Sich gegen die Welt impfen / Rentnerband / Wildschwein / Frieden / Elphi   

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Elbphilharmonie / Hamburg / Ende September 2021

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Mal schaun ob ich heute die Kurve kriege hier mal wieder ein bisserl zu schweigen und den kleinen Abgang elegant zu formulieren.

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Die Rente ist beantragt. Das Monster Langeweile steht im Vorgarten rum. Der Weinberg wird beackert wieder. Die Nächte sind kürzer. Das Alter. Das Dilemma: auch in diesem Krieg geht es doch nur um uns. So sind wir großgeworden, Jungs. Maulhelden. Ursula von der Leyen ist wohl mutiger.

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Es hilft nicht vom Kettenkarussel abzusteigen, indem ich den täglichen Horror abschalte, weil es zuviel ist, man hilflos ist, dummgescheit in den Spiegel glotzt, nein, es sind die aberwitzigen Reaktionen auf das Grauen, die mir die Türe zu einer der vielen unbedeutenden kleinen Fluchten öffnen.

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Ein Wildschwein in einem Wildpark wurde vor Jahren auf den Namen Putin getauft. Jetzt will der Besitzer es umbenennen. Der Vorschlag: Mir. Ist russisch. Heißt Frieden. Wie die alten Raketen der Sowjetunion. Wann löst sich die DKP in Gießen auf? Sollen sie nicht tun. Müssen sie halt durch. Man sieht sich beim Ostermarsch. Falls man nicht die Strassenseite wechselt.

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Und Gerhard Schröder gibt seine Mitgliedschaft bei Hannover 96 zurück! Der Mir ist also nah! Gerhard! Renn er nicht so! Er ist ein guter Mensch! Hat er seine Erbsen … Peanuts … Quatsch … seiner Frau Gebete? Ich hab’s gesehen. Was erlaubt er sich? Er hat auf die Straß‘ gepisst. Weia!

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Wie wäre es, wenn man einen ordentlichen Teil der was weiß ich wieviel Aufrüstungsmilliarden dafür verwenden würde, russische Kriegsgegner und Dienstverweigerer aus Moskau und dem Restreich auszufliegen? Luftraum? Mal bei Matthias Rust anrufen!

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Die Elphi. Da sind sie alle so scholzstolz drauf. Warum wird ein sogenannter Kulturtempel (Beten! Innehalten! Opfern!) im Stile eines eregierten Machtgebäudes hochgezogen? Protzschlotz! Vermeide den nachfolgenden Reim. Hatte mir das Ding mal angeschaut unlängst. Ernüchternd.

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Andererseits: Udo und das NDR – Orchester hauen dort nochmal Andrea Doria raus? Klar. Anna Netrebko ist dabei. Als Mädchen aus Ost – Berlin. Wird alles gespendet. Aber eine CD könnte schon noch rausspringen. Mit blau – gelber Likorelle als Zugabe. Für uns alte Katastrophisten. Damals noch mit Zwinkerauge. Der Untergang. Er lebe hoch! Einmal Kate Winslet von hinten umfassen dürfen!

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In die Osterpause nun ab mit einem hübschen Zitat: „Im Winter behaupten, man habe es nicht kommen sehen, kann dieses Jahr keiner behaupten!“ Kurioserweise aus FDP – Mund. Andererseits aber auch für mich so ein kleiner privater Nachhall in Sachen Hamburch. Dann man tau. Ich muß mal.

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Kiel / Restaurant an der Förde / Sanitäre Anlage / Selfisch / Ende Oktober 2021

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Helden / Sicherheitsarchitektur / Die Lieder der Naiven / Im Osten nix Neues  

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Wir waren naiv. Wütend. Dämlich. Scheißwelt. Die Revolution. Die Waffe in der pubertierenden Zitterhand. Ich, aufgewachsen im feisten Westen, zwar nicht so feist wie die meisten meiner Bürgerkinderkollegen, habe mich vor ein paar Jahren in Gundermann verguckt. Die Lieder. Die Reime. Die Waffe. Der Held. Werde ich benötigt? Seine Zweifel. Die Wut des Friedfertigen. Sich selbst aufzehren. Eine Aufgabe, die größer ist man selbst. Des „Vaters“ Lob.

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LANCELOTS ZWISCHENBILANZ II (Gerhard Gundermann)

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Mein halbes Leben steh ich an der Weltzeituhr

Und ich bin nicht mehr so jung

Und ich warte und ich warte

Und die rote Nelke trag ich immer noch am Helm

Obwohl sie mir schon lange verdorrte

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Und diese Zeitung halt ich noch in der Hand

Obwohl ich sie schon nicht mehr lesen kann

Und starre in den Nebel

Wann kommt der Mann

Der mir sagt, wir brauchen dich

Jetzt bist du dran

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Und ich weiß nicht

Ob ich noch springen kann bis an eine Kehle

Und ich weiß nicht

Ob ich noch singen kann bis in eine Seele

Und ich weiß nicht

Ob ich noch starten kann bis in die Welt

Und ich weiß nicht

Ob ich noch warten kann

Bis die Welt mich zählt

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Vom Schattenboxen hängt mir schon die Zunge raus

Ich zittre vor den Witzen

Der Feiglinge und Spötter

Und ich hol die Rosinante immer wieder raus

Zum letzten Gefecht

Gegen die Götter

Der Motor meiner Rosinante tuckert leis

Wir beide machen uns im Leerlauf heiß

Wir beide warten auf grünes licht

Für uns beide kommt es nicht

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Und ich weiß nicht…

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Von kalten Duschen gehn mir schon die Haare aus

Ich fühl mich zerschlagen

Und weiß nicht, von was

Heut vergeß ich meinen Namen

Heut verbrenn ich mein Haus

Heut hör ich auf zu klagen

Heut geb ich Gas

Langsam überrolle ich den roten Strich

Niemand fragt und niemand schickt mich

Niemand hat mir Weg und Ziel genannt

Nur die Drachen hör ich lachen im Niemandsland

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Und ich weiß nicht…

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Das Lied oben sang ich gerne und wütend, alle blöden Verletzungen hineinpackend, die überinterpretierten Kränkungen desgleichen, die tatsächlichen Verluste beweinend, in meinen beiden Gundermannarbeiten. Der Scheißkrieg halt, der in einem wohnt.

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Noch ein Foto aus Kaliningrad. Dieses Betonmonstrum (Nein! Da haben die Architekten nicht für die Elphi in HH geübt! Das Foto dazu kommt morgen!) sollte mal die KGB – Zentrale vor Ort werden. Dann ist den Russen das Geld ausgegangen. Herr, erhöre mein Gebet.

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Eine Architektur, die im Neubau schon den sicheren Tod feiert. Brutal.

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Kaliningrad / 3. September 2017

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Horst Eberhard Richter / Der 3. Weltkrieg ist das Elfmeterschießen des 2. Weltkriegs / Naiv bleiben? / Die Klette

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Kaliningrad / Denkmal des Mütterchen Russland / Im Gegenlicht / 2. September 2017

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Mama! Mütterchen! Russland! Mama Russland? Mütterchen? Für Dich kämpfe ich! Die anderen Weiber vergewaltige ich! Mama!!? Söhnchen!

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Scheißkrieg? Denken wir noch nach, Genossen? Als wäre der Krieg eine Neuerfindung. Hängt er in den Klamotten einer Familie, eines Landes, deiner eigenen Geschichte, dann hängt er an dir wie eine ewige Klette.

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Ich hatte das Glück über meine Gattin Horst Eberhard Richter kennenlernen zu dürfen. Er war ein anstrengender Zeitgenosse. Wenn er anfing zu sprechen, mußte sich das Umfeld auf ein Elfmeterschießen gefasst machen. Er war ergriffen von sich, aber auch von seiner Sache. Ein manisch bekennender Pazifist. Seine Eltern waren von russischen Soldaten erschossen wurden. Er suchte sein Leben lang nach Aussöhnung. Naiv?

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Meine Eltern haben den Krieg erlebt. Als Kind. Als jugendlicher Soldat. Unsere Familie hat das geprägt. Auch wenn es schwer fällt darüber zu sprechen. Die Gräben, die einmal ausgehoben, bleiben. Lange. Man benutzt die Gräben entweder um sich vor feindlichem Feuer zu schützen. Oder um die Toten zu versenken. Die fremden Leichen oder die eigenen. Leichen.

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Ich hatte vor Jahren ein Stück über Horst Eberhard Richter geschrieben und inszeniert. Eine intensive Arbeit, die – kein Mensch weiß warum – von der damaligen Intendantin nach drei ausverkauften Vorstellungen aus dem Katalog genommen wurde. Wahrscheinlich mochte sie dem Krieg, der in ihr tobte, nicht ins Gesicht schauen. Verständlich. Hier die Väter.

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Ich werde nie die Gespräche mit Bergrun Richter vergessen, die mir halfen die traurige, wuchtige, von etlichen Katastrophen, die aufrecht oder schief bewältigt wurden, geprägte Geschichte ihres Lebens an der Seite eines eitlen Naiven in Ansätzen zu begreifen und so niederschreiben zu können.

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Butscha? Wie hat es die Welt geschafft uns Auschwitz nachzusehen? Den Amis My Lai? Wie naiv darf man bleiben? Oder werden müssen? Tja!

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Der dritte Weltkrieg kann erst dann beginnen, wenn der zweite Weltkrieg endlich ausgefochten wurde. Morgen frage ich bei Gundermann nach.

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Königsberg / Kinder singen zu Ehren des Mütterchen / Putin hört zu / 2.9.2017

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Putins Krieg / Fragezeichen / Lampen / Zurückrudern und NORDOST revisited

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Stuttgart 21 / Im kläglichen Rest des Schloßparks ein trauriger Löwe / 5. März 2022

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Der Revoluzzer

(der deutschen Sozialdemokratie gewidmet)

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War einmal ein Revoluzzer,

im Zivilstand Lampenputzer;

ging im Revoluzzerschritt

mit den Revoluzzern mit.

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Und er schrie: „Ich revolüzze!“

und die Revoluzzermütze

schob er auf das linke Ohr,

kam sich höchst gefährlich vor.

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Doch die Revoluzzer schritten

mitten in der Straßen Mitten,

wo er sonsten unverdrutzt

seine Gaslaternen putzt.

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Sie vom Boden zu entfernen,

rupfte man die Gaslaternen

aus dem Straßenpflaster aus,

zwecks des Barrikadenbaus.

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Aber unser Revoluzzer

schrie: „Ich bin der Lampenputzer

dieses guten Leuchtelichts.

Bitte, bitte, tut ihm nichts!

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Wenn wir ihn‘ das Licht ausdrehen,

kann kein Bürger nichts mehr sehen.

Lasst die Lampen stehn, ich bitt , –

Denn sonst spiel ich nicht mehr mit!“

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Doch die Revoluzzer lachten,

und die Gaslaternen krachten,

und der Lampenputzer schlich

fort und weinte bitterlich.

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Dann ist er zu Haus geblieben

und hat dort ein Buch geschrieben:

nämlich, wie man revoluzzt

und dabei doch Lampen putzt.

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(Erich Mühsam / 1878-1934)

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Ich war mal verantwortlich im Sinne des Pressegesetzes für unsere Schülerzeitung. Das Ding hieß „Fragezeichen“. Trotz eines Wettbewerbes unter den Schülern der Mittel – und Oberstufe (Die Kurzen wurden natürlich diskriminiert!) und vor allem wegen der anarchischen Zusammensetzung der sogenannten Redaktion fanden wir keinen zu uns passenden Namen und benannten die Leerstelle als solche. Aber um ein kleines Zeichen unserer politischen Ausrichtung zu setzen, angerötet waren wir alle, druckten wir in der ersten Aufgabe obiges Gedicht ab. Voller Löwenmut. Den sozialdemokratischen Weg zu den sanitären Anlagen kannten wir aber auch in – und auswendig. Und nicht nur wir. Sich verpissen in der Not war schon immer ein anerkannt deutscher Volkssport.

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Woher kommt eigentlich der Begriff zurückrudern? Frage ich mich nach der allenthalben geforderten und zaghaft bis selbstkasteiend erfolgten Steinmeierei dieser Tage. Nützt das was? Fragt der Flagellant in mir.

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Wollte ich nicht schweigen? Aber das gestrige Lindenstrassenbild halt. Schon übel, wie ich finde! Und von kurioser Symbolhaftigkeit!

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Unsere Eltern und Großeltern – meistens über Umwege – haben wir ja pausenlos in Sachen Beteiligung am GROSSEN KRIEG genervt. Wer hielt das Gewehr in der Hand? Wer hat die Öfen gebaut? Wer fuhr den Panzer? Wer hat die Züge zusammengestellt? Da haben dann unsere Vorfahren gerne – auch hier meist über Umwege – geantwortet, das habe der HITLER gemacht. Ich dachte dann immer, der hatte ja mehr Arme als Ganesh und einen 2400 – Stundentag zu bewältigen und hat nebenher auch noch die Autobahnen gebaut. Der ADI! Das wiederholte sich nochmal vor etwa dreissig Jahren. Die beiden ERICHE waren es, die alle zu Tode liebten. Und nun dieses fast schon manische Mantra von SEINEM Krieg. German WC?

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Ich hatte vor ewigen Jahren mal NORDOST inszeniert. Jetzt kehren diese fürchterlichen und grausamen Gespenster aus Grosny, die Russland dort züchtete – damals war der „Krieg gegen den Terror“ hüben wie drüben und sogar hier so eine Art von moralischem Gebot! – wieder zurück und massakrieren in der Ukraine rum. Für den alten Feind. Gelernt ist gelernt.

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Sind wir nicht alle Fußgängerzonen – Punker, ein dickes Anti – Fa – Stickerchen auf der Joppe? Anti – Fa? Hä? Ich will mich nicht mehr ständig reinwaschen? Verantwortung? Schwer! Ganz schwer! Muß ich doch noch ein bisserl länger in den Spiegel gucken. „Wenn der Ozean nicht zu Ihnen kommt!“ Früher haben wir Seife gefressen, in der Hoffnung, daß wir Fieber kriegen und nicht in die Schule müssen. Schon blöd. Gelle! Statt zu lernen.

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Dann ist die Lindenstrasse abgerissen!

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Die Lindenstrasse wird abgerissen / Foto / dpa

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Verzeihung! Ich war ja eigentlich schon wech vom Laberacker hier vor Ort. Aber dann – ich muß das halt machen, weil ohne die gedruckten Buchstaben kein Kaffee, der mir schmeckt – sehe ich dieses Bild oben auf Papier: die machen in Köln – Bocklemünd die Lindenstrasse platt. Tja. Das ist der endgültige Tod unserer Bundesrepublik, in der wir reichen und linken und obergescheiten Nasen immer noch wohnen, obwohl die schon seit spätestens der letzten Meisterschaft von Schalke 04 so nicht mehr existiert.  Aber dieses Foto? Tschulligung? Nineeleven? Kiewer Vororte? Tirana vor dreißig Jahren? Grosny? Die Erinnerungen unserer Eltern oder Großeltern? Was soll dieser Scheiß? Denk jemand nach, der dieses Bild dieser Tage schießt und dann verkauft in diesem lächerlichen Zusammenhang? LINDENSTRASSE? Bitte ergebenst um die Telefonnummer des – sagt man so? – Bildverwursters. (Gestriges Schimpfwort ersetzt!)

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„Erfahrungen? Die vernarbten Wunden unserer Dummheit!“ (Mark Twain)

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Martin Kippenberger / Krieg ist böse / 1 / Ausschnitt / Danke schön!

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Ah – oh!

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Der vierte Tag einer Kur soll ja besonders anstrengend sein. Vor allem wenn der Tag auf einen ersten April FÄLLT (Aua!) und der Witz dazu ausgestorben sein soll. Ich mache mich mal auf die SUCHE.

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BRUCE WILLIS! Früher hart, jetzt nur noch zart. Kein Scherz!

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Frauen ausgesperrt! WM – Ausschluss für den Iran? Kein Scherz!

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ARD übertragt Auslosung der WM – Gruppenphase aus Doha live. Das deutsche Trainerteam ist vor Ort. Kein Scherz!

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Wo ist Jogi? Kein Scherz!

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DREIMAL WAR ER BEIM IDIOTENTEST:  … Dann raste er den Lieferando – Fahrer tot! Kein Scherz!

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MALLE – FLÜGE günstiger als einmal volltanken! Kein Scherz!

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Wirtin tauscht Bier gegen Öl und Mehl: Daniela ist die wahre ÖLIGARCHIN! (DANKE für dieses Wort, liebe BILD!) Aber auch kein Scherz!

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Prinzessin Märtha Louise im Glück: Ihr Sex – Schamane bekommt neue Niere. Kein Scherz!

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Die Impfpflicht ist ein totes Pferd! Kein Scherz!

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HISTORISCHER TEUER – SCHOCK! WIR SCHUFTEN UND SCHUFTEN. Aber werden immer ärmer. Könnte dies der Scherz gewesen sein?

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Nee! Da isser! Die Tübinger Verpackungssteuer wurde für unzulässig erklärt. MC Donald‘s hatte dagegen geklagt! Und vor dem Verwaltungsgericht gewonnen! Welcome back Aprilscherz!

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Jetzt versuche ich mal vor dem Badezimmerspiegel einen Handstand zu machen. Eventuell hilft es auf dem Kopf zu stehen, um dann später sich wieder mit Marx den Hegel zurück auf die Füße … die Sechs zur Neun plus …

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Winke – Winke!

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Vom Boulevard lernen: Siegen lernen!

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Kiel / Fundstück an der Förde / 22. September 2021

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Ah – oh!

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Wir sind Frühling! Oder doch nicht?

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Der zweite Tag einer Kur soll ja besonders anstrengend sein. Alte Realität. Neue Normalität. Siehste! Schon wieder falsch! Ist eh andersrum! Oder?

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„Ei, jetz hab isch schon die Sommerreifen druff!“ Die Stimme klingt überzeugt und kräftig. Der Mann in meinem Alter – geschätzt – sitzt in einer den vorgestrigen Temperaturen angemessenen Joppe vor TCHIBO. (Frage! Sind das die, die da damals EDUSCHO überfallen hatten?) Ist hier nicht die Antwort. Recht hat er, der fröstelnde Kaffeetrinker. Temperatursturz? Hallo? Keiner kann sich hier entscheiden! Die Politiker nicht! Das Wetter nicht! Die Frau? Genau! Das Hin und her immer. Klare Kante. Einmal zwanzig Grad, immer zwanzig Grad. Kommt jetzt der Bibberfrühling?

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Echt kalt heute. Warum eigentlich? Schreib ich morgen mal ein Gedicht drüber. Habe aber heute den Mantel übergezogen. Bin ja nicht blöd.

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Ich liebe den Boulevard. Neiderfüllt! Hatte immer das Gefühl, all die Hedonisten, Kiffer und Saufbrüder dürfen sich da austoben. Wir sind Papst. Dig it! Konkrete Lyrik. Davon hat Schwitters doch ge(t)reimt. Ich denke manchmal, ich bin einfach falsch abgebogen. Narzißmus kennt Varianten. Theater? Dabei habe ich gar nicht so viele Bücher gelesen. Ich tu nur so.

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Anna aber! Von vorne und von hinten zu lesen! Morgen! annA! elleG!

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Hatte die andere Ohrfeige von gestern vergessen. Die einer am Rande eines Boxrings kassiert hat. Ist das nicht cool? Am Rande eines Boxrings? Backpfeife statt voll auf die Zwölf? Und jetzt hat er wohl bleibende Schäden. Der Voyeur. Glück gehabt. Es gibt Kulturen, da werden in Sachen Lüge Zungen rausgerissen. Zurück zum Thema. Sein Lieblingsfeind konnte ihn nicht geschlagen haben. Der weilt derzeit in „Little Russia“ vor den Schranken des Gerichts. Seine Ex habe seine Möbel aus dem Fenster geschmissen. Hat er jetzt ausgesagt. Und warum? Er habe sie angerufen. „Schaaatz! Ich bin pleite! Und Du bist schuld!“ Und dann hat er noch ganz oft ääähm gesagt. Jüngster Bobbele aller Zeiten. Wenn ich nicht die Gicht hätte (Liebste Lüge!), würde ich jetzt das Herzeszeichen in mein Handy formen. Aua! Man muß auch mal verzeihen können. Selbst bei extremen Temperaturstürzen. Und nicht gleich den Amok humpeln! Siehe Bild unten.

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Schon wieder was gelernt. Also die Maske muß weg! Quatsch! Die Maske wird weg! Ob ich die Maske oder nicht? Können die sich mal entscheiden? Maske auf! Hallo? Freiheit! Maske runter! Hallo? Meine Oma? Daß ich entscheide? Ich immer noch selber, wer mir Vorschriften zu machen hat!

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Der Ohrfeiger aus Amerika. Sagt seine Mama in der Pause. „So was hat mein Sohn noch nie gemacht! Der ist noch nie so ausgeflippt. Das hätte ich …“

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Jetzt stehe ich im Badezimmer und schaue in meinen Spiegel. Weia?

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Winke – Winke!

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S – Bahnhof Wedel (HH) / Silvester 2021

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Tinky Winky, Dipsy, Laa – Laa, Po / Warum in Krisenzeiten BILD so sinnvoll ist

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Kardamili (Mani – Greece) / 18. Juni 2018

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Ah – oh!

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Manchmal in der Nacht, so eben wieder, verjagen Privatgespenster, Dienstgespenster (eher selten zurzeit) und Weltgespenster (ganz vorne!!) den Schlaf. Das Gespenst „Alter Sack“ tut sein Übriges. An vielen dieser Störfaktoren trägt man mit. Es ist sinnentleert zu glauben das Betrachten von Nachrichtensendungen, Talkshows und all den gescheiten Erklärbär – Dokus zur Weltenlage und seiner Entstehung – sei es im Netz oder im Old School Glotzing – fördere den Schlaf. Vom wiederholten Durchwühlen alter Kompendien (Wann hatte ich das nochmal mit Erkenntnisgewinn gelesen? Vor oder nach Stalingrad?) mal ganz abgesehen. Und was nützt mir ein in die Welt gehustetes „Was habe ich wieder intensiv nachgehirnt in dieser doch sehr kurzen Nacht!“, wenn ich das morgens im Spiegel sehe, was ich sehe? Der vielen Wörter Gewicht kann niederdrücken.

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Nach solchen Nächten und Kaffee Nummer 3, der nicht mehr duftet nach neuem Tag, sondern einfach nur noch den Suchtcharakter bedient, gucke ich gerne mal nach, was ich am Vortag in die Tasten gehauen habe. Gut, ich schäme mich nicht nach der Lektüre (meistens), aber: ist das alles nötig? Auch wenn man nichts anderes zu tun hat? Das Geschlaue auf sicherem Boden? Und ich spüre, eben auf Earl Grey umgestiegen: ES IST ZEIT FÜR DIE KUR!

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Man muß sich dem nähern, was die Menschen in diesem Land wirklich denken und wollen und fürchten. Es gibt viele, die mantramäßig runterbeten, die GROSSBUCHSTABENZEITUNG manipuliere ein zu Veränderungen, Einsicht und Systemwechseln (Benzinpreise? Die nächste Aufstellung der Nationalmannschaft?) geneigtes Volk. Ich befürchte andersrum wird daraus der SUV … äh … Schuh. Fünf Tage Kur? Reicht das?

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Die Watschn ist heute das Thema. Deine Frau wird dummdreist zum Gegenstand eines Witzes gemacht. Du – Voraussetzung, du liebst deine Frau – stehst auf und haust dem HaHaHa (#steck#euch#comedy#dahin) eine aufs Ohr. Du weißt eine gut gezielte Fotzn kann durchaus das Hörvermögen des Gegenübers entfernen? Nicht? Lies nach! Wo? Steht aber nicht in der SZ. Vor wenigen Minuten hat ein Filmdrama eben über die Gehörlosigkeit den Hauptpreis abgeräumt. Steht erst morgen in der TAZ. Jetzt bist du dran. „And the Winner is …!“ Einen Typen hast Du gespielt, der seine beiden Töchter zu Tennisfreaks … Achtung! Wortwahl! … intensiv begleitete. Geht das so durch? Ok? Uff! Die FR wird zur Zeit von Wladimir gehackt! Und der Witzdepp hört gerade gar nüscht mehr. Krieg … Sorry Freud! … kriegt der jetzt dafür (Hallo!! Querverbindung!!) deinen Oscar? Was macht eigentlich Lafontaine? Stand er wieder auf dem Balkon? Man hört sein Ziehsohn sei aus den Entenpuscheln inzwischen rausgewachsen.

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Morgen steht das … Tja! Sowas steht inzwischen in der FA(S)Z. Und sie lügen nicht. Es geschah. Genau so. Nach der Kur kehre ich zurück. Wohin?

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Nachtrag: Es gab schon die ein oder die andere Erwiderung auf Anmaßungen, die ich doch lieber in Form eines Backenstreichs …

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Winke – Winke!

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Ein weiterer Morgen in unserer schönen Welt! Wird schon werden! Macht Euch keine Sorgen!

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Haut den Typ durch die Wand! / Sprach so der Präsident? / Honne? / Tatemae?

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Tilsit (Sovetsk) / 31. August 2017

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Ich habe mich immer gefragt, wie schafft es der President elect, nachdem eine Horde von gefährlichen Schwachmaten – etliche Putinesen wie ihr faschistischer Ex – Chef unter ihnen – das Capitol in Washington gestürmt hatte, die Contenance zu wahren. Seine Knie zitterten, sein Gaumensegel begann den Zugriff auf die Sätze zu verlieren, die Augen verschlitzten sich; jedoch: er hielt stand. In Warschau gelang ihm dies bis kurz vor Abpfiff.

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Tyrannenmord? Systemchange? Schön wär’s. Schlagen wir nach bei Büchners König Peter. (aus Leonce und Lena)

Peter. „Wenn ich so laut rede, so weiß ich nicht wer es eigentlich ist, ich oder ein Anderer, das ängstigt mich. Nach langem Besinnen. Ich bin ich. – Was halten Sie davon, Präsident?

Präsident. gravitätisch langsam. „Eure Majestät, vielleicht ist es so, vielleicht ist es aber auch nicht so.“

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Biden spricht – Tatemae – nicht uns aus dem Herzen? Er spricht – Honne – aus seinem Herzen? Die gut beheizten Medien mögen sich jetzt nicht in kollektivem Aufschrei die Fingernägel abkauen. „Huch! Jetzt ist der Putin aber richtig beleidigt!“ Gewiß, man sollte auch dem übelsten Finger in einer Auseinandersetzung noch die (Zweite? Dritte? Hundertzehnte?) Chance gewähren, sein Gesicht zu wahren. Der Zyniker in mir ruft: „Und wenn es auch nur die Totenmaske ist!“ Es wird wohl anders kommen.

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Polen und Ungarn. Ungarn und Polen. Nicht auch noch dieses Kapitel aufschlagen. Bemerkenswert die Anzeigen, welche die ungarische Regierung ganzseitig in den deutschen Printmedien schalten lässt dieser Tage und aufruft für die Flüchtlinge zu spenden. Strange. Ehrenwert aber und deshalb nachvollziehbar: Ungarn hat schon 1 Millionen aufgenommen. Gut. Müssen wir zulegen im Verhältnis zur Bevölkerungszahl. Fehlen noch 8 Millionen. Budapest 2015 hin oder zurück.

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Als ich – siehe die Fotos oben und unten – die Intendantin des Theaters in Sovetsk auf dieses waffenstarrende Mahnmal mitten in der Stadt, den die Kinder als Spielplatz nutzten, ansprach und vor allem auf die im Boden versenkte Tafel: „Beuge Dein Haupt, Hundesohn aus dem Ausland!“, antwortete sie: „Wir sind stolz, aber manchmal schämen wir uns auch!“

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Man spürt sie wieder auf dieser Tage: die legendären Putinversteher. Sie sollen bei den „Linken“ und den diese begleitenden Literaten, Künstlern und Medien beheimatet sein. Wusste gar nicht, daß McDonalds, Gucci, Mercedes, Rolex, Apple, Exxon und Facebook bis vor kurzem noch aus Respekt vor den „Werten“ der untergegangenen CCCP mit Moskau regen Handel trieben.

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Und Ursula „Fast wäre ich Angela geworden“ von der L. ist rechtschaffen empört. „Wir bezahlen doch nicht unseren warmen Pöter mit Rubeln! Wir haben Verträge!“ Da wird mir der Kanzler, der alles schon immer kommen sah (seine Kanzlerschaft, den Krieg, den wiederholten Nichtaufstieg des HSV, die Rückkehr der Kraniche, diesen Frühling, Lauterbachs nächste Warnung und die siebte Scheidung seines alten Chefs Gerhard S.) fast schon sympathisch in seinem hanseatischen Fatalismus. „Was kostet das alles?“

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Und der noch! Las oder hörte ich heute: „Vor allem Arbeiter und Alte haben der SPD im Saarland die absolute Mehrheit beschert!“ Genossen! Es ist noch nicht vorbei. Und Kinners: Dreiundzwanzig Stimmen hättet ihr doch noch irgendwo her ziehen können statt Farbe und Frühlingserwachen. Fragt doch mal nach beim rührigen Botschafter der Ukraine, was der so zur Wahlbeteiligung in unserem Land zu bemerken hätte. Drauf gepfiffen. Hauptsache das Wochenende war chillig. Mit letzter Tankfüllung. Quatsch. Akkuladung. Herr, sende die Kaltfront und Schnee bis in die Niederungen.

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Den Stift in der Hand

An den Zitzen des Erinnerns

Saugen

Das müde Ritual

Saure Milch

Vergießen mögen

Noch nicht mal das

(KN / Anfang März 2022)

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Sovetsk (Tilsit) / 31. August 2017

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Männer / Memmen / Merkel oder das Hohe Lied der Hilflosigkeit singen

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Erfurt / 10. Oktober 2021

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Meine Sicht auf die Welt ist die Sicht auf eine Bühne. Spätestens seit ich als Regisseur arbeite. Arbeitete. Nächste Woche habe ich meinen Termin bei der Rentenversicherung. Es wird ernst. Und es schmerzt. Das ist hier aber nicht ein Thema. Obwohl?

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Jede berufliche Deformation hat Folgen. Die Sicht auf die Bühne als Regisseur fordert von mir den Blick der Zuschauer, der meisten Zuschauer, also der Besserwisser, der Langsameren, der Verwirrten und all der eigentlich Uninteressierten. Für die muß ich hingucken. Wie wirkt das? Wie wirkt was? Also schaue ich auf die Welt, die stets aus tausend Wunden vor sich hin blutet und ich mir pflasterlos hilflos, wie viele, das Maul zerreiße zu diesem Drama und kann doch das Auge nicht abwenden.

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In unserem Land ist in dem aktuellen Drama – Nein liebe Zuschauer! Es ist nicht das erste und einzige jener Dramen, auch wenn der laute Flügelschlag dieser Tage es vermuten lässt! – besetzt in einer sehr großen Rolle Olaf Scholz. Fest hält er sein Textbuch in der Hand und vermeidet es in die Kamera zu blicken. Seine Schultern hängen. Er versucht seiner Stimme Halt und Stütze zu verleihen. Das Publikum wird unruhig. Was für eine Memme! Hat der auch Emotionen? Umbesetzen?

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Zwischenbemerkung 1: Wahrscheinlich einer der Gründe, warum Peter Zadek das Licht im Zuschauerraum während seiner Inszenierungen grell und hell aufdrehte.

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Hinter Olaf Scholz auf dem Bildschirm des Bundestags der Präsident der Ukraine, trainiert in Sachen Bühne, angetan mit einem Kostüm, welches den deutschen Durchschnittsmann aka die MEMME erblassen lässt vor (hormonellem?) Neid und er bläst uns bisherigen Weltmeistern in Sachen MORAL in dieser Causa dermaßen den Marsch, daß sich sogar Meister Kant in Kaliningrad in seinem Grabe umdreht. Mehr Waffen, weniger Tote?

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Zwischenbemerkung 2: Im September 2017 war ich in Kaliningrad zu Gast. Wir besuchten das Grab von Kant. Unsere Übersetzerin bemerkte: „Warum hat Euer Hitler nicht rechtzeitig kapituliert? Dann gäbe es Königsberg noch!“ Darf man an Selenskyj überhaupt noch so eine Frage weiterleiten?

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Ich bin in Sachen Krieg und Leichen bekennender Laie. Ich hatte bei der Bundeswehr ein hervorragendes Schießbuch. Das war es dann. Ich weiß nicht ob Olaf Scholz „gedient“ hat. Ist mir auch wurscht. Er ging nach der Generalabrechnung (Generäle rechnen? Womit? Mit Leichen?) aus Kiew im Bundestag zur Tagesordnung über. Geburtstagswünsche und dergleichen. Friedrich Merz – auch im nicht mehr wehrfähigen Alter – schäumte. Als Manndarsteller. (Zynischer Zwischenruf aus dem dritten Rang ohne Wurf eines Bierdeckels … Sorry! … Bierbechers: „Die Memme hat sich sogar von der Merkel abservieren lassen!“) Wie hätte sich Angela Merkel verhalten? Als Frau und Leitungspersonin zwischen Memmen und selbstermächtigten Männern. Hilflose Frage. Aber sollte doch noch möglich bleiben.

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Zwischenbemerkung 3: Lief mir eben ein alter Kollege über den Weg. Unsere letzte Arbeit war, nennen wir es so, traurig beschattet. Bei unerwarteten Begegnungen vereisen meine sonst geschwätzigen Lippen. Er schleuderte mir – im muskelbetonten Hemd – ein fröhliches: „Christian, ich wünsche Dir einen schönen Frühling!“ entgegen. Spielarten der Hilflosigkeit. Hüben wie drüben.

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Erinnere mich an die ein oder andere Mails aus Zeiten des Wahlkampfes letzten Jahr. Alter weißer Mann an alten weißen Mann: „Also die Baerbock. Eine Frau mit so einer Stimme. Wähle ich nicht. Kann ich nicht!“ Antwort: „Mit!“ Natürlich ist der Diskurs hier unzulässig verkürzt und banalisiert. Aber: Hand aufs Herz?

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Nachtrag: Etliche alte Männer sahen sich natürlich in den letzten Jahren stets auf der richtigen Seite der Geschichte. Die Memmen haben halt die Revolution verkackt. Nein. So würde das keiner ausdrücken wollen. Hilfslosigkeit halt. Die Gegenseite wedelte auch mit ihren Argumenten rum. Der Markt richtet das schon, ihr Karrierememmen! Und dann wird auch noch Boris Becker eventuell verurteilt. War der nicht mal ein Held?

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Nach der Bühne trifft man sich in der Kantine. Nicht weniger hilflos. Aber dafür umso lauter. Wer zahlt den Deckel, der noch am Tresen rumliegt?

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Hatte ich jemals eine Chance?

Das fragte er sie

Bei jener seltsam zufällig

Letzten Begegnung in der S – Bahn

Sie schüttelte leise den Kopf

Ihre Augen vor Zärtlichkeit überquellend

Verstummte dann

Hätte sie nicht nicken müssen?

(Hamburg / 3. Januar 2022)

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Vielleicht können wir ab und zu halt hilflos versuchen zu helfen. Danke!

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