Zweitknödelnöte oder Mia san Mia!

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Ich schlief wieder ein. Ich schlief erstaunlich gut. In mir wähnte ich einen dieser Wunderknödel, den magischen 2FPZwoLeknö (FFP2 – Leberknödel), ach wähnen, ich spürte wie in meinen Eingeweiden dieser Kampfkloß die Schlacht des Guten gegen die Eindringlinge aus dem Fernen Osten führte, gnadenlos, konsequent, den eigenen Tod nicht fürchtend, gebadet schon in Säften der Verdauung. Ich hörte wie er den schlitzäugigen kleinen Schweinepriestern, den Mutanten aus dem Reiche Albion und den Kannibalen aus der Kalahari Worte des Zornes und der Endgültigkeit entgegenschleuderte: „Und ihr mit mir, erst in den Darm und dann in die Keramikschüssel, auf ewig und immer! Ihr quält uns nimmer!“ Das schauerliche Lachen des Battle – Dumplings stieg aus meinen Eingeweiden empor, siegestrunken und erlöst, ein Flatulenz entwich, als ein Blitz der Erkenntnis meine Augen öffnete. Was wenn der Kampfkloß dahin gesunken im heroischen Kampf und sollten letzte versprengte Kowiesel doch noch? Es ist schließlich Krieg! … Nein! Der Zweitknödel, wie bei allen Vakzinen, dies sei die Rettung. Hastig aus dem Bett gesprungen und den Mantel über den Schlafanzug geworfen, in die Schlappen geschlüpft und ab zum Brandplatz.

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Lassen Sie mich kurz innehalten, mich besinnen. War das was ich sehen, hören musste, tatsächlich so geschehen? Verdammt! Nein! Gut! Ich muß sprechen! Ich erreichte die Metzgerei Zack – Zack. Was musste ich sehen? Vor der aus den Angeln gehobenen Eingangstüre tanzte wie einst das Rumpelstilzchen der junge Fleischermeister Zack – Zack, fluchte, tobte. Zaghaft, allen Mut zusammennehmend, fragte ich nach einem Zweitknödel. Der erste 2FPZwoLekö hätte seinen Dienst getan und nur um der Sicherheit willen und was hier überhaupt …  Ach, den Satz zu enden war mir nicht vergönnt. Erfahren musste ich vom weinenden Rumpelstilzchen, daß vor einer Stunde ein mächtiger AUDI mit Münchner Kennzeichen vorgefahren sei, zwei Kerle, die sich als Hansi und Kalle vorstellten, mit selbstgewissem Grinsen und Maschinenpistolen bewaffnet sämtliche 2FPZwoLekö plus die zur Herstellung benötigten Gerätschaften in ihren Monster – SUV verladen hätten und davon gerauscht seien. Er, der Fleischhauer Zack – Zack, habe noch ein verzweifeltes „Warum?“ den durchdrehenden Reifen hinterhergerufen. Ein „Hoid dei Fotzn, Du Brunzkachl, du ogsoachte. Mia san Mia!“ wäre die Antwort gewesen. Ich erwachte ein zweites Mal. Schüttelfrost. Gliederschmerzen. Schlechte Laune. Ich ging in die Küche. Dort stand ein großer Topf mit Kartoffelsuppe. Keine Leberknödel. Schon gar nicht welche mit Maske! Ich machte mir einen Tee. Ingwer. Kein Rum. Sang den Coronablues. Wie lange noch? Ich griff nach dem Kochbuch. Deutsche Küche. Ehemalige Ostgebiete. Seite 1785. Königsbergerklopse. AHA! Vielleicht hilft ja Meister Kant. Ich schlief wieder ein. „Sapere aude!“

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Breaking News: Gerettet!!! Gerettet?

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Die Rettung, ist sie das? Der FFP2 – Leberknödel? Endlich entledigt der Maske, nicht mehr darauf angewiesen sich auf dem Weltmarkt mit der Pharmaindustrie zu prügeln: unser Land, darf es nun endlich aufatmen? Alle die Grundgerechtigkeit kehrt zurück? Hier im beschaulichen kleinen Gießen der Stein der Weisen gefunden, ach was sag ich, der Leberknödel der Weisen in den Ring geworfen, um das tägliche Hauen und Stechen rund um Impfstoff, Schließrunters, Öffnungen, welches das kleine miese Virusviech uns permanent beschert, zu beenden? Sind wir gar bald von den ständigen abendlichen Brennpunkten befreit? Müssen wir unsere Wut nicht mehr an den Rummenigges dieser Welt auslassen? Jeden Tag einen frischen FFP2 – Leberknödel verspeist und der Virus samt seiner unappetitlichen Mutantenschar haucht sein unnützes Leben aus? Warum? Der Leberknödel quasi als eine Monsterversion des Virus lauert in uns auf die kleinen Störenfriede und saugt sie in sich auf, weil die da glauben auf den großen Vater – oder Muttervirus zuzurauschen, Tod und so endlich Erlösung suchend? Oder ist es nur ein wirrer Traum, aus dem ich heute morgen irritiert erwachte, nachdem ich gestern im Schaufenster der Metzgerei um die Ecke obige Inschrift erblickt hatte? Man wird ja langsam blöd im Kopf und glaubt alles, was einem in die zu heiß servierte Suppe gebrockt wird, selbst wenn man diese gar nicht auslöffeln muß. Ich wurde wieder müde.

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Plückebeutels erste + letzte Büttenrede

oder: Merkenau, wie sie singt und lacht

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Wenn Pflückebeutel hinter sich gebracht

Den kalten Tag und für die Nacht

Bezieht die kahlen Schlafesbäume

Ereilen manchmal böse Träume

Ihn von Städten oder Auen

Auf die im Flug hinunterschauen

Er konnte wohl in diesen Tagen

Wie in die Lüfte stiegen Klagen

Ihm unter seine schwarzen Schwingen

Davon könnt er ein Liedlein singen

Die Klage ist ein Elixier

Dem Menschen wohl und darum hier

Ein Reim gereimt zur Fassenacht

Und dann Gut‘ Nacht Habt acht!

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Es klagt und jammert Deutscher Michel

Mal Reichkriegsflagge mit Hammer Sichel

Grün oder schwarz auch liberal

Ach wie schön war’s dunnemal

Lechts oder rinks es ist egal

Germanenleben, welche Qual

Es singen nicht nur Onkels, Tanten

Auch alle and’ren Anverwandten

Selbst Michaela klaget mit

Denn Klagen ist ein Quotenhit

Es netzen ein ins Jammertal

Die Medien sich ach so sozial

Auch Deutschlands Funk und Schlaugazetten

Nicht nur die trivialen Blätter wetten,

Preisen aus, daß eine geile

Lauthals klagend` Titelzeile

Fühlt die Kassen und die Herzen

Singen wir von deutschen Schmerzen

Turbo stampft das Kapital

Der linken Rentner täglich Qual

Die wohl beheizt in großen Räumen

Von Revolutionen träumen

Tun, während die Gegenseite

Der Merkel gern den Gang bereite

An den Galgen heute noch

In vielen Hirnen schärt das Loch

Ich oh ich, ich leide doch

Mal ist`s zu kalt, dann viel zu warm

Und man entdeckt den eig`nen Darm

Dort wüten Pilze, Viren, Sporen

Die Freiheit, die ist auch verloren

Und wegen Schweinchen Corona

Komm ich nicht den Stränden nah

Es stehen an den Hängen Pisten

Dichtgedrängte Skiautisten

Die Kicker dürfen zum Frisöre

Singen uns die Medienchöre

Es klagt der Porsche klagt der Trabi

Es klagt sich mit und ohne Abi

Ausdauernd und tausendmal

Dreimal Helau im leeren Saal

Und ein Alaaf dahin geschmettert

Danach wird weiter dann gewettert

Jetzt auch noch Schnee

Ohjeminee

Keiner sieht mein Herzensweh

Die Welt die ist so ungerecht

Und mir ist schlecht wie weiland Brecht

Als er sprach

Mit Weh und Ach

Des Menschen Schicksal ist der Mensch

Ich aber Keiner niemals Täter

Stets ein Opfer nie Verräter

Aufrecht edel ohne Fehl

Ob Frau, ob Mann

Was bin ich dann

Tja eigentlich bin ich ganz anders

Komm selten nur dazu

Ene mene blinde Kuh

Ein Ho Narro

Ein letztes noch

Es pfeift auf seinem letzten Loch

Germania so wunderbar

Der Klage sei ein Trullala

Trulalla Trullala

Der Klage sei ein Trullala

Trullalaaaaaaaaaaa …

(Pflückebeutel schläft ein und träumt von der holden Merkenau)

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Am nächsten Morgen bitterkalt

Fliegt Pflückebeutel in den Wald

Dort ist es still

So Gott es will

Doch leider nicht gedeckt die Tafel

Zurück zur Stadt trotz des Geschwafels

Es quellen über ohne Zahl

Müllbehälter freie Wahl

Solang trotz Klagen füllen seinen Magen

All die Reste der Klagefeste

Mag er nichts sagen

Und kackt gerne

Unter Menschenbäume weiße Sterne

Und dies nicht nur zur Weihnachtszeit

Allzeit bereit

Und Merkenau

Die krächzt: Genau!

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PS: Plückebeutel ist der Fabelname des Raben. Besserwisserisch, diebisch, dumm, eitel, sagt man, sei er. Nennt man ihn Merkenau, ist es eine Krähe. Die sei naiv und leichtgläubig, behaupten die Fabulierer. Lassen wir das mal so dahingestellt sein.

Abends schmieden Raben Reime

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In den alten Almanachen

Schlafen tausend müde Drachen

Zahnlos kalt sind ihre Rachen

Während uns’re Red’ verflacht

Habt acht! Habt Acht!

Würden jemals sie erwachen

Ihren Zorn vertausendfachen

Die Blinden pfeifend weitermachen

Auf den Zinnen keine Wacht

Zu spät oh Freund. Dies mit Bedacht

Wer wird den nächsten Sturm entfachen

Alle Sicherheiten krachen

Ins Bodenlose und verlachen

Was wohlfeil ward in Anbetracht

Gold’nem Kälbertanz erdacht

Und wenn sie dich erstachen

Bevor sie sprachen

Wohlbedacht

Dir noch eine Nacht

Vor jener Schlacht

Dann ohne Fracht

Hinaus

Es brennt Dein Haus

Habt acht!

Wer lacht zur Nacht?

Es sind die Raben

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 (sommer 2015 / überarbeitet)

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Die Zivilisation ist ein dünner Firnis, darunter brodelt die Barbarei (27.1.1945)

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Verfall

Am Abend, wenn die Glocken Frieden läuten,

Folg ich der Vögel wundervollen Flügen,

Die lang geschart, gleich frommen Pilgerzügen,

Entschwinden in den herbstlich klaren Weiten.

Hinwandelnd durch den dämmervollen Garten

Träum ich nach ihren helleren Geschicken

Und fühl der Stunden Weiser kaum mehr rücken.

So folg ich über Wolken ihren Fahrten.

Da macht ein Hauch mich von Verfall erzittern.

Die Amsel klagt in den entlaubten Zweigen.

Es schwankt der rote Wein an rostigen Gittern,

Indes wie blasser Kinder Todesreigen

Um dunkle Brunnenränder, die verwittern,

Im Wind sich fröstelnd blaue Astern neigen.

(Georg Trakl)

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Der Firnis namens Zivilisation ist doch recht dünn und rissig. Auch 76 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz durch die Rote Armee der damaligen Sowjetunion schadet gelegentliche Erinnerung nicht. Ach, nötiger denn je ist sie. Genau so wenig schadet uns die Selbstbefragung. Es ist nie zu früh in den Spiegel zu blicken.

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„Du kannst tun, was du willst, du kommst von Auschwitz nicht mehr los

Gesetzt, du wärst nach Auschwitz kommandiert worden, was hättest du dort getan? Nein, sage nicht, die Frage sei unsinnig, da du ja eben nicht dort gewesen bist …

Und es brauchte ja nicht Auschwitz zu sein, nur eine Handvoll Morde, und auch gar nicht im Krieg, nur in der Kristallnacht, und auch nicht eine Handvoll – ein einziger

„Aber ein Kind hätte ich nie getötet …“ Du siehst dich mit einer großen Gebärde vorm Ofen stehen und einen Befehl verweigern und dich in die Flammen stürzen … So träumen Zwölfjährige von Heldentaten …

In diesem „Ich nicht! – Ich nie!“ schaudert die Menschheit in dir, und ihr Schaudern ist auch dein bestes Teil. Doch mit ihm allein kommst du nicht weiter, denn dieses Schaudern schließt dich nicht ein

In diesem „Ich nicht! – Ich nie!“ brüllt der Andere auf, daß er nie dieser Eine gewesen sei, und in dieser Form ist er dieser Eine ja auch nicht gewesen. Ohne dieses „Ich nicht!“ könnte der Andere nicht leben; aber mit diesem „Ich nicht!“ kann er den Einen nicht erkennen und also auch nicht überwinden

Dieses „Ich nicht! – Ich nie!“ ist ein menschliches Grundrecht, und wer es nie gestammelt, wäre ein Stein. Aber in diesem „Ich nicht! – Ich nie!“ lebt auch die romantische Auffassung vom geistig – moralisch souveränen Individuum fort, und damit sind die Bewegungen dieses Jahrhunderts nicht erfaßbar … Nicht das ist der Faschismus: daß irgendwo ein Rauch nach Menschenfleisch riecht, sondern daß die Vergaser auswechselbar sind“

(aus Franz Fühmann Zweiundzwanzig Tage oder Die Hälfte des Lebens)

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Untergang

Ueber den weißen Weiher

Sind die wilden Vögel fortgezogen

Am Abend weht von unseren Sternen ein eisiger Wind

Ueber unsere Gräber

Beugt sich die zerbrochene Stirne der Nacht,

Unter Palmen schaukeln wir auf einem silbernen Kahn.

Immer klingen die weißen Mauern der Stadt.

Unter Dornenbogen

O mein Bruder klimmen wir blinde Zeiger gen Mitternacht

(Georg Trakl)

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Ab heute über Fünfzigtausend

oder

„Dem Ochs‘ ins Horn gepetzt“

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Fünfzigtausende Tote nun und sie verkommen zur Randnotiz, die Verstorbenen, Erstickten, ihrer letzten freien Atemzüge Beraubten. Erschreckende Gewöhnungsmuster, Verdrängungsmechanismen. Unsere Gesellschaft findet keine Form um Trauer zu bekunden. Oder ist es der Unwillen? Die eigene Vergänglichkeit? Oh Ängste. Innehalten kurz nur, zeigen, daß man nicht komplett taub, blind und verstummt ist im eigenen Sumpf. Ein Minütchen nur wie Joe Biden in seiner Einführungsrede. Kopf senken, Hände falten, Maschine stop.

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By the way: in den USA starben bis heute mehr Menschen am Virus – iss ja nur ’ne Grippeart – als im gesamten zweiten Weltkrieg. Der dauerte für die Amis ab Pearl Harbour etwa dreieinhalb Jahre. Grundrechenarten! Dig it!

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Hier ein sehr lesenswerter Artikel meines Freundes Götz Eisenberg zur momentanen Verfasstheit unseres Landes. „Dem Ochs‘ ins Horn gepetzt.“ Teile den Pessimismus dieser Worte nicht bis ins letzte Komma, aber die Stoßrichtung ist mehr als richtig.

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