Von Mäusedreck und Koriander, dem Überdruß an der Überlegenheit und dem Scheitern der faulen Vorhäute

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Heute Nacht glotzte ich in die Glotze. Konsterniert. Stundenlang. Zwanzig Jahre lang dachte ich immer am Hindukusch wird eben nicht unser aller Freiheit verteidigt, sondern dort wird sie auf dem Altar unser aller Selbstgerechtigkeit und wegen des Rachebedürfnisses unserer transatlantischen Väter und Befreier geopfert. Verzweifelte Menschen hängen an den Rädern eines Düsenjets und fallen wie Spatzenkot auf die Landebahn. Es ist Wahlkampf. Oder doch nicht? Irgendwann schlafe ich ein.

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Dann muß ich erwachen. Ist auch besser so. Helter Skelter. Sollte Bob Dylan gar ein Kinderficker sein? Brauchen wir wieder Mauern? Beton meterhoch? Ich sehe täglich zu wie die Mauern in den Köpfen gebaut werden so hoch wie nie seit September 1939. Auf allen Seiten. Bei allen Beteiligten. Die Handflächen der Selbstgerechten sind verhornhautet vom täglichen Rubbeln. Fassungslosigkeit wird zu einer Art Metronom meines Alltags. Tic Tac Toe. Leider äußert man sich dieser Tage gerne komplett humorfrei und ironielos. Verächtlichkeit ist der gesellschaftlich allseits akzeptierte Sound. Lechts wie rinks. Mein Gott, wie müde und seiner selbst überdrüssig ist dieses Land. Als sehnte man die nächste Flut herbei, um sich wieder zu spüren als ein tätiges und lebendiges Wesen. Das Aufräumen haben wir ja gelernt. Nach den großen Niederlagen. Die sind nun leider wieder Alltag.

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Manche hatten mal gehofft Ost und West könnten sich gegenseitig befruchten. Hüben wie drüben. Fragen wir den ewigen Geheimrat.

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Keinen Reimer wird man finden,

Der sich nicht den besten hielte,

Keinen Fiedler, der nicht lieber

Eigne Melodien spielte.

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Und ich konnte sie nicht tadeln;

Wenn wir andern Ehre geben,

Müssen wir uns selbst entadeln;

Lebt man denn, wenn andre leben?

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Und so fand ich’s denn auch juste

In gewissen Antichambern,

Wo man nicht zu sondern wußte

Mäusedreck von Koriandern.

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Das Gewesne wollte hassen

Solche rüstige neue Besen,

Diese dann nicht gelten lassen,

Was sonst Besen war gewesen.

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Und wo sich die Völker trennen

Gegenseitig im Verachten,

Keins von beiden wird bekennen,

Daß sie nach demselben trachten.

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Und das grobe Selbstempfinden

Haben Leute hart gescholten,

Die am wenigsten verwinden,

Wenn die andern was gegolten.

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(aus dem „Buch des Unmuts“ im „West – östlichen Divan“)

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PS: Für obiges Bildchen des Goethehäuschen zu Weimar gilt es der liebsten Gattin zu danken. Wann war das nochmal? Glaube 2008 oder so.

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