Blassgrau untermalt und kein Geschwätz macht sie satt
Die sichere Seite ihrer Konten lange schon geleert
Und begehrt
Die Bücher mit zwei Seiten
Eine wird meist herausgerissen
Medaillen ohne Revers
Aber die Sonne scheint bei Tag und Nacht
Eviva Espana
Wer die Wahl hat
Wählt die Qual
Und nennt sie dann Bequemlichkeit
Früher rollte es und rollte und rollte und rollte
Versprochen hey Alter isch schwör
Und wir glaubten das Leben bleibe ein Duracell-Hase
Rasender Stillstand plus Teilhabe bis in alle Ewigkeit
Zeternd wahlweise Oh Vater Ach Mutter
Ohne rechte Not
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Einatmen ausatmen gehen
Welch Luxus dies noch zu dürfen dürfen
Ohne nasse Füße
Oder verbranntem Haupt
*
(gießen nachts / nachdenken über die nächste woche da drüben über dem ozean / mich erinnernd an die nacht der heiligen drei könige im jahre 2021 / noch nicht mal entsetzt / fassungslos eher / mentaler stupor damals / morgen vielleicht über den verkehrsversuch gießen 2023 / warum denn in die ferne schweifen?)
Ich schlafe schlecht dieser Tage aka Nächte. Eigentlich schon länger, aber eben gerade besonders. Vor 50 Jahren schlief ich auch nicht. Aber freiwillig. The Rumble in the Jungle. Aus dem Schlaf geholt nicht mehr von meinem seit einem Jahr nicht mehr existenten Vater, sondern von einem profanen Wecker. Den man aufziehen mußte und der nicht klingelte, sondern schrillte. In den 60ern und bevor Cassius Marcellus Clay, der spätere Ali, aus dem Verkehr gezogen wurde vom ach so demokratischen Amerika, hatte mein Vater mich verlässlich geweckt, wenn die stechende Biene tanzte und wir saßen mit schweren Augenlidern vor der frisch erstandenen Glotze und im Flimmern und Rieseln konnte man stets sehen wie der Meister permanent seine Gegner mit Trashtalk zutextete und dann auf die Bretter schickte. Mir, dem Buben von einst, gefiel das und gefällt mir noch immer.
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Îch weiß nicht mehr, wo ich den Kampf sah. Ich hatte ein Zimmerchen unter dem Dach über der neuen Wohnung meiner Mutter. Ich glaube, ich durfte runterschleichen und ohne Ton gucken. An was ich mich erinnere ist, daß der Held meiner Kindheit ständig in den Seilen hing, Foreman auf ihn einprügelte und er zurückwippte, die Fäuste ständig vor dem Gesicht. Ich war, wieder mit den schweren Augenlidern, enttäuscht, war doch der Plan und mein Wunsch, Vietnam eben amifrei geworden, daß der alte Champion die von außen verwüstete Erbfolge wieder hinbiegt. Quatsch: Rache wollte ich sehen! Hau dem Opportunisten einen auf die Zwölf! Und das mit den Seilen? Rope a Dope. Der Bahn-Babo aus Frankfurt: „Das Leben ist manchmal ein Spagat, mal ist es leicht, mal ist es hart, doch bist du biegsam wie der Baum der im Wind, kein Lebenssturm dich je bezwingt.“ Es hat funktioniert. Die achte Runde. Schlief ich da schon oder erinnere nur noch?
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In diesem Jahre 1974 stand ich etliche Samstage vor der Hermann-Tietz-Kaufhalle in Konstanz und versuchte die KVZ (Kommunistische Volkszeitung), das Zentralorgan des KBW (Kommunistischer Bund Westdeutschland) an Hertietüten schleppende kleinere oder größere Bürger zu verkaufen. Ein sogenannter Genosse, dann auch noch so jung, ist halt weisungsgebunden. War nicht so einfach dieser Auftrag. Klar, iss Klischee, aber: „Dich hat man doch vergessen zu vergasen!“ oder „Dann geh halt nach Drüben!“, das durfte ich schon öfters mal hören. Machte aber uns linke Idioten noch ein wenig stolzer. Oder überheblicher? Aber dann gab es aber eine Ausgabe der KVZ, ein paar Wochen vor dem großen Kampf in Zaire, und das Zentralorgan widmete eine ganze Seite inklusive Riesenfoto dem tanzenden Schmetterling und seinen Fäusten. Nie zuvor und nie mehr danach bin ich so viele Exemplare dieser obskuren Gazette losgeworden.
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Darf man Spaß daran finden, daß sich alte schwarze Männer einen aufs Maul hauen und die Bleichgesichter glotzen? Fragen wir Brecht: „Das Erste, was da sein muss, damit ein richtiger Boxer zustande kommt, ist das Herz.“
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PS: Diese Platte welche „uns“ Muhammed Ali zurecht besingend feiert – Remember die zittrigen Arme damals in Atlanta! – darf man sich gerne kaufen dürfen. Ich glaube meine Schwester hat die mir damals geschenkt.
New York. Madison Square Garden. Ins musikalische Langzeitgedächtnis eingebrannte Erinnerungen. Get Yer Ya-Ya’s Out! The Concert for Bangla Desh! Dylans 30th Anniversary Concert Celebration! Um nur drei zu nennen, die gerne noch gehört. Nicht zu vergessen das Hotel um die Ecke in der 34th Street, in dem ich im Frühjahr 1979 mit meinem Freund H. abstieg und direkt nach der Ankunft uns der „Liftboy“, ein staatlicher älterer Schwarzer – „Listen Boys, that ain’t no elevator! We call it a lift! You’ve crossed the ocean! You’re not in London anymore!“ – als erstes das Zimmer zeigte, in dem Leonard Cohen einst gewohnt hatte. So saßen wir – historisch beglückt und bubenhaft romantisch – abends auf der Feuertreppe und ließen uns von der mittels tausender Filme – schwarz-weiß am liebsten – inhalierten Geräuschkulisse dieser Stadt erregen und einlullen. Sixpack. Rauchend dies und jenes. Einmal sogar durften wir von unserer erhabenen Warte erleben wie zu unseren Füßen im Nebenhaus eine kleine Bankfiliale überfallen wurde. Das erste Mal in meinem Leben hörte ich Schüsse. Echte jetzt.
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Madison Square Garden gestern nun. Der Zombie, den man ab sofort „gesichert faschistisch“ nennen darf oder auch nicht, tritt auf. Inklusive seiner Hofnarren. Hulk. Musk. Melania. Dann läuft vom Band „Paradise City“. Haben die Gunners im Madison Square Garden gespielt? Schrecklich.
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Der Leibsänger der Demokraten schon besser. Durfte gestern lesen, daß das Holzfällerhemd jetzt das neue Outfit derjenigen, da wo der Daumen links ist, geworden ist. Umdeutungen können manchmal ziemlich schmerzen.
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Sonst? Der Fujiyama ist das erste Mal seit Menschengedenken seiner Schneehaube entledigt. Was würde der alte Meister Katsushika Hokusai dazu sagen? Möglicherweise dem Rest der Welt „Die große Welle vor Kanagawa“ senden? Solange aber noch ein altes Hoffnungsliedchen – heute nicht Meister Cave – sondern der andere Elvis. Der Costello. Erst die Worte.
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(What’s So Funny ′bout ) Peace, Love and Understanding
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As I walk through this wicked world / Searchin′ for light in the darkness of insanity / I ask myself, is all hope lost? / Is there only pain and hatred, and misery? / And each time I feel like this inside / There’s one thing I wanna know / What′s so funny ‚bout peace, love and understanding? / Oh / What’s so funny ′bout peace love and understanding? / And as I walked on / Through troubled times / My spirit gets so downhearted sometimes / So where are the strong / And who are the trusted? / And where is the harmony? / Sweet harmony / ′Cause each time I feel it slippin‘ away, just makes me wanna cry / What′s so funny ‚bout peace, love and understanding? / Oh / What′s so funny ‚bout peace, love and understanding? / So where are the strong? / And who are the trusted? / And where is the harmony? / Sweet harmony / ′Cause each time I feel it slippin‘ away, just makes me wanna cry / What’s so funny ′bout peace, love and understanding? / Oh?
Am Ende der Kontrollen oder ein Heimatgedicht (keine Gebrauchslyrik)
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Bei dem Versuch fallende Blätter zu fangen
Brach ich mir den Zeigefinger
Der Wind hatte kein Einsehen mit meiner blinden Not
Trieb das Laub vor mir her grinsend meine Wut entfachend
Und ich schlug gegen die schorfige Rinde des alten Baumes
Mit aller Wucht die ich zu erinnern suchte zittriger
Wer hatte mir erzählt man könne die Fallenden mit Tränenflüssigkeit
Wieder binden an die morschen Äste
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(Gießen / Draußen trudeln die bunten Blätter freudig erregt / Unkontrollierbar / Grinsen mich an / Froh drüber, keine Kolumne schreiben zu müssen in der Laubbläser oder der Lebkuchenpraecox vorkommen / Herbst nix für Weicheier)
(gießen / gestern ein weiterer beeindruckender kranichflug über mittelhessen / jedoch ein bisserl unglücklich ich aus grund / also gescheite zitate sammelnd)
welche wohltat gärende brennesseln auf feuchtem herbstboden
die letzten schmeißfliegen schwirren erfreut heran
hier stinkt es erbaulich
auf den gehsteigen der städte zertrümmerte stühle
zum mitnehmen keck bezettelt
feiern die faulheit und die flucht
vor dem denken davor bis
leere kühlschränke tanzen auf den verstopften kreuzungen
und kratzen sich die bauchnäbel wund
die nächte sind zu laut
um einsam zu bleiben
mach dich winterfest
es wird etwas länger dauern
bis du dich wieder hinsetzen darfst
so müde
von deiner ewigen müdigkeit
alter genosse
in den tagen nicht endenwollender
sonnenfinsternisse
und dann ernten kannst was du
einst ausgebracht
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(gestern gedacht / heute getippt)
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PS: Nachträglicher Nachdank meinem wunderbaren Deutschlehrer, der uns mit Ernst Jandl bekanntmachte in den Siebzigern, zu trotzen der denkenden und schreibenden Voreiligkeit. Eine Lehre, welche selbstredend in mancher Sache den ejaculatio praecox meinerseits nicht immer verhindern konnte. Das Gemüse scheint länger nachzudenken, um dann gut zu schmecken.