Damals: Als die Grünen das erste Mal in den Landtag von B – W einzogen

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wie hoch lässt sich die schreibmaschine schmeißen.

ich lehne in einem türrahmen und sehe wenige blitze eines krieges über meine schwelle kriechen. in den betten verenden die funken.

der rauch, der aus den aschenbechern steigt ist meine neue sensibilität. ich schaue in kleinere spiegel.

ich reihe worte aneinander.

denn mir glaubt keiner, daß ein aufgeschwemmter bauch unten in der wüste wehtun kann und wie leicht ein bier die trauer aus den gesichtern wäscht.

mein herz kann ich nicht rausreissen und einen blutigen schrei der welt vor die füße schmeissen.

und nicht das klagelied von den produktionsbedingungen hecheln und tanzen nach ihrer pfeife tu ich doch.

wo steckt die pfeife?

welchen hals trete ich ein?

ich fühle den see an meine füße schlagen und ich sehe kein phosphat.

ich sehe qualm aus den kaminen steigen und freue mich wie der wind mit den giften spielt.

ich träume von cowboys die new york auf ratten durchreiten.

ich verkaufe meine ohnmacht als kampf.

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heute werfe ich worte in die luft.

heute fallen sie unter brechenden tönen auf den beton.

kein wind soll kommen und sie tragen.

einen beitrag zur luftverschmutzung leiste ich schon

wenn ich atme

und lustvoll gänseblümchen zertrete.

man wundert sich inzwischen über die

lustlosigkeit der jugend.

(konstanz / 18. april 1980)

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PS: Das ist ein Fundstück aus einer lange vergessenen Kiste voller alter Reime. Ein paar Wochen bevor ich das damals schrieb, am 16. März 1980, waren die Grünen mit 5,3 % in den Landtag von BW eingezogen. Ich kann mich gar nicht daran erinnern, ob ich sie damals gewählt hatte. Möglich schon. Aber auch nicht. Ist nun also Kretschmann der Stifter der die Welt bewahrenden Hochzeit von Mercedes und Greta? Allein mir fehlt, wie damals auch, der Glaube! Toi Toi Toi Dir, good ol‘ BW!

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Immer wieder Sonntags …

… ein Blick zum Himmel und in den Kopf / neun

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Seit acht Wochen jeden Sonntag ein Blick in den Himmel im Kopf. Stelle mir vor, ich begebe mich in den Winterschlaf wie ein Bär. Erwache erst, wenn der ganze Mist vorüber. Träume mich durch alte Lieder. Ab und an hebe ich ein Augenlid, blicke in den Himmel und schaue nach, ob es sich lohnt, mich wieder zu bewegen. Jeden Sonntag. Seit acht Wochen.

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ich hatte gestern

gestern hatte ich zuviel gestern

vom gestern nicht nur im kopp in allen gliedern

heute habe ich so viel vorgestern

nein präzise sein vom vorgestern noch mehr

vielmehr vom vorgestern noch mehr als gestern vom gestern

also diese tage sind nee so lange tage sind das aber

leer lange her die vollen tage und lange war ich

weg war ich abgetaucht und der himmel im kopf

der pocht immer

manchmal kommt der himmel über dem kopf

dazu und drückt und es stürmt und hagelt

alles vernagelt

innen wie außen tralala

die kurbel ans geschwurbel gelegt und das wirre

gehegt und gepflegt hoch lebe der

bandsalat und ich las dann

dass der gestorben ist der die kassette einst

in meinen kopf kann ich keinen bleistift stecken

wie einst in die spule um den bandsalat

zurückzukurbeln und ihn straffen selbst wenn es gelänge

das lied es knistert dann und rauscht und frage mich so

was ich gerne hätte heut auf der kassette

dieses lied und

gleiten in sinnleere freuden

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bagatelle vierundzwanzig

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Ich las es seien die Bagatellen

Was man die Erinnerung nennt

Ein achtlos hingeworfenes Lachen

Das kurze Stolpern über eine Treppenstufe

Ein Schritt ins Leere dachte ich an die letzte Nacht

Der Geruch frisch gewaschener Hände

Dieses Räuspern nach einer Frage

Die zu stellen fehlte der Mut

Blieb eine Fotografie welche ich bewahrte

Ein Maler schuf danach ein Porträt skizzenhaft

Mit fremdem Auge blicken auf die verlorene Haut

Der Kirschkern Zweifel rumort im Magen

Ich spucke ihn aus mit aller verbliebenen Kraft

Er landet auf den Spitzen meiner Schuh‘

Weiter ging es nicht

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Wenn der Anu Branco wüßte …

… wie teuer die Liebe sein mag

Ich wette nie würde er singen

Nie wieder wecken den Tag

(Teil 6)

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Seit jetzt bald vier Wochen nehme ich mir vor an der kleinen Rückblickserie „Wenn der Anu Branco wüßte …“ weiterzuschreiben, doch es will mir nicht gelingen. Einfach fiel es mich an einen euphorischen Anfang und an die ersten Einbrüche der sogenannten Realität zu erinnern. Viel Vergessenes ploppte wieder auf. Aber den Bogen schlagen ins Heute? Geschlossene Theater zum einen und auch noch die Rente aus Altersgründen vor Augen? Schwer und auch emotionaler als ich dachte. Was bleibt? Was ging so alles unterwegs verloren? Ist es wichtig? Ist es wurscht? Ein paar Stichworte und dann wieder zurück auf die längere Bank.

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Bleiben tut nicht viel. Kaum Fassbares. Paar kopierte Kritiken. Fotos auf der Festplatte. Begegnungen auf der Straße. Das und das war toll. Gelegentlich betrunkene Weisstunochs. Wir bauen keine Stühle, Instrumente, malen keine Bilder. Ein Fingerschnipps und alles ist futsch. Das Wort. Die Aufführung. Die Schminke. Das Bühnenbild nach einer halben Stunde durch das nächste ersetzt. Das berühmte Premierenloch. Schon nach der Premierenfeier erwacht man oft und weiß eigentlich nicht mehr, warum man sechs Wochen mit etlichen Menschen in einem von oft fürchterlichen Aufs und Abs geprägten Liebesverhältnis verbracht hat. Eine Nähe zulässt, die man sich in anderen privaten Zusammenhängen eher verbieten würde. Das, was stets blieb, war der Ausblick auf die nächste Arbeit. Oft voller Freude, gelegentlich war es halt die Pflicht. Das fällt dieser Tage weg. Aus zweierlei Gründen. Radikaler Entzug also.

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Was ging alles verloren an Glaube, Liebe, Hoffnung? Verglichen mit 1982 erarbeiten an den Theatern heute 50% weniger Mitarbeiter 50% mehr Produktionen zu 50% weniger Bezahlung. So ist Pi mal Daumen die Entwicklung vor allem der letzten 10 bis 15 Jahre beschrieben. Die Politik hat als Grundvoraussetzung zur Leitung eines Theaters mehr und mehr ein abgeschlossenes Betriebswirtschaftsstudium gemacht. Den finanziellen Druck weitergegeben in die Kunst hinein. Nun, in diesen Monaten der Pandemie fällt plötzlich allen auf, daß die Künstlers in einem prekären Gewerbe arbeiten. Die Sparpolitik hat uns die Zeit nachzudenken und die Luft in den Köpfen genommen. Ein Hamsterrennen ist die Folge, oft auch noch ein uns selbst auferlegtes, die wir gerne Meister der Selbstausbeutung sind. War in den letzten Jahren oft sehr anstrengend, vor allem auch, wenn Deine Gegenüber, Augenränder bis an die Knie, die Lage weglächeln wollen.

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Andererseits: Mitleid ist das Gegenteil von Kunst. Als Don Quichote gegen die Windmühlen anrennen, meist aus enttäuschter Liebe? Macht kaputt ohne daß du die Maschine kaputt kriegst. Die lacht. Frei nach John Lennon: Theater ist das, was Du machst, während Du darüber nachdenkst, was das ganze Theater soll und warum? Und: keiner hat dich dazu gezwungen. (Außer Dein Ego womöglich!)

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Das Theater und ich waren eigentlich immer ein Paar, daß sich gerne küßte und dann schlug. Offensichtlich von Anfang an. Folgendes entdeckte ich kürzlich in meinem wiedergefundenen USA – Tagebuch von 1979. Nachdem ich nach ein paar Wochen Schauspielschule dem Vorsprechen der Absolventen zugeschaut hatte plus anschließender Feier notierte ich: 

Oh, Mann, diese wahnsinnigen Kinder. Gezüchtet sich vor den Augen eines stumpfsinnigen Allesfresserpublikums aufzureiben. Träume, gekauft, injiziert, traurig und gnadenlos durchsichtig. 4 Jahre eingesperrt taumeln sie aus ihrem Gefängnis und können es nicht fassen. Aufgebaut und vollgepumpt mit nichtssagendem Applaus fahren sie, kokainschnupfend wie die Leithammel, gen New York, um berühmt zu werden. (Hoffentlich bleibt mir dieser Wahn erspart. Diese widerlichen Abgrenzungsshows, die Unfähigkeiten zu spontanen, tiefen Gemeinsamkeiten, öffentlich – oberflächliche Zärtlichkeiten, kultureller Dschungelkampf. Romantische Gosse oder Werbung, aber halt doch immer dieses verdammte Gefühl anders zu sein.)

Nennen wir es Wehwut. Die Geschichte dürfte noch nicht zu Ende sein, auch wenn es dieser Tage oft nicht so einfach ist, darauf zu hoffen. Vorläufige Conclusio: was man unterwegs begreift ist wichtig, aber wegschmeißen mag ich nie, was eigentlich der Antrieb war, als wir losliefen im Jahre 1982. Klicke auf „Ich wette nie würde er singen.“ Oben. Bis ich mich etwas ausgiebiger mit einer Rückschau in Sachen Beruf beschäftigen mag oder kann, unten ein Zwischenbericht aus dem Jahre 2006. Wie singt doch Gerhard Gundermann? „So wird es Tag! So wird es ein Leben! Wenn wir nicht wie tote Fliegen kleben an dem süßen Leim zu dem man Schicksal sagt!“

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PS: Alle Fotos zum „Anu Branco“ hat mir Google unter der Eingabe „Köln Luxemburgerstrasse 1982“ zur Verfügung gestellt. Danke dafür.

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Nachträglich: Jungs, raus zum 8. März!

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Es ist ja eine der wesentlichen Lehren der Geschichte, daß, steckt die Karre im Dreck oder der Bub in der vollgeschissenen Windel oder geht es darum mal richtig aufzuräumen daheim oder vor der Türe die Trümmer männlicher Kriegsspiele zu beseitigen oder ist der Mann überfordert mit einer Erkältung oder gar Pandemie, die Frau gefragt ist und meist mit Ja antwortet. Hat sie eine Wahl? Die wuppen das schon, sagen wir dann, wir Jungs. Unterbezahlt und zu Hause? Ist doch heutzutage ganz anders! Pustekuchen. Corona dreht dieser Tage viele Rädlein wieder zurück, falls sie denn überhaupt nach vorne gedreht wurden.

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Während ich das hier schreibe, sehe ich nebenher (Weia, oh du Langeweile!) die Pressekonferenz zur Gelddruckmaschine aka dem Männerspielzeug No. 1 und ein Redakteur fragt Oli B., ob er sich vorstellen könne, daß eine Frau dem ewigen Jogi nachfolge. Selten so ein windschiefes Grinsen gesehen. Natürlich schließe man nie etwas aus. Also dann! Nur Mut! Ich bin dafür! Echt! Play the blues Lady and let the boys do the homework!

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PS: Am meisten fasziniert mich, wie Joanna Connor den eitlen Fatzke an der Trommel einfach machen läßt. Siehe ab 0:50 ff. Dann lediglich bemerkt: „Gonna make some noise now!“ Herrlich!

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am winterteich / sieben

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Vor geschlossenem Fenster

Sternenlose Nacht

Regenglattes Pflaster

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Auf dem Fensterbrett ein Spatz

Keine Brotkrumen

Das Rumpeln der Müllabfuhr

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Ein Kranich fliegt nach Süden

Ein Paar streitet sich

Sturm zerrt am kahlen Baum

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Von der Ruhe des Teiches

Träumte mir gestern

Am offenen Fenster

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bagatelle dreiundzwanzig

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Las in einem Interview*

Alles komme als Schicksal zurück was nicht steige

Ins Bewußtsein und von der Möglichkeit die Vergangenheit

Zu befreien aus dem Kreiseln des Derwisch Schicksal

So wie ´Awrence der da nichts geschrieben steht zurückritt

In die Wüste was ich sah als Junge an der Seite meiner Mutter

Erschlagen von der Breitwand und dem fürchterlichen Satz des

Bewunderten Omar Sharif von Allahs Willen dem zu widersprechen

Zwecklos sei akzeptiere Gottgegebenes der Junge an der Hand der Mutter

Nach Hause wankte er und wünschte nie sei etwas geschrieben außer dort

Wo Peter O´ Toole der mir Schrecken einjagte tippte sich an seinen

Sonnenverbrannten Turbanschädel da drinnen ist es geschrieben

In meinem heißen Hirn und der Junge träumte davon in der Wüste

Einmal schreien zu können ´Awrence und entgegenzureiten

Dem Leben das nicht Sandkorn nicht Bagatelle sondern Versprechen ist in

Eigene Hand gegeben später würde er dann selbst

Umkehren nichts steht geschrieben reite hinaus

Junge steht es geschrieben

Was weißt du denn schon Junge

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*Beziehe mich auf ein Interview mit Christian Kracht, welches am 3. März in der SZ erschien.

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Pandemie unser / Bitterlich´ Lamento

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Ein paar Gedanken in diesen Tagen, in denen ich es als etwas anstrengend empfinde Nachrichten zu hören oder zu sehen. Selbst das Lesen. Gar nicht mal wegen des Inhaltes, sondern wegen der Tonart, dieser permanent quengelige und dauererregte Sound. Hören wir mal rein.

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Ach wir Armen. Was ist nur los mit unserem Land? Fing es an im Sommer 2018? In der Vorrunde rausfliegen? Und nicht den Mastermind wechseln? So wird des nix. Und jetzt? Letztes Frühjahr noch von der ganzen Welt beneideter Troubleshooter. „Kini“ Markus rockt die Republik. Und jetzt, frage ich ein zweites Mal? Das reicht noch nicht mal mehr für die Relegation. Sogar der Boris Johnson zieht davon. Und hier? Business as usual. Verwirrung. Kleinklein. Deals. Weia! Wo sind sie denn unsere Goldmedaillen?

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Pandemie unser

Papa Deutschland der Du bist im Himmel

Unser täglich Nadel gibt uns heute und nicht nur in der Tagesschau

Wie auch die kleinen Flaschen voll der Rettung

Die da klimpern übers Fließband doch nicht den Britenmist

Und verschon uns mit den Toten jenseits der Grenzen unsres Landes wie Verstandes

Die da werden zusammengeknüppelt im Kampf für die geringsten Freuden der Freiheit

Verrotten in Lagern und sterben durch Willkür

Entferne Myanmar, Belarus, Moria und die Uiguren aus unseren digitalen Atlanten und Alpträumen

Die wir da leben hinter Masken gepresst in der Virusdiktatur der gnadenlosen Raute Wissenschaft

Verschone uns mit Liedern über die schrumpfenden Wälder

Die dahingehen tempolimitfrei in sengender Trockenheit

Sondern erlöse uns vom wuchernden Haupthaar und fülle unseren Tank für lau

Unser täglich Unzufriedenheit gibt uns heute und die Klagen über die Verfehlung der Anderen

Doch neige mild das Haupt angesichts unser aller Ungeduld und unserer Eigenliebe in den Grenzen von annodunnemals

Und führe uns nicht in Versuchung zu ertragen den Blick in den Spiegel

Sondern öffne uns die Stadien, die Schinkenstrasse  und die Fitneßstudios

Da die Urlaubskataloge schon aufquellen in den Kästen und die Bikinifigur noch so fern

Denn unser ist der Wohlstand, die Welt, wie sie uns gefällt und die Normalität

Wie wir sie definieren für den Rest in alle Ewigkeit

Amen und her damit

Und entsorge meinen Müll mir fehlt dazu die Zeit

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Tja. Was ist nur los mit unserem Land? Jedes sechste Kind unter 18 lebt unterhalb der Armutsgrenze. Die sogenannte Schere öffnet sich von Tag zu Tag mehr. Die zu überspringen würde noch nicht mal mehr Evil Knievel schaffen. Ja, wir Armen. Geschäftle machen mit Masken ist halt mal die alte und neue Normalität. Beschwert Euch nicht. Gewinne privatisieren? Kosten verstaatlichen? Die Autobahn ins Glück? Tja.

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PS: Ja Heilandzack aber au. No schreib ich des über den Maschtermind Jogi na und hör e paar Minude später, dasser kapiert hott, daß es au mal over isch. Etz werde mir wieder Weltmeischter. Awa, mir sind´s scho, gefühlt halt. Tässle hoch!

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