Den Frühling auf den Wangen, den Winter im Herzen (Georg Büchner)

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Konstanz / hinter der Hinteren Sonne / 11. März 2022

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Den Frühling auf den Wangen

den Winter im Herzen

brachen wir auf

leugnend unsere übereilte Flucht

Als wir stolperten

lachten wir auf laut und zu schrill

als wollten wir spielen mit dem

Schmerz

Wir zogen uns

mutig kichernd wie einst auf dem Bolzplatz

die Kiesel mit Pinzetten

aus den schrundigen Knien

liefen weiter

mehr wissend von der Vergeblichkeit

nicht dies nein nicht dies

Schweige bitte

*

Als ich vor der Mauer stand

mich umdrehte in Panik

blickte ich in voll aufgeblendete Scheinwerfer

Ich schrie auf

unter Wasser schwerer Traum

Das Licht implodierte

Es blieb nicht als ein funkelndes Katzenauge

welches reflektierte die Glut des Eisbrockens

der wuchs in mir unaufhörlich

Ein Passant lobte mich ob meiner gesunden

Gesichtsfarbe

Wenigstens auf meine Wangen ist

Verlaß

Mich aber nicht

*

Ein Traum endet mit dem Erwachen

Manchmal

Ich schlug die Augen auf

Spatzen pickten die Brotkrumen des gestrigen Tages

von meinem Fensterbrett fordernd

Die Tauben verscheuchte ich

vom Dach

und streckte die Hand aus dem Fenster

Hagelkörner fielen

aus einem stahlblauen Himmel

Eisheilige

die wir waren

*

(gießen / türmchen / 11. mai 2022 / grauburgunder)

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Das war die Anregung:

GOUVERNANTE. Denken Sie nicht an den Menschen!

LENA. Er war so alt unter seinen blonden Locken. Den Frühling auf den Wangen und den Winter im Herzen! Das ist traurig. Der müde Leib findet sein Schlafkissen überall, doch wenn der Geist müd ist, wo soll er ruhen? Es kommt mir ein entsetzlicher Gedanke: ich glaube, es gibt Menschen, die unglücklich sind, unheilbar, bloß weil sie sind.

(Leonce und Lena / 2. Akt / 3.Szene)

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Und das noch:

„Es wäre schrecklich, wenn Russland siegt, aber womöglich noch schrecklicher, wenn es verliert!“ (Jens Stoltenberg)

Ich weiß: Zweifel rettet keine Menschenleben. Aber erlaubt sollte er bleiben.

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