Breitner sehr hübsch. Breitner sehr einsatzfreudig in den ersten Minuten. Und Gordan Banks. Colin Bell. Passt zu Moore. Beckenbauer. Und Einwurf. Für die britische Mannschaft. Die Engländer. Shivers gegen Schwarzenbeck. Maier. Aber dazwischen war Höttges. Einwurf für die Engländer. Und Sepp Maier. Gut daß der Münchner gleich am Anfang stark ist. Schwarzenbeck. Hoeneß. Beckenbauer. Die stören sich gegenseitig. Schwarzenbeck. Colin Bell gegen Wimmer. Sieger bleibt Wimmer. Peters zum ersten Mal am Ball. Maier. Sicher. Er sagte gestern, als wir bei ihm waren: Haltet uns die Daumen, ich hab’s nötig. Doppelpassversuch nicht ganz geglückt. Alan Ball. Aber Wimmer bleibt bei ihm. Bobby Moore, der Captain. Und wieder Sepp Maier. Hoeneß. Sehr schön gemacht. Und von Norman Hunter abgewehrt. Grabowski. Müller. Netzer. Weit zurückhängend. Müller. Zu kurz? Aber nein. Einwurf für die deutsche Elf. Shivers. Ein Meter zweiundneunzig. Und Beckenbauer. Und Foul. Und so weiter.
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Konkrete Poesie. Karg. Dienend dem Geschehen. Wir waren die Grünen. Damals schon. Als es noch tiefe Räume gab. Sind die heutigen Zeiten flacher? Geworden? Mein Idol war Held.
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Breitner mit seinen 23 Jahren braucht solche Szenen. Sie geben ihm Selbstvertrauen. Maier. Grabowski. Leider niemand da. Die Verletzten Vogts, Overath, Schnellinger. Sie sind aber alle gut behandelt worden. Netzer jetzt mit mächtigem Schritt. Und da hat Gordon Banks Glück gehabt. Hier die Wiederholung. Netzer gegen Moore. Wimmer. Hoeneß. Und Tor. Eins zu null für die deutsche Mannschaft. Nach fünfundzwanzig Minuten Spielzeit. Genauer gesagt in der sechsundzwanzigsten Minute. Hier die Wiederholung. Keine gute Leistung von Banks. Und das lässt die Gedanken zurückgehen an das Finale in Wembley 1966.
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Ein ruhiger Fluß des Erzählens. Dem körpereigenen, pubertären (und auch erwachsenen) Adrenalin freundlich entgegensteuernd. Damals. Die Grünen haben dann gewonnen. WIR! Das erste Mal im Tempel Wembley. Und mein Vater mußte seine Hausschlappen nicht in Richtung Fernsehappparat schleudern. Ich war noch nicht ganz sechszehn. Ich erinnere mich gut.
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Gestern war die Eintracht aus Frankfurt zu Besuch in London. Auch nicht schlecht. Aber wer knebelt den Moderator? Ich schaue lieber ohne Ton. Muß ich eh. Weil meine Frau früh aufstehen muß und unsere kleine Wohnung dünne Wände hat. Gut so.
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Nachklapp vom 1. Mai 2022: Erhielt eine lobende Mail zu diesem Beitrag. Absender ein einst in Gießen und bis an den Main weltbekannter Kolumnist in Sachen Sport, Gott und Welt. Oder andersrum mal auch. Schrieb ihm eben, das wichtigste und herrlichste Wort aus obiger Übertragung habe ich vergessen zu erwähnen. VORSCHLUSSRUNDE! Deutschland hat die Vorschlußrunde erreicht. Vorschlußrunde! Wie schön! Ein letztes Mal: Vorschlußrunde! Zeit sich wieder mal mit zum Beispiel Novalis zu befassen und unserer Sprache die Ehre zu erweisen. Wie auch immer.
Die nahende Rente. Die Untätigkeit. Die Nachwirkungen der weiter umherschleichenden Pandemie. Diverse unangenehme Mondknoten. Die grauenvollen Zeitläufte. Da hadert man gerne. Mit sich. Den Anderen. Kurz: der ganzen Welt. Oder kramt in der Hoffnung auf gelegentliche Milderung in alten Pappkartons. Meist findet man das immer gleiche. Das Leben ist ein Karussell. Manchmal sogar eine Falle, die man sich selber stellte.
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Dies denkend, höre ich im Radio – Rockantenne aka die alten Pappkartons und der immer gleiche Inhalt – das NEUE Album von Rammstein. Zeit. Wo ist sie hin, wie ich vor zwei Tagen hier schrieb. Ich mag das Pathos der Herren. Die Selbstironie. Und die versteckten Anspielungen. Und die Visualisierung in banaler Härte dieses ewigen Bubenwunsches: zurück in den Mutterleib. In jenen Momenten der Tiefe und Größe.
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Gestern landete ein bestelltes Buch bei mir. Ich nahm es in die Hand und inhaliere es seitdem. Bernd Wagner: Verlassene Werke. Vor einiger Zeit (sic!), aber nicht sooo lange her, schenkten mir die Veranstalter einer Lesung im Gießener Büchnerclub, ich sang und rezitierte Gerhard „Gundi“ Gundermann, ein Buch von Bernd Wagner. Ich glaube: Die Wut im Koffer. Reichte ich dann an meinem alten Freund Thomas weiter und er fand mehr und mehr von Wagner. Noch begeisterter als ich. Wir kannten ihn beide nicht. Eine Entdeckung. Nun dieser NEUE 600 Seiten – Wälzer. Verlassene Werke. Aufzeichnungen aus den Jahren 1976 bis 1989. Erstes Zitat: „Die DDR hat den totalen Sport erklärt! Schweigen ist Silber, Reden ist Gold. Die heiligen Kühe sind die zähesten.“
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Zweites Zitat: „Verlassene Werke sind wie gewisse Steine an den Meeresküsten. Man kam von weit her, hob sie auf, schleppte sie ein Stück mit, man warf sie zurück in die See. Denn unter ihnen war nicht der richtige, der Urstein. Doch einmal lagen sie in der Hand, einmal wurden sie betrachtet. Ihre Unschuld ist dahin, sie können nicht zurück in die Anonymität. Sie gehen umher wie Geister und leben hinter geschlossenen Augen, unerlöst.“ (Bernd Wagner)
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Nein. Erlösung wird man nicht finden. Wir sind keine Eidechsen, denen die abgefallenen Schwänze nachwachsen. Auch die dümmsten Gedanken müssen gedacht werden. Man kann sie zurück in die See werfen. Oder lässt sie am Strand rumliegen. Die meisten gehen vorbei. Vielleicht bückt sich einer. Gar eine. Was dann geschieht, lag mal in eigener Hand.
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Drittes und vorläufig letztes Zitat: „Was mich zum Schreiben zwing, weiß ich: Ehrgeiz, die blödsinnige und durchschnittliche Sucht mich zu zeigen. Was aber rechtfertigt es? Nichts. Weder bin ich über alle Maßen phantasievoll noch intelligent. Ich kann nur nicht anders!“ Nun denn, sprach ich und bückte mich. Ein stechender Schmerz. Auf meiner Mailbox der Rücken. Zurück zum Radio und dem näherrückenden Krieg.
Dös gfreit mi jetzt richtig. Wos zu schreiben, wos wirklich mit die Ränder zu tun hoad. Simmer gleichzeitig traurig und a ned! Vertikal und horizontal!
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Am Bodensee groß geworden sammer, aber net so recht gscheit. Am Bodensee, der etliche Ränder hat, gibt es ganz im Osten eine kleine Randerscheinung, die sich Felix Austria nannte, aber gar nicht Österreich ist, sondern Vorarlberg. Geh scheißn, denk net nach. Bis Vienna ist es weit.
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Man hat sie nie ernst genommen aus bundesrepublikanischer Warte, aber ich fand sie schon immer cooler, selbstironischer, musikalischer, mit mehr Humor gesegnet, der böse ist und sie können sogar Fußball spielen, die sogenannten Ösis. Cordoba et Alaba! Und kochen eh! So viel besser!
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Ambros und seine Dylan – Cover. Hände weg vom Herrn Zimmermann! War Dogma einst! Werde aber nie vergessen, wie wir im „Beese Miggle“ zu Konschtanz saßen und das erste Mal „Da Mensch in mir“ hörten. Peppi R., a Jud, zwang uns Zweifler und Puristen dazu. Und natürlich der unfaßbare nach uns bekifften Idioten rufende Watzmann. Es lebe die Gailtalerin!
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Irgendwann wurden die Ösis schick. Opus. Der Stern der Deinen Namen trägt. Schifoan. Das wäre ihr Schmerzblatt gewesen. Und man einigte sich auf seine eigene und so die erste allgemeine Verunsicherung. Hahaha auf höherem Niveau. Jeder sein eigener Herminator. Später kamen Wanda und Andere. Wurde es wieder besser. Neues Thema. Und noch gailtalerischer.
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Krimis schauen im TV ist Folter. Den Tatort auch. Aber es gibt wenigstens die Bibi und den Fellner. Und die Toten von Salzburg. Der Rollstuhl! Und nicht zu vergessen der Kottan, der ermittelte. Schäferhunde gab es auch. Viele meiner liebsten Kollegen waren Nachfahren der Kaiserin Sisi.
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Endlich beim Thema. Die Schmetterlinge. Die Proletenpassion. Linkes Pathos. Der Ostbahn – Kurti. Nach dem Leben als Geheimtipp dann alle Arten von lauter Unterhaltungsmusik. Viele hübsche Cover. Und wer kennt eigentlich schon Warren Zevon? Er. Siehe oben. Letztlich war es sein Name, der mich lockte ihm zuzuhören. Ostbahn – Kurti? Geh bitte! Geil!
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Und jetz hoit i die Pappn. Da spüat der Ostbahn – Kurti mit OPUS ein ewiges Liederl. Jetzt ist er droben im Himmel. Geh, grüß er doch bitte den Falco!
Konstanz / Tennisplätze Nikolai – Torkel / März 2022
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Ich war dieses Jahr, teils freiwillig, dann wieder gezwungen, dann auf freiwilliger Flucht, daraufhin wieder asylsuchend in der alten Heimat am See. Unfreiwillig gewollte Entscheidungen. Lief rum. Guckte. Fiel blöd und dann fiel mir wieder was ein. Will in nächster Zeit mich hier immer mal wieder und unregelmäßig erinnern. Was mir um – oder reinfällt. Mal so:
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die picknickdecke war das königreich das hoernle der planet
und im pudding steckten kirschen und wer die letzte aß
ging mit stolzgeschwellter brust nach haus
die tennisbälle wurden gelb und der sommer hatte zeit
gewitterwind septembersegel bläht
ein letztes Mal aufs große floß ein dachstuhl bricht entzwei
und die feuerwehr kommt immer viel zu spät
wo ist die Zeit wo ist die zeit
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(gießen / juni 2005)
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Oder mal so:
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wir sind wie schatten
auf einer wand.
wir huschen über sie hin.
verlieren uns in der
dunkelheit.
verschwinden und sind:
dahin.
wir sind wie träume
im morgengrauen,
die beim erwachen
vergehen,
wie echos leise und fern,
die mit den winden verwehen.
wir bauen häuser und mauern
und reißen sie nieder.
errichten uns monumente,
um kurz unsterblich zu sein.
und trotzdem wollen wir hoffen,
solange es irgendwie geht:
wenn zwei sich füreinander entscheiden,
daß dies für immer besteht.
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(jürgen ruf / hh / august 1995)
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Schrieb mir mein Bruder anläßlich meiner ersten Heirat. Schön. Hatte ich auch vergessen. Aber irgendwo abgelegt. Der Gedankenschrank ist demnach gefüllt und wird peu a peu entrümpelt. Freu mich auf die Fundstücke. Voila!
Mal schaun ob ich heute die Kurve kriege hier mal wieder ein bisserl zu schweigen und den kleinen Abgang elegant zu formulieren.
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Die Rente ist beantragt. Das Monster Langeweile steht im Vorgarten rum. Der Weinberg wird beackert wieder. Die Nächte sind kürzer. Das Alter. Das Dilemma: auch in diesem Krieg geht es doch nur um uns. So sind wir großgeworden, Jungs. Maulhelden. Ursula von der Leyen ist wohl mutiger.
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Es hilft nicht vom Kettenkarussel abzusteigen, indem ich den täglichen Horror abschalte, weil es zuviel ist, man hilflos ist, dummgescheit in den Spiegel glotzt, nein, es sind die aberwitzigen Reaktionen auf das Grauen, die mir die Türe zu einer der vielen unbedeutenden kleinen Fluchten öffnen.
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Ein Wildschwein in einem Wildpark wurde vor Jahren auf den Namen Putin getauft. Jetzt will der Besitzer es umbenennen. Der Vorschlag: Mir. Ist russisch. Heißt Frieden. Wie die alten Raketen der Sowjetunion. Wann löst sich die DKP in Gießen auf? Sollen sie nicht tun. Müssen sie halt durch. Man sieht sich beim Ostermarsch. Falls man nicht die Strassenseite wechselt.
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Und Gerhard Schröder gibt seine Mitgliedschaft bei Hannover 96 zurück! Der Mir ist also nah! Gerhard! Renn er nicht so! Er ist ein guter Mensch! Hat er seine Erbsen … Peanuts … Quatsch … seiner Frau Gebete? Ich hab’s gesehen. Was erlaubt er sich? Er hat auf die Straß‘ gepisst. Weia!
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Wie wäre es, wenn man einen ordentlichen Teil der was weiß ich wieviel Aufrüstungsmilliarden dafür verwenden würde, russische Kriegsgegner und Dienstverweigerer aus Moskau und dem Restreich auszufliegen? Luftraum? Mal bei Matthias Rust anrufen!
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Die Elphi. Da sind sie alle so scholzstolz drauf. Warum wird ein sogenannter Kulturtempel (Beten! Innehalten! Opfern!) im Stile eines eregierten Machtgebäudes hochgezogen? Protzschlotz! Vermeide den nachfolgenden Reim. Hatte mir das Ding mal angeschaut unlängst. Ernüchternd.
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Andererseits: Udo und das NDR – Orchester hauen dort nochmal Andrea Doria raus? Klar. Anna Netrebko ist dabei. Als Mädchen aus Ost – Berlin. Wird alles gespendet. Aber eine CD könnte schon noch rausspringen. Mit blau – gelber Likorelle als Zugabe. Für uns alte Katastrophisten. Damals noch mit Zwinkerauge. Der Untergang. Er lebe hoch! Einmal Kate Winslet von hinten umfassen dürfen!
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In die Osterpause nun ab mit einem hübschen Zitat: „Im Winter behaupten, man habe es nicht kommen sehen, kann dieses Jahr keiner behaupten!“ Kurioserweise aus FDP – Mund. Andererseits aber auch für mich so ein kleiner privater Nachhall in Sachen Hamburch. Dann man tau. Ich muß mal.
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Kiel / Restaurant an der Förde / Sanitäre Anlage / Selfisch / Ende Oktober 2021
Wir waren naiv. Wütend. Dämlich. Scheißwelt. Die Revolution. Die Waffe in der pubertierenden Zitterhand. Ich, aufgewachsen im feisten Westen, zwar nicht so feist wie die meisten meiner Bürgerkinderkollegen, habe mich vor ein paar Jahren in Gundermann verguckt. Die Lieder. Die Reime. Die Waffe. Der Held. Werde ich benötigt? Seine Zweifel. Die Wut des Friedfertigen. Sich selbst aufzehren. Eine Aufgabe, die größer ist man selbst. Des „Vaters“ Lob.
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LANCELOTS ZWISCHENBILANZ II (Gerhard Gundermann)
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Mein halbes Leben steh ich an der Weltzeituhr
Und ich bin nicht mehr so jung
Und ich warte und ich warte
Und die rote Nelke trag ich immer noch am Helm
Obwohl sie mir schon lange verdorrte
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Und diese Zeitung halt ich noch in der Hand
Obwohl ich sie schon nicht mehr lesen kann
Und starre in den Nebel
Wann kommt der Mann
Der mir sagt, wir brauchen dich
Jetzt bist du dran
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Und ich weiß nicht
Ob ich noch springen kann bis an eine Kehle
Und ich weiß nicht
Ob ich noch singen kann bis in eine Seele
Und ich weiß nicht
Ob ich noch starten kann bis in die Welt
Und ich weiß nicht
Ob ich noch warten kann
Bis die Welt mich zählt
*
Vom Schattenboxen hängt mir schon die Zunge raus
Ich zittre vor den Witzen
Der Feiglinge und Spötter
Und ich hol die Rosinante immer wieder raus
Zum letzten Gefecht
Gegen die Götter
Der Motor meiner Rosinante tuckert leis
Wir beide machen uns im Leerlauf heiß
Wir beide warten auf grünes licht
Für uns beide kommt es nicht
*
Und ich weiß nicht…
*
Von kalten Duschen gehn mir schon die Haare aus
Ich fühl mich zerschlagen
Und weiß nicht, von was
Heut vergeß ich meinen Namen
Heut verbrenn ich mein Haus
Heut hör ich auf zu klagen
Heut geb ich Gas
Langsam überrolle ich den roten Strich
Niemand fragt und niemand schickt mich
Niemand hat mir Weg und Ziel genannt
Nur die Drachen hör ich lachen im Niemandsland
*
Und ich weiß nicht…
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Das Lied oben sang ich gerne und wütend, alle blöden Verletzungen hineinpackend, die überinterpretierten Kränkungen desgleichen, die tatsächlichen Verluste beweinend, in meinen beiden Gundermannarbeiten. Der Scheißkrieg halt, der in einem wohnt.
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Noch ein Foto aus Kaliningrad. Dieses Betonmonstrum (Nein! Da haben die Architekten nicht für die Elphi in HH geübt! Das Foto dazu kommt morgen!) sollte mal die KGB – Zentrale vor Ort werden. Dann ist den Russen das Geld ausgegangen. Herr, erhöre mein Gebet.
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Eine Architektur, die im Neubau schon den sicheren Tod feiert. Brutal.
Kaliningrad / Denkmal des Mütterchen Russland / Im Gegenlicht / 2. September 2017
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Mama! Mütterchen! Russland! Mama Russland? Mütterchen? Für Dich kämpfe ich! Die anderen Weiber vergewaltige ich! Mama!!? Söhnchen!
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Scheißkrieg? Denken wir noch nach, Genossen? Als wäre der Krieg eine Neuerfindung. Hängt er in den Klamotten einer Familie, eines Landes, deiner eigenen Geschichte, dann hängt er an dir wie eine ewige Klette.
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Ich hatte das Glück über meine Gattin Horst Eberhard Richter kennenlernen zu dürfen. Er war ein anstrengender Zeitgenosse. Wenn er anfing zu sprechen, mußte sich das Umfeld auf ein Elfmeterschießen gefasst machen. Er war ergriffen von sich, aber auch von seiner Sache. Ein manisch bekennender Pazifist. Seine Eltern waren von russischen Soldaten erschossen wurden. Er suchte sein Leben lang nach Aussöhnung. Naiv?
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Meine Eltern haben den Krieg erlebt. Als Kind. Als jugendlicher Soldat. Unsere Familie hat das geprägt. Auch wenn es schwer fällt darüber zu sprechen. Die Gräben, die einmal ausgehoben, bleiben. Lange. Man benutzt die Gräben entweder um sich vor feindlichem Feuer zu schützen. Oder um die Toten zu versenken. Die fremden Leichen oder die eigenen. Leichen.
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Ich hatte vor Jahren ein Stück über Horst Eberhard Richter geschrieben und inszeniert. Eine intensive Arbeit, die – kein Mensch weiß warum – von der damaligen Intendantin nach drei ausverkauften Vorstellungen aus dem Katalog genommen wurde. Wahrscheinlich mochte sie dem Krieg, der in ihr tobte, nicht ins Gesicht schauen. Verständlich. Hier die Väter.
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Ich werde nie die Gespräche mit Bergrun Richter vergessen, die mir halfen die traurige, wuchtige, von etlichen Katastrophen, die aufrecht oder schief bewältigt wurden, geprägte Geschichte ihres Lebens an der Seite eines eitlen Naiven in Ansätzen zu begreifen und so niederschreiben zu können.
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Butscha? Wie hat es die Welt geschafft uns Auschwitz nachzusehen? Den Amis My Lai? Wie naiv darf man bleiben? Oder werden müssen? Tja!
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Der dritte Weltkrieg kann erst dann beginnen, wenn der zweite Weltkrieg endlich ausgefochten wurde. Morgen frage ich bei Gundermann nach.
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Königsberg / Kinder singen zu Ehren des Mütterchen / Putin hört zu / 2.9.2017