Las eben in der Zeitung seit zehn Jahren nun sei dieser April wieder ein rechter April. Wie er früher einmal war. Sollte man eigentlich dankbar frieren und das Auf und Ab, Hin und Her, Holterdiepolter genießen mögen. Man gewöhnt sich wohl zu schnell daran, wenn es zu angenehm wird gegen alle Vernunft. Man sollte sich vielleicht doch schneller an Unvermeidliches gewöhnen können sollen. Ist möglicherweise vernünftiger trotz Gänsehaut. Nochmals der Verweis auf den Weggefährten. Er ist momentan gewitzter im Kopp als ich. Er wird dies aber bezweifeln wollen. Dafür liebe ich ihn.
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ich will es nicht wissen
was mir das Fremde in mir hielte ich es in den Händen gestern war
Bergwerke tiefe Gräben gesprengt in den Karst schuppender Erinnerungen
diese Landkarte mag ich lesen morgen wenn übrig mehr
an verlorener Zeit
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(Archibald Mahler / Poet der Meteorologie und Meisterschüler)
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Ich hatte mich mit einem Beckett – Gedicht in die Bühnenpause verabschiedet. Hier wieder eines zur Rückkehr. Dylan. Beckett. Ä Gläsle Spätburgunder. Soviel mehr benötigt man eigentlich nicht. Und natürlich: das Vergessen können lernen. Freiwillig. Und jemanden der zurückliebt.
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gut gut es gibt ein Land
wo die Vergessenheit
sacht auf die unbenannten Welten drückt
da verschweigt man den Kopf der Kopf ist verstopft
und man weiß nein man weiß nichts
der Sarg der toten Münder stirbt
am Strand er ist angelangt
es ist nichts zu beweinen
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mein Einsamsein ich kenne es ja ja ich kenn‘ es kaum
ich habe Zeit so sag ich mir ich habe Zeit
doch welche Zeit hungrig Gebein die Zeit des Hunds
die des stetig verblassenden Himmels meines Stückchen Himmels
des Strahls der zitternd emporschimmert
der Mikronen der Dunkeljahre
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es heißt ich soll von A nach B gehen ich kann es nicht
ich kann nicht `raus ich bin in einem fährtenlosen Land
ja ja es ist eine feine Sache die sie da haben eine ganz feine
was ist das fragen sie mich nichts mehr
Spirale Staub von Augenblicken was es ist das gleiche
Die Stille die Liebe der Haß die Stille die Stille
Was ist das Anstrengende? Warum fiel mir nichts ein in meiner ruhigen Schreibklause, wo mich – das hatte ich mir gewünscht – morgens Vögel weckten und nicht ein Müllauto und die Innenstadt? Es ist, glaube ich, das Leben in Simulation, was man gegenwärtig führt. Das Tun als wenn und ob. Statt komplett den Stecker draußen zu lassen, solange nix Halbes nix Ganzes ist, sich selbst Durchhalteparolen um die Ohren hauen. Deutscher Denker ruhet nicht und konzipiert Hygiene. Durchhalten. Na ja. Wollte und sollte Texte schreiben für Auftritte. Gibt sogar Vertrag, aber: Finden die statt? Wie? Draußen? Lebendiger Leib, welcher zuschaut? Doch wieder Digital? Schau’n mer mal und tun wir halt als und ob. Wie geht es so? Muss ja! Ist das Leben eine aufblasbare Puppe? Nee. Ich will Abgabetermine. Reelle Szenarien. Genug rumimprovisiert. Ansonsten lieber eine richtige Ruhe. Solange es nötig. Darf also der Weggefährte heute nochmals ran.
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So tun als ob und was wäre wenn jede Glühbirne eine Sonne
Und schien so hin auf das erwachende Haupt und regte redlich an und
Dann die Füße bewegt geschwungen und mit Schwung bewegt es sich
Und die leichten Gedanken ohne alle Schranken posaunt ins Himmelblau hinaus
Fegt weg alles Grau aus den Synapsen nie mehr tapsen
Und vermuten nein sich sputen weil das Leben rast
Doch all diese Schatten der Realitäten im Leben dem verpassten
Voll jener Erkenntnisder späten so ach
Die fallen herab auf den Boden als ob es geschehen wäre
Zu spät all die Wehen nach der Geburt was nicht ist wird nicht werden
Phantasie nur im Koppe eine Druckstelle der Erinnerung und
Drum stoppe dies Beharren auf Wiederholung das Wrack dümpelt friedlich
Es schneit noch immer kein Gewimmer die Höhenlampe ist keine Sonne
Die Leisten dieses müden Jahres bei denen bleibe und schustere nicht rum
Im Nebel dem wundersam ungefähren und überqueren wir den Fluß wenn
Die reißenden Wasser gezähmt solange gelähmt das Verlangen
Es rauschet das Blut nicht es fließet gemächlich
Doch jucket es in den Nasenflügeln es grüßen von den Hügeln
Die Kreuze man wird steigen wieder höher und hinauf
Solange kauf Dir was am besten nüscht
War das jetzt ein Gedüscht
Laß den Schnee solange er liegen magbleibe müd‘
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(Archibald Mahler / Küchenphilosoph und bekennender Privatier)
Konnte mich jetzt eine Zeit lang in ein Arbeitszimmer am Waldesrand zurückziehen. Schöner Zufall und Glück alter Beziehungen! Gearbeitet sprich geschrieben habe ich so gut wie nichts, aber beim Wandern durch die Wälder (Weia, in was für einem fürchterlichen Zustand die sich doch befinden! Spätsommerlich knackt es schon unter den Sohlen.) spüren, daß dieses ins Leere Fuchteln der letzten Monate doch Spuren hinterlässt und das ständige den Kopf oben halten wollen und müssen „scho au“, wie Jogi sagen würde, Nackenschmerzen hinterlässt. Die strahlen dann gerne aus. Abstand dazu gewinnen, tut jedoch wie immer gut. Nun wieder sortieren und suchen, wie es hier weitergeht. Lasse erstmal einem alten Weggefährten den Vortritt.
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Als der Frühling noch ein Lenz gewesen und buntes Band durch laue Luft vom Eise befreit
Ein Bach vor den Toren lachend durch frisches Grün murmelte
Wie man so reimte und Volk schritt hurtig drängelnd hinauszum Tore
Bald auch die ersten Immen schwirrten taumelnd wild noch und wirr
Um Köpfe die nach vorne blickten naiv und freier jedoch
War’s Erwachen mir die größte Freude nach langem Winter
Doch heute da von Feuchte schwerer Schnee ruht noch auf Fensterbrett und Herzen
Wie Blei und in den Gliedern rheumatisch klammer Schmerzpocht
Da mag man doch verbleiben innerlich in jeder Hinsicht sowie Art
Statt zu singen, lärmen und mit Freudenkrach dem Leben an den Hals
Ich werde nicht wach in dieser grauen Feuchtigkeit
Nein bin es leid
Wenn selbst der Winterschlaf die Welt nicht lässt erblühen
Warum dann all die Mühen sich wiegen in den Schlaf durch langen Winter
Auf Träumen wild zu reiten und bei Zeiten dann den Kopf zu recken
Ob hinterm Horizont schon Lachse in die Mündung strömen
Den Büschen Beeren wachsen aus den Federn
Und das Bärenweib treibt des letzten Jahres Freude aus der Höhle
Tollend und neugierig
Dreh Dich um ein langes Viertelstündchen noch
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(Archibald Mahler / mittelhessischer Heimatdichter und Traditionalist)