Melankomie, Morälchen, Ritterregeln 6

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Junggespenster mit Blick auf den Untersee von Schweizer Anhöhe

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Times fades away und wie die Gespenster mit der Zeit milder gestimmt

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Manchmal muß man Binsenweisheiten verbraten. Obwohl manchmal maßlos untertrieben ist. 95% aller Äußerungen jedweder Art von 97% Prozent aller Zweibeiner jeglicher Coleur sind nichts als das Wieder- und Weiterkäuen von Binsen. So ein ehemaliger, vor nun 11 Jahren leider verstorbener, Regisseur von mir einstens. Recht hatte er.

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Hier die Binse. Die subjektive Zeit im Alter rast. Und übertriebener Aktivismus hält sie nicht auf. Als ich eben die Mülltonnen reinholte, eine der Hausmannpflichten, die meinem Rentneralltag etwas Struktur verleihen, radelte ein ehemaliger Nachbar vorbei. So alle halbe Jahr‘ schaut er oder seine Frau in der alten Neighborhood vorbei. Und natürlich sprachen wir über die dahinfließende Zeit. Ich erzählte, daß vorgestern unser Nachbarbub eingeschult wurde. (Mein Gott, was für ein aufgeblasenes Brimborium Eltern und Großeltern da heute veranstalten! Gruselig!) Und wir erinnerten uns wie vor einiger Zeit, sprich also gestern noch, seine zwei Mädels mit dem anderen Nachbarbub den selben Weg zur Schule tapperten, den der sich heftig (noch nur hoffentlich) dagegen sträubende Bube nun seit gestern auf sich nehmen muß aka sollte. Binse 2: extreme Mutterfixierung. Klammeraffe. Da werden neue Gespenster gezüchtet. Ist zuviel Liebe besser als gar keine! (Zumindest subjektiv nicht ‚empfundene‘: Verzeihung, ein bisserl Häme muß ab und an!) Wir hatten uns gefreut, verabredeten uns lose, wohl wissend, daß es wieder nicht klappen würde. So isses halt. Die Time wird weiter dahinfaden. Ich pfiff das Lied dazu.

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Jetzt höre ich eine meiner drei Lieblingsscheiben, die ich auf die einsame Insel mitnehmen würde. Oder mir in den Sarg legen lase. (Ich möchte nicht als anonyme Asche im Wald landen. Gottesacker muß schon sein. Und ein paar verlogene Grabrednersätze.) Ich kuckelte ein bißchen rum und mein Lieblingssong wurde live am 11. Februar 1973 aufgenommen. Ist mir tatsächlich erst heute aufgefallen. Hier die Lyrics.

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Journey through the past

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When the winter rains come pourin‘ down

On that new home of mine

Will you think of me and wonder if I’m fine?

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Will your restless heart come back to mine

On a journey through the past?

Will I still be in your eyes and on your mind?

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Now I’m goin‘ back to Canada

On a journey through the past

And I won’t be back ‚til February comes

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„I will stay with you, if you’ll stay with me“

Said the fiddler to the drunk

And we’ll keep the tab on a journey through the past

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When the winter rains come pourin‘ down

On that new home of mine

Will I still be in your eyes and on your mind?

Will I still be in your eyes and on your mind?

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Jener verschneite Februartag hat das Leben unserer Familie auf allen Ebenen, horizontal und vertikal, beeinflußt, durcheinandergebracht, ganz neu oder noch älter ausgerichtet, egal ob man hinschauen wollte oder nicht, mit sofortiger Wirkung oder schleichend in der Langzeitversion und dafür umso fieser. Und mich letztlich dazu aufgefordert die alte Heimat zu verlassen. Aber auch die hartnäckigsten Gespenster können im Alter eine gewisse Milde an den Tag legen. Ist das nun eine Binse? Vielleicht ist er wirklich zurück nach Kanada, wo er wohl mal glücklich war. Nach dem Krieg. Als ein mildes, Bäume fällendes Gespenst. Lumberjack.

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Ritter Runkel von Rübenstein einst erlaubte sich diese Bemerkung mal: „Wer müde ist, kriecht unters Segel – das ist ’ne gute Ritterregel!“

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