Zwo Null Zwo und Drei / Lieb‘ Welt so reim‘ oder ich fress Dich aufs Neue 19

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Spielhalle in Miedzyzdroje / Polen / früher Misdroy / Deutsches Reich / 5. August 2012

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Öffentlich rechtliche Leoparden (Poem vom Wissen)

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Nun werden sie wohl rollen

Auch verschimmelt innen

Wir reagieren nur

Wer tat den Krieg beginnen

Sonst hätten gar die Polen ohne uns zu fragen

Den Leopard gen Ost getragen

Doch weil wir stets besonnen sind

Und gerne auch verzichten

Ließen wir mitnichten

Uns treiben

Wir bleiben bescheiden

Dafür muß man uns beneiden

Gelle

Und die öffentlich gerechten Augen

Die täglich am selben Mantra saugen

Wussten bevor die Panzerketten wieder

Rollen gen Osten

Das wird viel kosten

Und gerne auch Besonnenheit

Ihrerseits

Diese wiederum keiner sitzen hat

Unter seiner Sprecherkrawatt‘

Man bleibt empört

Und tut verstört

Es rollen Augen

Steile Zeigefinger

Da man immer alles weiß

Weit vor der Zeit

Die eben grad gewendet ward

Zurück wir schalten

Fragt die Alten

Die Studios hell bestrahlt

Wie die Arenen

Kann mal wer die Heizung runterdrehen

Nicht nur an den Thermostaten

Wer wird den Gashahn

Lasst uns raten

Und gegen des Lebens Härten

Gibt’s immer noch: Experten

Hagestolz und Zungenrasseln

Weniger wissen

Stärker meinen

Guten Abend

Und jetzt das Wetter

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Kriegerdenkmal in Sovjetsk / Russland / früher Tilsit / Deutsches Reich / 31. August 2017

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Zwo Null Zwo und Drei / Lieb‘ Welt so reim‘ oder ich fress Dich aufs Neue 18

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Wasserburg / Am Bodensee / 6. Oktober 2022

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Vom Verlieren der Sekunden

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Ach! Eben wär‘ noch jetzt gewesen

Als der Kopf nach hinten dreht

Und von vorn schon wieder

Drängelnd Wind der Zukunft weht

Wovon doch keiner je was weiß

Ach! Nur lauwarm heißer Scheiß!

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War da was

Was war denn da

Schrie ich gestern nicht „HURRAAAH!“

Was darf bleiben statt zu schmachten

Muss man auf ein Gestern achten

Oder besser Schnauze halten

Und die Zukunft dann verwalten

Wo sie doch schon vorüber war

Wenn sie noch ein Morgen werden mag

Es fällt der Reiter und Guten Tag

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Doch wer auf dem Sofa sitzt

Und mit den Biathleten schwitzt

Oder mit Karl Geiger zittert

Der hat es doch schon lang gewittert

Und zur Not auch gleich getwittert

Dass zwischen den Sekunden

Die manchmal Lebensstunden

Ein Tag ist einer Fliege Leben

Was war da noch

Was war da eben

Ich hoffe ich liege nicht daneben

Es gibt sogar noch hundertstel Sekunden

Statt viel zu langer Stunden

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Es wuchsen die Berge aus dem Meer

Die See die sagte rollend „Bitte sehr“

Und schmiss die feisten Wellen

An der Felsen Füße

Sendete nette Grüße und

Hinterließ die Dellen

An ausgewählten Stellen

Und dies nicht in Sekunden

Sondern seit Ewigkeiten

Die die uns noch begleiten

Selbst wenn der Uhren Zeiger

Renitente Schweiger

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Zwo Null Zwo und Drei / Lieb‘ Welt so reim‘ oder ich fress Dich aufs Neue 17

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Gießen / Stadtpark / 24. Januar vor zwei Jahren

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Der minutensammler

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Ich sammelte die stunden

Die vollen und die runden

Die lauten und die stillen

Die eklichen und schrillen

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Jetzt sind es noch minuten

Sollte ich mich sputen

Am End‘ nur noch sekunden

Die ich im schrank gefunden

Als ich ordnung suchte

Fluchte

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Dem alltag abgerungen

Ein leicht stabiles hoch

Doch stets verfehlt der letzte ball

Das lang besungene loch

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Liegt zaudernd auf der rasenkante

Manchmal nur sekunden

Anderntags und böse grinsend

Tut er das für stunden

Fällt rein halt oder nicht

Noch’n gedicht

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Las heute von Stakebein T. Müller, der immer spielt. Solle er. Meint er. Er mutiere derzeit zum Minutensammler, schrieb es. Schöne Wortschöpfung. Der Minutensammler. Daher der Reim. Minuten sammeln abseits der Spielfelder. Stets auf der Flucht. Wenig gefunden. Viel zu viel gesucht.

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Wo ist die Zeit? / Ich steig‘ herab herab

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Unlängst traf ich ein liebes und sehr geschätztes Mitglied der Vereinigten Gießener Kulturrentner auf der Gass‘ und man sprach über dies und das, die neuesten Toten und dass ich ja unlängst hier Herrn Jeff Beck sehr abgefeiert hätte. Wurde selbstredend anders und besser formuliert, aber vielleicht verirrt sich ja auch mal ein junger Mensch in diesen Blog.

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Abfeiern, wie man oben sehen und hören kann, das tun und taten auch gerne andere. Selbst Keef fragt fast schon um Erlaubnis, ob er mitklampfen darf. Ronnie, der offensichtlich den selben Friseur wie Mister Beck hatte – Man verzeihe den Altherrenwitz! – vermittelte. Soweit die Quellenlage.

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Unten der herrlichst klare Song in der Fassung, in dem ich ihn das erste Mal hörte. Live. Mein erstes Konzert. Im Konschtanzer Konzil. Nicht zwischen 1414 und 1418, eher 1972 glaube ich. In den historischen Hallen traten zu der Zeit im Wesentlichen Mäschkerle und Fasnetschwätzer auf. Und man musste auch brav sitzen bleiben während des meinen noch sehr unschuldigen Arsch bewegenden Konzerts. Persönliche Zeitenwende. Die – so wurde sie genannt – Geistin und ich gingen dann getrennt nach Hause. Anderntags warteten Mathe und Chemiearbeit.

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PS: Poste dies selbstredend in der Absicht den Goldenen Schlammbweiser in der Sparte Memorabilia maxima abzusahnen. Habe gehört dieses Jahr wird er am Aschermittwoch vergeben. Oder doch erst an Allerheiligen?

Zwo Null Zwo und Drei / Lieb‘ Welt so reim‘ oder ich fress Dich aufs Neue 16

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Gießen / Stadttheater / 5. April 2014

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Der zwei oder drei Blätter Trudeln

Erinnernd nach unten

Vom Baum hinfort der nicht mehr

Grüßt sagte man damals von der

Anhöhe

Jetzt kniehoch umwuchert ihn Gesträuch

Und Laub des Bodens gesammelt gepresst zu

Zetteln die betteln

Beschreibe sie während der Baum trockenen Fußes

Nur will überstehen

Den nächsten Sommer

Und was folgt

Wird so nicht bleiben

Auch wenn umarmt

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I’m looking in my little black book,
To see if was right or rongwrong,
Between the lines on the tattooed pages my inspiring writing in clense

I’m old before my time
I feel that I’m growing out of this world
But with the world at my ears
I guess is true there’s no tears
No tears

When things get bad
I can always turn in to a cloud
That I’ll drift back home
If the wind will blow
Be there

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Wo ist die Zeit? / David war Goliath / Von den Erinnerungswettbewerben statt der Leiche die Ehre zu erweisen

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Der Beginn dieses Jahres hält etliche Tote bereit. Vor allem für die Mitglieder meiner Alterskohorte. Böse Enkel nennen uns gerne Boomer. Die anderen Bösen nennen uns einfach nur Berufsjugendliche. Und? Ach!

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Hast Du schon gehört? Meine ersten feuchten Träume sturben gestern! Hä? Lollo! Bitte? Hast Du überhaupt noch Feuchtigkeit in Deinem Restleben? Oder Antworten? Genosse? Samstags schlurft es über den Markt. Verzeihung, man schlendert humpelnd und sucht erinnernd ein Sprechen gegen die Einsamkeit. Hast Du schon gehört? Der Davie Cosby. Ach!

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Wenn Du gehst, dann stirbt auch ein Teil von mir. Und der andere Teil bleibt hier. Wer hat das nochmal gesungen? Weiß nicht mehr. Wenn das Ende sich heranschleicht, beginnt man wohl in Schlagertexturen zu denken. Ach!

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Lassen wir sie sterben. Unsere hüftkranken Erinnerungen. Sie tun es eh. Manchmal ist es an der Zeit. Öfters auch zu früh. Dennoch aber: Ach!

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Was ist mühsamer? Zu wissen, dass ein Gegenüber von David Crosby nur gelesen hat? Gestern gar? Oder dass in jedem Printmedium vom „Mann mit dem Walrossbart“ die Erzählpaste kopiert wird? Oder dass selbst Jens Riewa mir tagesaktuell einen von Woodstock erzählen muss? Ach!

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Oben ein Schweigen, welches vor sich her singt. Mitwirkende u.a.: Phil. Jerry. Gregg. Joni. Neil. Elliot. Jack. Graham. Mickey. Bill and Paul und Grace. Die gute alte Vornamenvertraulichkeitsvortäuschung. Die beste Pizza bei meinem Giovanni. Hans macht mein Fahrrad. Ich habe noch Freunde. Ach?

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Unten noch weniger Worte die gesungen. Da war doch wer? Bin ich mir sicher. Heißt es. Reicht doch. Lassen wir die gehen, deren Zeit abgelaufen und verwechseln sie nicht mit … tja … mit was auch immer. Ach!

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Die nächsten Erinnerungswettbewerbe werden wir aber auch noch bestreiten müssen. Die Niederlagen jedoch sind alle mit einkalkuliert. Ach!

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Zwo Null Zwo und Drei / Lieb‘ Welt so reim‘ oder ich fress Dich aufs Neue 15

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Friedhof Preila / Kurische Nehrung / Litauen / 24. Juli 2011

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Der Bote stand auf meiner Schwelle

Und fragte mich in fuchtiger Schnelle

Der wo ich eben aufgeschnellt

Er trat hinein hat nicht geschellt

Der engelsgleiche Überbringer

Hielt in den Händen seltsam‘ Dinger

Schnüre Seile und Pistolen

Ist er der Teufel will mich holen

Er hätte eine Frage lediglich

Ich sprang auf es fiel mein Tisch

Auf dem noch eben Frühstück lag

Nun auf dem Boden was ein Tag

Was Bote ist denn dein Begehr

In Ungeduld die Blase schwer

Gefüllt mit alternden Getränken

Die müsste ich jetzt mal versenken

Ich sprach und fuchtelte herum

Ach Menschenkind du bist nicht dumm

Drum hör‘ auch wenn es dir nicht passt

Es endet bald dein Lebensknast

Gäbe es dir einen Tag

An dem man gerne sterben mag

So nenne ihn und sag weshalb

Und am Spieß dreht sich ein letztes Kalb

Nicht golden aber durchgebraten

Deine Antwort laß mich raten

Und ich schluckte voller Pein

Darf das nicht sagen nein nein nein

Gerne hätte ich die Welt verlassen

Als ungezählte Menschenmassen

Sich kauften Sportlerschuhe weiß

Und diese tragen was ein Scheiß

Tag und Nacht und ohne Scham

Der Herr der Welt die Ästhetik nahm

An diesen Tag wann es begann

Fing vielleicht dein Sterben an

Sprach der Bote flattert fort

Offne Augen schwerer Tort

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(Gießen heute. Nachdem ich, manchmal muß man ja einkaufen, die Einkaufszone durchwanderte und auf die Schuhe meiner Mitbürger achtete. Sogar Herren in meinem Alter latschten – und das in Horden – in weißen Snickern über den Konsumbullewart. Wie sagte ein alter Kollege von mir gerne: Augenkrebs ist der schlimmste Schmerz.)

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Gießen / Ulenspiegel / 3. März 2017

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Zwo Null Zwo und Drei / Lieb‘ Welt so reim‘ oder ich fress Dich aufs Neue 14

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Es raten Ärzte Apotheker

Und viele Menschen – Better – Maker

Zum Optimieren der Systeme

Benutzen heute gerne Meme

Doch dies war nur der Nebensatz

In der Tastaturenhatz

Denn was mein Finger schreiben sollte

Und dies auch eigentlich noch wollte

Ist falls dich zwickt ein klein Malör

Natürlich hilft da auch Likör

Es gibt der Hilfen etliche

Zuckersüße Fettliche

Doch so dient man der Gesundheit nicht

Ja ja der nächste Reim Verzicht

Wozu man aber raten kann

Ein neues Lied von Zimmermann

Hinfort mit allen Pillen

Goooooood Morning Meister Dylan

Es dunkelt zwar ist fast schon finster

Drei Monat‘ noch dann blüht der Ginster

Drum sei bemerkt an dieser Stelle

Das obig‘ Lied erzeuget Helle

Gedankt sei noch Herrn Wilhelm Busch

Den Stecker raus und Tusch

Alaaf und Horrido

Depressiv und Lebensfroh

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Wo ist die Zeit? / Jeff Beck war besser

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Die Gitarrenvergöttlichten. Irgendwie lief Jeff Beck da gerne unter dem Radar rum. Warum nur? Da es die nächsten Tage weiter regnen werden soll und die Wasserstände ordentlich steigen werden, hat man ja Zeit und bleibt besser in der dann doch gut beheizten Wohnung. Zumindest der Rentner in mir. Obwohl der gerne fröstelt. Hören wir ein erstes Lieblingsalbum. Oben.

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Und dann das noch. Von Kölle zurück nach Konstanz. Eine lange Zeit lang dort in Dauerschleife genossen. Jenes unten. Und wer will: Miami Vice.

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