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Der Winterteich
Unterm Eis wartet ein Fisch
Der Frühling noch fern
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Ein Reiher fliegt auf
An den Ästen funkelt Schnee
Hart bleibt der Winter
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Die Frösche schweigen
Unterm Eis keine Lieder
Meine Füße still
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Texte. Vergessen, wiedergefunden, wiedergekäut. Neues aber auch. Autor: Christian Lugerth
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Der Winterteich
Unterm Eis wartet ein Fisch
Der Frühling noch fern
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Ein Reiher fliegt auf
An den Ästen funkelt Schnee
Hart bleibt der Winter
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Die Frösche schweigen
Unterm Eis keine Lieder
Meine Füße still
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… ein Blick zum Himmel und in den Kopf / zwei
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Seit einer Woche jeden Sonntag ein Blick in den Himmel im Kopf. Stelle mir vor, ich begebe mich in den Winterschlaf wie ein Bär. Erwache erst, wenn der ganze Mist vorüber. Träume mich durch alte Lieder. Ab und an hebe ich ein Augenlid, blicke in den Himmel und schaue nach, ob es sich lohnt, mich wieder zu bewegen. Jeden Sonntag. Seit einer Woche.
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ich hatte gestern
gestern hatte ich dieses gefühl
hatte es gehabt
wie man sagt
läßt sich nicht dran rütteln
das gefühl hatte ich ging nicht weg
weg ging das nicht
das gefühl schieb den himmel
schieb einfach den himmel zur seite
wenn deine freunde
deine freunde denken tu es nicht nein
nein wenn sie dann denken
deine freunde vielleicht
tu es doch tu es einfach schieb den himmel
schieb einfach den himmel zur seite
und ich denke daß ich fühle
ich fühle daß ich denke weshalb bin ich
bis hierher ist das alles weshalb ich hier bin
wenn du alles hast und nichts mehr
nichts mehr willst du
dann mach weiter schieb den himmel
schieb einfach den himmel zur seite
manche sagen es ist nur
es ist nur rock’n’roll
ist es nur sagen sie aber dort wohnt
wohnt dort schmerz dann
wieder und wieder schieb den himmel
schieb einfach den himmel zur seite
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oder
„Dem Ochs‘ ins Horn gepetzt“
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Fünfzigtausende Tote nun und sie verkommen zur Randnotiz, die Verstorbenen, Erstickten, ihrer letzten freien Atemzüge Beraubten. Erschreckende Gewöhnungsmuster, Verdrängungsmechanismen. Unsere Gesellschaft findet keine Form um Trauer zu bekunden. Oder ist es der Unwillen? Die eigene Vergänglichkeit? Oh Ängste. Innehalten kurz nur, zeigen, daß man nicht komplett taub, blind und verstummt ist im eigenen Sumpf. Ein Minütchen nur wie Joe Biden in seiner Einführungsrede. Kopf senken, Hände falten, Maschine stop.
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By the way: in den USA starben bis heute mehr Menschen am Virus – iss ja nur ’ne Grippeart – als im gesamten zweiten Weltkrieg. Der dauerte für die Amis ab Pearl Harbour etwa dreieinhalb Jahre. Grundrechenarten! Dig it!
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Hier ein sehr lesenswerter Artikel meines Freundes Götz Eisenberg zur momentanen Verfasstheit unseres Landes. „Dem Ochs‘ ins Horn gepetzt.“ Teile den Pessimismus dieser Worte nicht bis ins letzte Komma, aber die Stoßrichtung ist mehr als richtig.
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Gemüdet von der ewigen Schönheit
Dem göttlichen Gleichmaß der Landschaft
Zu unseren Füßen erschöpft
Saßen wir auf jener Bank manchen Sonntag
Zu viert fünft oder mehr ich weiß es nicht
Überreif austrainiert bereit für die Welt
Unten stehen die reichen Auen unser Auenland geschaffen
So die Einheimischen
Geschaffen vom Herrn am letzten Arbeitstag Sonnabends
Noch ein Kleinod auf die Erde gezaubert sich zurückgelehnt
Und höchst zufrieden sprach ER
„Etzet Höri uff!“ Oh Hybris der Ureinwohner selbst der Schöpfer
Sei Badener während
Otto Dix dort unten stand
Bis zum Bauch im Weizen und wird zitiert
„Zum Kotzen schön!“ vertrieben aus Berlin von den Mördern
Der Älteste von uns drängte zum Aufbruch
„Was für ein fürchterliches Idyll! Hier muß man weg.“
Sagte er „Will man nicht selbst zu einer Bank werden, nur noch glotzend.“
Fügte er hinzu
„Ach, so schmerzhaft auch immer es ist.“
Keine Bagatelle zu gehen und
Das Herz mitzunehmen
Ganz oder bleiben
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PS: Diesen Ort fand ich wieder ohne zu irren im letzten Sommer. Vor Jahren hatte ich meiner Frau diesen wesentlichen Bestandteil „meiner Legende vom See“ gezeigt. Damals stand noch die „alte Bank“, der Blick hinab aber war zugewuchert. Nun eine neue, designte Bank und die grandiose Aussicht wieder freigesägt. Schon schön hier.
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Wir krochen durch das Unterholz Sterne in den Augen wegloses Gestrüpp Baumstämme kreuz quer aufwärts altes Holz Der Graf ein Öko vor seiner Zeit und Besitzer des Waldes ließ liegen wuchern verfaulen Neues wuchs aus dem alten Moder Ein Urwald nicht weit entfernt von der Grenzstadt Jener Das – gehört – sich – aber – nicht – Stadt stets bereit jede Bagatelle aufzublasen zu Untaten Hier atmete man freier und wir standen unvermutet am jähen Abgrund erfasst ergriffen fast Ein weiter Blick hinüber nach Nußdorf Sipplingen Auf der Höhe Hof Haldengut Zu unseren Füßen rutschender Hang und der lange schmale Finger des Sees der sich in den Bodanrück bohrte gletschergeschürft
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Dies sei nun unser Britisch Kolumbien sprach der Freund der Wald seiner Lieder und ich sprach vom Vater dem Entfleuchten wie er nachdem der Krieg ihn ausgespuckt hatte in kanadischen Wäldern Holz geschlagen hatte mit Indianern echten die nicht zwischen unseren einst geliebten Buchdeckeln hausten und sich vom Weißen Mann das Fell über die Ohren ziehen ließen dies jedoch verkauften als Kampf für den Frieden zwischen allen Menschen Nein die alten Besitzer der kanadischen Wälder blickten fest und selbstbewußt in die Kamera auf den verwaschenen Schwarzweißbildern die der einstige Holzfäller hinterlassen hatte Bildete ich mir ein zumindest Das Sehnsuchtsland über dem Ozean und kipplig am Abgrund die Zehenspitzen über der Abbruchkante schwiegen wir schneller atmend
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Wir wußten nicht daß wir ein zwei Jahre darauf Ti Jean und Neal hinterher träumend den Kontinent queren würden Easy does it einmal West und zurück und wieder West ich und stand im Stanley Park unter den Totem Poles blickte auf den pazifischen Ozean sah Vancouver Island setzte über Davon wußten wir nichts vor diesem diesem jähen Abgrund Erwachsen werden
Sich fallen lassen oder
Fliegen
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PS: Später teilten wir, mein Freund und ich, diesen Ort mit etlichen anderen. Der engere Kreis weitete sich. Die Freundinnen alle dazu. Die kollektiven Räusche wurden von mal zu mal lauter und vertrieben die Magie. Letzten Sommer versuchte ich nach Jahren diesen Ort wiederzufinden. Ich irrte umher und war mir nicht mehr sicher. Wahrscheinlich lag es auch daran, daß man dort inzwischen mit schwerem Gerät einen breiten Weg durch das Unterholz geschoben hatte, entlang des Abgrundes. Der Blick aber war derselbe noch. Die Magie ein Echo.
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Erleichtert singt der Meister ein Lied für den Neuen. Und die Frau. Get well!
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Depressionen schon lange habe er
Man entdeckte ihn am Sonntagmorgen Montags es
Stand in der Lokalzeitung lange schon
Gelitten habe er an diesen
Wovon ich
Nichts wußte was sie jetzt lasen
Nicht kannte das Wort
Das lasen die Nachbarn Lehrer der Mann im Kiosk
Die Bäckersfrau die Eltern der
Klassenkameraden sie schauten mich an wie ich
Zur Türe des Klassenzimmers hinein
Wacklig ein rohes Ei Schweigen schlagartig
Eine Woche danach
Die Gnadenfrist vor der Rückkehr
In den Trott weiter
Sprach der Klassenlehrer vor
Der Klasse der schweigenden weiter
Und weiter gehe das Leben
Legte seine Hand auf meine Schulter ohne mich
Zu berühren das rohe Ei
Und ich beschloß mich hart zu kochen
Fünfzehnminutenhärte das mindeste
Der Schmerz zur Bagatelle werde und
Zum Irrendoktor ich nie
Klang nach die Zornesstimme
Des Verschwundenen Vermächtnis
Viele Jahre
Tränenloser Wut
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Sein letzter Blick glitt über
Die Tennisplätze vielleicht hinunter
Zum See an diesem Morgen dunkel noch Schnee
Hing in der Luft wie nun er und
Man kam nicht umhin
Ihn zu finden den Hauptdarsteller
In der böse verzweifelten
Inszenierung seiner selbst
In jenem noch jungen Jahr
Da sie gelb wurden
Die Tennisbälle
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Dreissig Jahre zuvor fast ein Kind noch
Mußte er schießen auf andere Kinder tat er es
Er sprach nie darüber je
Doch sein Leben hing soviel verstand ich
Am Faden nur damals und heute
Das Übersehen der Bügeleisenschnur
Ist lediglich eine Bagatelle in diesem Stück
Das Gummiseil Erinnerung schnellt zurück
Wieder und wieder Bungee Jumping
Bis es ausgebaumelt die Fingerspitzen so sehr
Du sie streckst reckst
Den Boden Bodensatz berührst Du nie
Wund bleiben die spärlichen
Bilder
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„Denn Verse sind nicht, wie die Leute meinen Gefühle (die hat man früh genug), – es sind Erfahrungen. Um eines Verses willen muß man viele Städte sehen, Menschen und Dinge, man muß die Tiere kennen, man muß fühlen, wie die Vögel fliegen, und die Gebärde, mit welcher die kleinen Blumen sich auftun am Morgen. Man muß zurückdenken können an Wege in unbekannten Gegenden, an unerwartete Begegnungen und an Abschiede, die man lange kommen sah, – an Kindheitstage, die noch unaufgeklärt sind, an die Eltern, die man kränken mußte, wenn sie einem eine Freude brachten, und man begriff sie nicht… Und es genügt auch noch nicht, daß man Erinnerungen hat. Man muß sie vergessen können, wenn es viele sind, und man muß die große Geduld haben, zu warten, daß sie wiederkommen. Denn die Erinnerungen selbst sind es noch nicht.“
(Franz Fühmann)
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… ein Blick zum Himmel und in den Kopf / eins
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Ab heute jeden Sonntag ein Blick in den Himmel im Kopf. Stelle mir vor, ich begebe mich in den Winterschlaf wie ein Bär. Erwache erst, wenn der ganze Mist vorüber. Träume mich durch alte Lieder. Ab und an hebe ich ein Augenlid, blicke in den Himmel und schaue nach, ob es sich lohnt, mich wieder zu bewegen. Jeden Sonntag. Ab heute.
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ich hatte gestern
heute nacht schon wieder
wieder hatte ich heute nacht
geträumt
ja
ja gewiß aber
es ist kalt in mir
geworden ist es
kalt
und ich dachte obwohl das nicht geht
denke denke mal warum im traum doch
denken geht nicht wenn man schläft
wenn man schläft ist es anders
blitze lichter pfeile
gewitter im hirn dem ruhesuchenden gehirn und die muskeln
die muskeln vibrieren auch
obwohl sie ruhen aber
die blitze lichter pfeile bleiben sie
und ich blieb wach
obwohl ich nicht geschlafen hatte
und dann war der frühling da
da war er doch der frühling und ich
ich war auch da
da war ich noch im traum
aber auch der frühling
der war schon wach war der und da
der frühling im traum
und dieser lenz der kalte jetzt plötzlich
plötzlich so kalt der lenz
gewiß
und sonst
so viele träume im körper und
im kopf träume und luft
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