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In regelmäßigen Abständen sucht mich das Thema Heimat heim, (sic!) mal aus konkreten Anlässen, mal unvermittelt und diesmal durch – nach einiger Zeit wieder – Lektüre eines meiner Lieblingsdichter, Wolfgang Hilbig. In einem Gespräch über seine Herkunft, die Anfänge seines Schreibens und die Landschaften, in denen er seine Jugend und Adoleszenz verbrachte und die selbstredend prägende Spuren in ihm hinterließen, denkt er auch über das Wort Heimat nach. Jedoch verwehrt er sich gegen diesen Begriff, den er als belastet in etlicher Hinsicht begreift.
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Vor genau 10 Jahren trat ich eine kleine Reise nach Brandenburg an. Wolziger See. Storkow und Umgebung. Ein kleine Pension. Mit eigenem Badestrand. Ein billiges Leihfahrrad und ich fuhr durch die märkischen Wälder, entlang der Kanäle, schwamm in den vielen Seen, stets einen anderen meiner Lieblingsschriftsteller, Franz Fühmann, im Gepäck. Die Theater, an denen ich inszenierte, hatten mich nach einer langen Spielzeit ausgespuckt, nervlich und körperlich zermatscht. Dazu kam ein sich stets wiederholender böser Diskurs, der mich aus meiner Geburtsstadt erreichte, und das Thema Heimatliebe zum Thema machte und mich zum undankbaren Nestbeschmutzer. Also dachte ich schreibend und im Zwiegespräch nach über eben diesen heiklen Begriff. Und welch Unheil oft damit verbunden. Kleines. Großes.
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Erwähnen mich hier vor Ort die lokalen Gazetten, was nicht mehr so oft, aber ab und an geschieht, werde ich stets als der Gießener Regisseur, Autor und Musiker eingeführt. Ich habe mich daran gewöhnt, zwangsläufig, jedoch den Reflex, darüber speiben zu wollen, kann ich kaum unterdrücken. Wie schnell man mit billigen Etikettierungen bei der Hand ist. Ein paar Monate hatte ich auch für diese Heimatblätter Kulturkritiken verfasst. So eine Art Vorgabe war über das Gesehene stets mit sehr milden Sätzen zu urteilen. Hintergrund war, dass es vorrangig galt von der ach so reichhaltigen und qualitativ hochwertigen Kulturszene der Stadt, in der ich wohne, zu singen. Zum Lobe einer wie auch immer gearteten Heimatstadt. Grauslig und schrecklich beschränkt. Lange hat es mir nicht getaugt.
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Zwei Reime aus Brandenburg aus dem Jahre 2014. Das Reisetagebuch hier nachzublättern.
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Heimat
Von Görsdorf der Blick / hinüber nach Allensbach / hinter Bad Saarow im Nebeldunst / der Hohentwiel / vor seinem Schatten ein Kormoran / von West nach Ost / zieht über Launsbach eine der ungezählten Gewitterfronten / eines Sommers / vom Baum hängt das Seil / schwingt im Wind über dem Wasser / gestern noch schwang und sprang hier / ein Junge / hinab
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Heimat 2
Ich mag nicht mehr vergleichen / Ich mag dort sein / wo ich gewesen war / Bleiben / wo ich sein werde / Der Wind weht mich ins / Nirgends / Überall
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Momentan beschäftige ich mich mit einer Art Langgedicht. Arbeitstitel: Ferner den Stränden Ithakas denn je.
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(update 19.07.2024) Las ich gestern noch bei Hilbig: „Man muß unbedingt so weit kommen in der heutigen Zeit, daß man die Erde als Heimat bezeichnet. Das kann ich akzeptieren. Aber der Begriff Heimat, auf ein Land, auf eine Gegend, auf eine Landschaft bezogen, der ist mir einfach immer wieder zu stark ideologisch belastet worden. (…) Ich will’s mal verkürzt ausdrücken; wenn ich den Begriff Heimat höre, da höre ich auch den Begriff Krieg.“
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PS: Der Text stammt aus dem Jahre 1984. 40 Jahre und kein bisserl g’scheiter.
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