleicht noch ein paar Socken zwischen dir und dem Dreck. Ist eigentlich keinen zusätzlichen Satz mehr wert. Ich halte meinen Daumen in die Luft, den keiner sieht. Eine rutschige Strasse liegt mir. Zu den kalten Füßen. Geh weiter und es wird eine Autobahn oder ein Trampelpfad. Was ist der Unterschied? Ich gehe vor mich hin. Und her. Ab und zu donnert ein Gewitter meinen Namen in den Abendhimmel. Ruft.

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(Eine prosaische Assoziation zum bluesschematischen Reim / eben)

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Deine Tage sind gezählt so auch meine

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Die Kraft mit der ich versuchte mich auszudrücken

Feinfühliger

Wäre Dir nie gerecht geworden

Nicht mit Rhythmen

Nicht mein Weshalb

Mein Fehler nur

Ich blieb da unten zu lange hängen

Einen Tag eben

Kann reichen

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Gut, mein Schiff versinkt

Übrig bleiben Splitter

Es sinkt recht schnell ein Boot

Giftige Gicht keine Vergangenheit keine Zukunft

Aber mir bleibt Zuversicht und die ist licht und frei

Die mit mir segelten

Ich mag sie immer noch

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Endlose Leere kalter zerbroch‘ner Krug

Jeder bewegt sich irgendwohin

Falls er nicht schon dort festsitzt

Du magst immer zurückkehren

Aber nicht zurück auf Anfang

Eben der eine Fehler

Einen Tag zu lang dort oben

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(Fragmentarische Nachdichtung von heute)

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„Unsere Songs sind lebendig im Land der Lebenden.“ Bob Dylan am Ende seiner Lesung in Sachen Nobelpreis. Und dann noch im Westen nichts Neues. Oder der Oscar?

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Fragmente sind mehr als das Ganze

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Ich könnte dich glücklich machen / deine Träume wahr werden lassen / nichts gibt es, was ich nicht tun würde / sogar bis ans Ende der Welt ginge ich für dich / um dich meine Liebe fühlen zu lassen.

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Der Geist unserer alten Liebe ist nicht fortgegangen.

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My hands are cold / the end of time has just begun / I‘m gettin‘ old / anything can happen now to anyone.

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Ich fühle mich wie ein Gefangener in einer geheimnisvollen Welt, ich wünschte, jemand käme vorbei und würde für mich die Uhr zurückdrehen.

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Bei  ,Time out of Mind‘ wollte ich, dass meine Musik durch diesen ganzen technischen Apparat hindurchläuft und so schnell wieder am anderen Ende rauskommt, dass der Apparat gar nicht merkt, was er da eigentlich macht.

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You can always come back, but you can’t come back all the way.

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Auf dem Bahnsteig stehen Leute, die auf Züge warten.

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Only one thing I did wrong
Stayed in Mississippi a day too long

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Wenn Du merkst du hast alles verloren, findest du heraus, du kannst immer noch ein wenig mehr verlieren.

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Ich kann nicht darauf warten, dass du deine Meinung änderst. Ich kann nicht warten.

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My heart’s in the highlands.

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Alle Worte bis hier von Bob Dylan.

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PS: Eine neue Sammlung alter Songs vom Meister heute im Briefkasten. Jetzt in Dauerschleife. Erfreut.

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PS2: Erste Einblicke. Gewiss bald mehr hier.

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Zwo Null Zwo und Drei / Lieb‘ Welt so reim‘ oder ich fress Dich aufs Neue 14

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Es raten Ärzte Apotheker

Und viele Menschen – Better – Maker

Zum Optimieren der Systeme

Benutzen heute gerne Meme

Doch dies war nur der Nebensatz

In der Tastaturenhatz

Denn was mein Finger schreiben sollte

Und dies auch eigentlich noch wollte

Ist falls dich zwickt ein klein Malör

Natürlich hilft da auch Likör

Es gibt der Hilfen etliche

Zuckersüße Fettliche

Doch so dient man der Gesundheit nicht

Ja ja der nächste Reim Verzicht

Wozu man aber raten kann

Ein neues Lied von Zimmermann

Hinfort mit allen Pillen

Goooooood Morning Meister Dylan

Es dunkelt zwar ist fast schon finster

Drei Monat‘ noch dann blüht der Ginster

Drum sei bemerkt an dieser Stelle

Das obig‘ Lied erzeuget Helle

Gedankt sei noch Herrn Wilhelm Busch

Den Stecker raus und Tusch

Alaaf und Horrido

Depressiv und Lebensfroh

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Wo ist die Zeit / Hendrix beinahe 80

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Das Geld für drei Platten hatte ich zusammengebracht zu meinem 16. Geburtstag. Einmal von Mama, dann erspartes Eigenkapital und noch ein Geschenk von Klassenkameraden, vor allem *innen, die zusammengelegt hatten. Also auf zu Bertelsmann, obwohl die Auswahl da doch leicht eingeschränkt war in Sachen, was wichtig war in jenen Tagen. Aber da gab es auch noch Rabatt, weil die Eltern seit Jahren Abonnenten waren. Lesezirkel hieß das, meine ich mich zu erinnern. Begleitet wurde ich von zwei Klassenkameradinnen. Hinter der Einen war ich schon seit einiger Zeit hinterher. Als sie mich dann im Jahre drauf auf einer Südtiroler Landschulheimwiese erhören sollte? Eigentor. Die Andere war die beste Freundin der Einen. Und dann gab es noch eine Dritte. Und mehr Mädels waren zu der Zeit nicht in unserer Klasse. Dann noch, je nach Lage in Sachen Auf- oder Abstieg, um die zwanzig Buben.

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So eine Art Tresen. Barhocker. Man konnte sich die Platten anhören. Zwei oder drei Hörplätze mit zwei bis drei Kopfhörern. Riesenteile. Weich und manchmal was klebrig und garantiert nicht desinfiziert. Als erstes „Derek and the Dominos“. War klar. Das große Liebesjammern von Eric Clapton. Layla und die anderen klagenden und bettelnden „assorted“ Lovesongs. Auf den Knien. Grauenhafte Selbstentäußerung eigentlich. Aber da konnte sich der Bub in seine unerfüllten Sehnsüchte reinfallen lassen. Immer die schwer bis nicht Erreichbaren im Visier. Als ob er Niederlagen als Ersatz für die Bestätigung herbeirufen müsse. Das manchmal ebenso lange Jahre lang eine Dritte, hier sogar die Dritte, entflammt am Rande der Tanzfläche stand, erfährt der Bub vielleicht beim 30 – jährigen Abiturtreffen. Zu spät und ein bisserl kokett.

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Ok. Aber jetzt musste noch der vermeintlich „harte Kerle“ in dir bedient werden. Black Sabbath. Paranoid. Gleich der erste Song War Pigs trifft. Mehrere Fliegen sind geschlagen. Mit der plakativen Wut auf die Kriegsschweine ist einiges unter den Hut zu bringen. Der junge Maoist. Der Pazifist. Natürlich mit der revolutionären Knarre in der Hand. Der Sohn eines armen Soldaten. Der kleine Träumer. Der Selbstzweifler. Der Klassen(laut)sprecher. Und die noch nicht entdeckte Wut, ein treuer Begleiter später. Man steht aber auf der richtigen Seite. Rein in die Tüte.

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Und dann ist da noch der Schwarze Mann. Der akkurat getrimmte Wuschelkopf. Das schreiend bunte Hemd. Und der verliebt gesenkte, fast schon meditative Blick auf seine Gitarre. Aber die hängt doch falsch rum am Musikus. Warum? „Der ist Linkshänder!“ Ich doch auch. Eigentlich. Aber wir wurden bei der Einschulung umgepolt. „Gib dem Onkel die rechte, nicht die böse Hand!“ Was wissen die schon! Was weiss ich schon? Jimi Hendrix und seine Bande der Zigeuner antwortet. Und dann das damals überhaupt nicht nachvollziehbare Anfangsgeschrammel von Machine Gun. Was ist das denn für ein Instrument? Bass, Gitarre, Drums gemeinsam in einem undurchdringbarem TschakaTschakaRumms. Die Wucht dieses ersten Hörens, die mich noch öfters einholen sollte, habe ich nie mehr vergessen.

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„Who Knows“

They don’t know

They don’t know

Like I know

Like I know

Do you know

They don’t know

I don’t know

I don’t know

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Etliche Jahre später las ich mal, dass Hendrix ein großer Dylan – Verehrer war. Er rieb gerne den, dann die Augen verdrehenden Soul Sisters oder Brothers, die drei Zentralwerke Subterranean Homesickblues, Highway 61 revisited und Blonde on Blonde unter die Nase. Las ich.

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Was für ein schönes Cover der Tränen des Zorns. Und eine Feier der Kraft einfacher Musik. Wenn sie nicht aufhört zu träumen, naiv bleibt und halt Musik macht. Also die Musik. Oder so. Am besten im ewigen Hotelzimmer. Nicht perfekt werden wollen. Was wissen wir schon. And life is brief.

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Resonanz, Räume und Aufstiegshilfen

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Hinter Pfronten / 12. Juni 2022

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Aufstiegshilfen nennt oder nannte man Lifte. Obiger wurde in der Worte wahrem Sinne abgewickelt. Vielleicht wurde sogar das in sich mehrfach verwundene … huch … verwundete hätte ich fast geschrieben … Drahtseil aufgedröselt und anderer Verwendung zugeführt. Jetzt steht da oben, am ehemaligen Ziel, nur noch der letzte Umlauf der unerbittlich das Seil wieder Richtung Tal rotierte. Als Bub auf Holzlatten war man sich damals sicher, die Entscheidung, wann es abwärts geht hält man immer in den eigenen bestockten Händen und stürzte sich mit kräftigen Schüben mehr Tempo fordernd auf die Piste, den Schnee pflügend erst, immer forscher dann. Und jeder Sturz, die Gosch voller Schnee war nicht Ent-, nein Ermutigung.

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Draussen schneit es. In kleinen Dosen. Nichts öffnet den Resonanzraum Erinnerung schneller als Schneefall. Zumindest bei mir. Jetzt wo die Republik sich vor dem Frieren fürchtet, ein kurioser Gedanke, schien mir doch die Kindheit (Seegförne!) vor allen in den langen, den kalten und schneebedeckten Tagen ein einziger Genuss und der umkippende Schlitten fast schon Verheißung und Orakel. Ein wilder Ritt solle das Leben werden und man trägt wie die bewunderten Piraten Glasauge, Narben und Holzbein mit Stolz. Dies sollte sich, unzählige durchlebte Jahre danach, nur noch leise nachhallende Resonanzräume spürend und spätestens, nachdem man sein Holzbein ein drittes Mal auswechseln musste, weil es nicht mehr durch den TÜV kam, schmerzhaft ändern. Wie hier unlängst gereimt.

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Der Meister der sentimentfreien Resonanzräume hat, kaum ist das neue Buch draußen, für Januar eine neue Platte aus seiner Bootleg – Series angekündigt. Fragmente. Thema wird sein das grosse Album „Time out of mind“. Aus dem Jahre 1997, als ich mein erstes Glasauge in Empfang nehmen konnte. Ganz unten ein Vorgeschmack.

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Seltsam, selbst Dylan vertraut nicht der Qualität einer ersten Fassung und rödelt dann rum. Was dabei rauskommt ist auch gut, doch diese knarzige Frische fehlt dann. Oder ist dies nur die Erinnerung, die trügt? Hätte hätte.

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Manchmal geht man durch eine Tür. Wohlgemut. Hat aber den Schlüssel drinnen liegen lassen. Und da draussen stehen die Dinge nicht so wie erhofft oder naiv erträumt. Du willst vielleicht wieder zurück. Hinter der Tür wird geheizt. Sie fiel jedoch ins Schloß. Der Kamin raucht noch. Doch niemand mehr zu Hause. Wenn der Schlüsseldienst dir nicht helfen kann oder will, was machst du dann? Die Türe eintreten? Doch weiterzieh’n?

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Fast schon wieder eine Bagatelle nur

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Bremen / 13. Juni 2021

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Strategie, Fanta und sie

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Jahrestage Baumringe Augenringe

Du greifst nach Liedern

Jenen Liedern denen du nie richtig zugehört hast

Zwei Zeilen in die Erinnerung gekritzelt bestenfalls

Und alles für wahr befunden

So isses doch so genau und

Auf diesem langen Weg nach Hause

Wenn der letzte Bus ausgefallen war

Dies deine Ausrede für morgen

Summst du wieder und wieder den Namen

Getränkt mit irren Anschuldigungen

Aber wenn doch es ganz anders

Liebeslego Zukunftsscrabble

Oder der Märklinbaukasten Metall

Der Flugzeuge in den Himmel schickt

Heute Nacht jedoch nicht mehr

Heute nur Asche im Mund

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(Gießen / November 2022)

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Für die Asche im Mund danke ich Bob Dylan, der diese Worte in der „Beschreibung“ untigen Songs nutzt. Ans Herz gelegt der erste Kommentar zu diesem Clip. Vielleicht war es Dylan. Unter einem Alias. Und singende Schlagzeuger haben auch schon was.

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Wo ist die Zeit? / Es gibt sie doch noch!

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Gießen / Mittelhessen / Eben am 15. November 2022

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Bob Dylan hat ein neues Buch geschrieben. Darüber sollte ich nachdenken.

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„Bob Dylan hat ein neues Buch geschrieben. Für jemanden, den der „Meister“, wie ihn manche in der Anhängerschar etwas übertrieben bezeichnen, ein Leben lang mit seinen Songs und Texten begleitet hat, ist dies ein klarer Auftrag: auf zur Buchhändlerin des Vertrauens. Diese sagt dann: „Ich wusste gar nicht, dass Bob Dylan auch Bücher schreibt? Was ist das für ein Buch?“

Tja. Was ist das für ein Buch? „Die Philosophie des modernen Songs“ erschien am 2. November, C.H. Beck – Verlag, kostet € 35.- und hat 350 prall gefüllte Seiten. Worte. Bilder. Anregungen. Irritationen. Klarstellungen. Überraschungen. Erst mal halt ein Buch.

Ist es ein wissenschaftliches Buch? Die Philosophie im Titel mag es suggerieren. Nein, mit Wissenschaft hat Dylan nichts am Hut, ganz im Gegenteil. Meist ist er selbst Gegenstand wissenschaftlicher Betrachtungen. Seit je her wird er kategorisiert, eingeordnet, gerne überhöht. In den Feuilletons der Welt herrscht da ein wilder Wettstreit in Sachen Bedeutungshuberei. Es gab sogar schon Bob-Dylan-Kongresse, etwa 2006 in Frankfurt. Eindringen will man in Dylans opulente Lied – und Bilderwelt und sie verstehen seine, ja, Kunst. Er schreibt dazu: „Songs, wie jedes andere Kunstwerk, streben auch sie nicht danach verstanden zu werden. Kunst kann man schätzen oder interpretieren, aber nur ganz selten gibt es dabei etwas zu verstehen.“  So geht er auch vor in seinem, sagen wir mal, Liederbuch. 66, hinter dieser Zahl könnte man ein sprechendes Geheimnis vermuten, 66 Songs hat er ausgesucht. Die werden meist in zwei Teilen „beschrieben“. Zuerst nimmt er den Leser an der Hand, macht ihn zu einem Du und assoziiert sich mit ihm durch den Song. „In diesem Song bist du der verlorene Sohn. Gestern bist du in Detroit ins Bett gegangen. Heute Morgen hast du verschlafen. Hast dir über deine Mutter Gedanken gemacht, deinen alten Papa vor dir gesehen. Jetzt willst du wieder nach Hause.“ Der ursprüngliche Songtext mutiert zur Fiktion. Mit überraschender Saugkraft. Dann folgt ein zweiter Teil. Eine historische, soziologische oder biographische Vertiefung. Wahlweise. „Als der Song entstand war Detroit ein angesagter Ort. Neue Jobs, neue Hoffnungen, neue Gelegenheiten. Und deshalb wirken Träume wie der von Bobby Bare heute noch genauso wahr wie an dem Tag, an dem er ihn zum ersten Mal besang.“ Schreibt er, um dem Leser wenige Sätze später gleich wieder den Löffel des Bescheidwissens aus der Hand zu hauen. „Wieso denkt man, ein Sänger würde plötzlich eine Wahrheit offenbaren, wenn er in einem Song eine Geschichte erzählt?“

Vielleicht ist es aber auch gar kein Buch, sondern eine Jukebox? Genauso wie man Dylans Lieder lesen kann und auch sollte, kann man dieses Buch hören. Man sitzt in einer Kneipe mit alten Weggefährten, raucht, trinkt, wer Kleingeld hat, geht rüber zur Jukebox. Noch ein Lied. Man redet nicht viel. Man hört zu und reist zurück. Wie das halt so ist mit Songs. 90 Prozent von dem was man hört, ist meist nicht der Song selbst, sondern eine Erinnerung. Das was man mit dem Lied verbindet. Gelungene Liebe. Gescheitere Liebe. Gelungene Feten. Einsame Abende. Johnny Cash, Judy Garland, The Who, The Clash, Little Richard, Nina Simone, Frank Sinatra, natürlich Elvis und viele, viele Unbekannte stehen um Euren Tisch herum und erzählen die eine Geschichte. Und Bob Dylan spinnt sie am Nebentisch weiter. „Was zählt, sind die Gefühle, die ein Song bei seinen Hörern in Hinblick auf das eigene Leben hervorruft.“ Damit meint er nicht die Gefühle, welche ein lokaler Radiosender seinen Hörern zurückgeben möchte. Die hier versammelten Songs reden vom Tod, Niederlagen, all den lebensnotwendigen Irrtümern, den Tränen, der Wut, aber auch von der Hoffnung und den guten Nächten. Auch vom Krieg aber. Dann wird er doch philosophisch, wenn er sich Edwin Starrs „War“ anschaut. „Warum ist etwas unmoralisch, wenn man verliert, aber nicht, wenn man gewinnt?“ Ist es am Ende ein politisches Buch?

Über Bob Dylan zu schreiben birgt stets die Gefahr auf Bob Dylan reinzufallen. Oder wie Sam Shepard einst über das Chamäleon schrieb: „Wenn ein Rätsel gelöst wird, kommt der Fall zu den Akten. In diesem Fall, Dylans Fall, gibt’s keine Lösung des Rätsels, also beschäftigt der Fall weiter.“ Und das ist, wie bei vielen Songs des „Meisters“, auch Qualität und Merkmal dieses Buches. Es gibt sie nicht, die eine Antwort. „Kunst ist keine Übereinkunft! Geld ist Übereinkunft! Ich mag Caravaggio, du magst Basquiat. Beide mögen wir Frida Kahlo, aber Warhol lässt uns kalt. Kunst gedeiht durch solche lebendigen Auseinandersetzungen.“ Schreibt er im Zusammenhang mit „Money Honey!“ von Elvis Presley, den der junge Robert Zimmermann anbetete.

Vielleicht ist „Die Philosophie des modernen Songs“ einfach nur ein Reiseführer, der Türen öffnet. Augen und Ohren dazu. Ähnlich der Radiosendung „Theme Time Radio Hour“, die Dylan vor 10 Jahren moderierte und seine Hörer durch einen riesigen Fundus musikalischer Erinnerungen führte, anregte Vergessenes oder nie Gekanntes zu suchen. Oder ein Fragenkatalog, dem die Antwort weniger bedeutet als die Frage? Dylan war immer ein Reisender. Er schickt seine Lieder in der Welt herum. Spielt immer noch jedes Jahr bald hundert Konzerte. „Das Gute am Unterwegssein ist, dass man sich nicht verzettelt. Nicht mal mit schlechten Nachrichten. Du bereitest anderen Menschen Vergnügen und behältst deinen Kummer für dich.“

Was war noch die Frage? Ja, es ist ein gutes Buch. Eine Art Nachschlagewerk. Mit vielen wunderbaren Bilder. Ein Liederbilderbuch. Man kann es guten Mutes kaufen.“

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Wird, hoffentlich nicht zu kastriert, bald in der Zeitung lesbar sein. Solange ein Lied vom Reisen.

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Update 18.11.

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