Der Beginn dieses Jahres hält etliche Tote bereit. Vor allem für die Mitglieder meiner Alterskohorte. Böse Enkel nennen uns gerne Boomer. Die anderen Bösen nennen uns einfach nur Berufsjugendliche. Und? Ach!
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Hast Du schon gehört? Meine ersten feuchten Träume sturben gestern! Hä? Lollo! Bitte? Hast Du überhaupt noch Feuchtigkeit in Deinem Restleben? Oder Antworten? Genosse? Samstags schlurft es über den Markt. Verzeihung, man schlendert humpelnd und sucht erinnernd ein Sprechen gegen die Einsamkeit. Hast Du schon gehört? Der Davie Cosby. Ach!
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Wenn Du gehst, dann stirbt auch ein Teil von mir. Und der andere Teil bleibt hier. Wer hat das nochmal gesungen? Weiß nicht mehr. Wenn das Ende sich heranschleicht, beginnt man wohl in Schlagertexturen zu denken. Ach!
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Lassen wir sie sterben. Unsere hüftkranken Erinnerungen. Sie tun es eh. Manchmal ist es an der Zeit. Öfters auch zu früh. Dennoch aber: Ach!
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Was ist mühsamer? Zu wissen, dass ein Gegenüber von David Crosby nur gelesen hat? Gestern gar? Oder dass in jedem Printmedium vom „Mann mit dem Walrossbart“ die Erzählpaste kopiert wird? Oder dass selbst Jens Riewa mir tagesaktuell einen von Woodstock erzählen muss? Ach!
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Oben ein Schweigen, welches vor sich her singt. Mitwirkende u.a.: Phil. Jerry. Gregg. Joni. Neil. Elliot. Jack. Graham. Mickey. Bill and Paul und Grace. Die gute alte Vornamenvertraulichkeitsvortäuschung. Die beste Pizza bei meinem Giovanni. Hans macht mein Fahrrad. Ich habe noch Freunde. Ach?
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Unten noch weniger Worte die gesungen. Da war doch wer? Bin ich mir sicher. Heißt es. Reicht doch. Lassen wir die gehen, deren Zeit abgelaufen und verwechseln sie nicht mit … tja … mit was auch immer. Ach!
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Die nächsten Erinnerungswettbewerbe werden wir aber auch noch bestreiten müssen. Die Niederlagen jedoch sind alle mit einkalkuliert. Ach!
(Gießen heute. Nachdem ich, manchmal muß man ja einkaufen, die Einkaufszone durchwanderte und auf die Schuhe meiner Mitbürger achtete. Sogar Herren in meinem Alter latschten – und das in Horden – in weißen Snickern über den Konsumbullewart. Wie sagte ein alter Kollege von mir gerne: Augenkrebs ist der schlimmste Schmerz.)
Die Gitarrenvergöttlichten. Irgendwie lief Jeff Beck da gerne unter dem Radar rum. Warum nur? Da es die nächsten Tage weiter regnen werden soll und die Wasserstände ordentlich steigen werden, hat man ja Zeit und bleibt besser in der dann doch gut beheizten Wohnung. Zumindest der Rentner in mir. Obwohl der gerne fröstelt. Hören wir ein erstes Lieblingsalbum. Oben.
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Und dann das noch. Von Kölle zurück nach Konstanz. Eine lange Zeit lang dort in Dauerschleife genossen. Jenes unten. Und wer will: Miami Vice.
Gedenkstätte Point Alpha / Osthessen / 11. Oktober 2021
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Wo wir gestern schon zu Kölle waren und weil es seit Tagen regnet: Zur Weihnacht hat mir ein längstjähriger Freund und Theaterkumpan eine CD voller Gesänge in Memoriam Colonia inklusive etlicher Achterbahnfahrten gebrannt. Gestern war es der Alkohol – hat ja manchmal was mit dem Lieben zu tun – von dem sie sungen die Kölschen, hück ist es die Liebe und die damit verbundenen Fallstricke. Müssen wir dann nicht über Getränke reden. Hier die Reime. Heute mal fremde.
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Wie e Meer dat an kei Ufer schleit
Kein Flut mih kennt
Wie e Für wo nur noch ne Funke glimb
Dat nit mih brennt
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Et jav en Zick da kannste ming Jedanke
Du wors et einzije Jeföhl
Ich hatt‘ Sehnsucht no dir wie ne Kranke
Un jetz setz ich zweschen de Stöhl
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Lass mich nit ston em Rän – Leevje
Lass mich nit ston em Rän
Söns wed m’r mi Hätz ze Stein – Leevje
Lass mich nit ston em Rän
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En däm Draum do han ich uns zwei jesin
Om Daach d’r Welt
Huh op enem Seil kunnt ich nur noch d’r Himmel sin
Un nix usser dir
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Du häs jelaach un du lets mich falle
Trocks mem Wind su wie ne Vugel
Ävver vielleich han mir uns noch nit verlore
Da es jet ze deef en uns dren
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Lass mich nit ston em Rän – Leevje
Lass mich nit ston em Rän
Söns wed m’r mi Hätz ze Stein – Leevje
Lass mich nit ston em Rän
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Keiner sang so sentimental von den Verirrungen des Lääve wie der leeve Tommy Engel. Oft war dat kölsche Sentiment mir etwas anstrengend, ävver – in diesem Falle – schön isset jewiss jeblevve. Dat Lääve und der janze Driss. Und wie. Soweit die heutigen Erinnerungen im Dauerregen. Übersetzungshilfen. Hier dat Leedche.
PS: Schon vor etlichen Jahren hat ein Kölner Musikus dat Prinzenbüchlein treffend besungen. Und jetzt ab auf die Poller Wiss. Auch Arbeitslosigkeit mag sinnstiftend sein.
„Der Unterschied zwischen einer Demokratie und einer Diktatur besteht darin, dass Sie in einer Demokratie zuerst wählen und später Befehle entgegennehmen. In einer Diktatur müssen Sie Ihre Zeit nicht mit Abstimmungen verschwenden.“ (Charles Bukowski)
Mainz / St. Stephan / Chagallfenster / 7. Januar 2023
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Mehr Licht wie Goethe sprach
Als ihm der letzte Atem brach
Mr lücht so spricht der Dialekt
Selbst wenn man lediglich verreckt
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Säue jagen durch Gemeinden
Wer unterscheidet Freund von Feinden
Noch und doch
Aus jedem Loch
Ein Strahl
So Licht
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Sich fremden Ratschluss übergeben
An einer Feder sich verheben
Nicht weiter
Die erste Sprosse einer Leiter
Auch wenn die Götter seltsam stumm
Sie hält uns stand
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„Wir werden alle sterben, jeder von uns, was für ein Zirkus! Das alleine sollte uns dazu bringen, uns zu lieben, aber das tut es nicht. Wir werden terrorisiert von Kleinigkeiten, zerfressen von gar nichts.“ (Charles Bukowski)