Oh, it’s a long, long while / From May to December / But the days grow short / When you reach September / 05

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Kreta / Blick auf den Komos Beach / Matala oder Pitsidia / September 2009

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Ich bin der Dreck unter deinen Walzen

Ich bin dein geheimer Schmutz

Und verlorenes Metallgeld

(Metallgeld)

Ich bin deine Ritze

Ich bin deine Ritze und Schlitze

Ich bin alle Tage und Nächte

Ich bin alle Tage und Nächte

Ich bin hier (Aye-ah!)

Und do bist mein Sofa

Ich bin hier (Aye-ah!)

Und do bist mein Sofa

Ich bin hier (Aye-ah!)

Und do bist mein Sofa

Yeah-ha-ha-ay

Yah-ha

Yeah, my Sofa

Yeah-ha-hey

(FZ / Sofa No 2)

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Hä Lugerth, was hat denn das wieder mit dem September zu tun? Ganz einfach: die gute alte Ambivalenz dieses Monats, von der ich oben schon schrieb. Mein Eindruck dieser Tage, da liegt ein Land (Ja! Verallgemeinerung! Güldet aber!) trotzig, aggressiv und eingepennt auf dem Sofa, der reuige Finger aber huscht über die Bedieneroberflächen und fordert Aufbruch, Veränderung, ein mutiges Vorwärtsstürmen und Tore auch gegen höherklassige Gegner. Ja wie denn? Soll dann der Zeitgeist dich auf deinem Sofa gen Utopia tragen, während du dabei noch eine Lieferpizza abnagst? Oder wie Olaf der ehemalige Eisbär und nun Pirat Jakob Sperling fordert: Ein Pakt müsse her und wir dann alle moderner, sicherer und – mit drei bis siebenundzwanzig Ausrufezeichen – SCHNELLER! Vorwärts und rückwärts gleichzeitig, statt gebremst gescheiter? Weiter! Heiter! Immer blöder? So wie die Stones, die gestern, ja ich habe global vernetzt geguckt, in einem altvorderen hübschen Theater einen komplett belanglosen neuen Song vorstellen? Peinlichkeitsvideo: Blondine räkelt sich und fährt ihre Peaches durch LA? Oh wie traurig! Lassen die alten Säcke ihre Songs jetzt von der KI erstellen? Auf’m Sofa? Dennoch: Sofa ist cool. Ein meanwhile nicht mehr geschätztes Sitzmobiliar. Hä? Was redest Du? Besuche die üblichen Start – Up – Pages. Da hängen sie in den Polstern und ruinieren ihre Bandscheiben. Wurscht! Rückgrat wird eh überschätzt. Eat the Rich. Iss auch besser so!

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Dann las ich noch eben, Venedig möge demnächst Eintritt verlangen. Erinnerte mich an meine Onkels in der DDR. Eigentlich an alle, aber einer von ihnen war ein ganz besonders fanatischer Postkartensammler. Kurz nach der Wende besuchte ich ihn am Müggelsee und wir wühlten uns durch seine Karteikisten und er erzählte von seinen Reisen, die er Bilder betrachtend, einst antrat hinter den Mauern. Manche fehlende Postkarte hatte gewiß ein eifersüchtiger Zöllner einkassiert. Und so aber mitträumte. Nachts. Im Kopp. Zwei verfeindete Mannen mit vereinten CO2 – Fußabdrücken. Man kann die Welt auch per DIERCKE – WELTATLAS erfahren. Hier wird der Zeigefinger mal sinnstiftend eingesetzt.

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Geht das? Etwas verändern auf dem Sofa liegend? Vielleicht. Manchmal mag dazu eine Melodie ausreichen, die man nur erahnt. Man spart sich etliche Worte. Bleibt auch vorwurfsfreier, denn auf ihren Inseln träumen die Trottellummen alle davon Brüder und Schwestern zu werden. In der Hoffnung doch ein Anderes zu sein. Den täglichen Stürmen ist das aber wurscht! Uff! Ich habe mich wiederholt! Passiert! Dann singen wir nochmals das gleiche Lied. Aber selbstredend anders. Aber wie einst!

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Oh, it’s a long, long while / From May to December / But the days grow short / When you reach September / 04

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Sovetsk / Oblast Kaliningrad / Foyer plus Rezeption im Hotel Rossija / September 2017

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Tja wie war’s den damals so? Gewiß erinnert sich ein ehemaliges Gegenüber präziser an dein Tun, als du dazu in der Lage bist. Auch wenn du es noch so penetrant wiederholst. Das „So war es aber!“ Aiwangern nennt man es seit diesem September, der zwar so heißt, aber mag nun mancher rufen, der gar nicht mehr ein solchiger sei. Erst brennt Griechenland ab und jetzt ersäuft es. In Gießen brettern Autofahrer stinkefingrig über die bis gestern noch Fahrradstraßen. Sie haben ja jetzt RECHT! Diskutiert man mit einem Juristen über das „Nun sein Recht gekriegt haben“, stolpert man gerne mal über einen absurden Dogmatismus. Recht sei eben Recht. Der Faktor Fehlbarkeit aka Homo vermeintlich sapiens wird außer Acht gelassen. Als wäre man damals auf dem Sinai bei der Übergabe der Gesetzestafeln eigenhändig dabei gewesen. Ich bin ein großer Freund der Verwirrungen und Unsicherheiten, gestehe aber daß dieser September etwas zur Übertreibung neigt. Da isser wieder, der SOSOSOMEHRMEERHER, jubelt es vor sich hin. Wieder eine halbe Seite Zeitung sinnfrei gefüllt. Ambivalenzen in allen Ehren, aber wenn die beiden Pole an denen gezogen und gezuppelt wird, immer weiter auseinander liegen, wird es mal wehtun. Man Vater trainierte seine Muskeln gerne mit einem Expander (Triggerwarnung: Nazisportgerät!) und einmal war eine der geringelten Federn arg morsch und das Ding flog ihn um die Ohren. Das tut weh. Zuviel Spannung. Wo früher wir doch sangen, in der Gefahr und in der Not brächte der Mittelweg den Tod. Weit gefehlt. Erkennt man spät. Gemüse aber jubelt über späte Hitze und treibt den Gärtner vor sich her. Wer soll die Monster verwursten?

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Septemberblues bleibt gerne mal länger. Man muß den Schwarzen Hund fest an der Leine führen. Oder den Fernseher aus dem Fenster schmeißen. Ein alter, etwas durchgeknallter Freund von mir tat dies einst in Freiburg. Die BRD hatte, was damals nie vorkam (Vivat die Erinnerung!), ein Fußballspiel verloren. Fliegt jetzt Flickens Hansi mit? Mein Vater warf bei Gegentoren lediglich seinen Schlappen in Richtung Glotze. Facetten des jähen Zornes. Danach ein Bier trinken geh’n. Ist leider ausgestorben. Fast.

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Doppelgänger? Wladi trifft Kimmi zum lustigen Raketentausch. Die Eingangstore in das Reich der Vergangenheit leuchten manchmal verführerisch. Es ist eine Chimäre. Siehe obiges Bild. Mancher Depp ist sich für nichts zu schade. Wir checkten damals ein – Kulturaustausch – und schmunzelten. Vor der altvorderen Arroganz ist keiner gefeit. So mag man sich täuschen wollen. Als ein alter Linksverteidiger damals noch, die dieser Tage sich zu RECHTsverteidigern umgeschulen lassen werden wollen. Und so schwöre ich dem verehrten Beckett ab: Kokettes Scheitern ist einfach nur Scheiße. Und der Sand läuft zu schnell durch das Stundenglas. Noch nicht, Hilde. Aber gleich. Oder irgendwann. Noch sind wir hier. So isses, Frau Knef.

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Oh, it’s a long, long while / From May to December / But the days grow short / When you reach September / 03

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Hellas / Kreta / Auf dem Markt in Mires / Mein damaliges Moped / September 2009

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Der Songtext ist schuld. Mai bis September. Wird gesungen. Mai oh Mai. Alles neu und also heraus zum ersten Mai. Es lebe das Ritual. Hoffnung. Man versammelt sich auf manchmal schlechter beheizten Plätzen. Entgeltfreie Solidarität wird beschworen, besungen, versichert. Bratwürste versinken im Bier. Auf die alte Lederjacke tropft Mayonnaise und spätestens im Oktober feiern wir dann eine Revolution. Oder wenigstens eine Revolte. Rot glüht die Nase in Zuversicht und Alkohol. Oder auch nur ein Geburtstag wird begangen. Ruft die Waage in mir, die den Zaren nicht erschossen hätte, um neue Zaren zu züchten. Doch der September, der gerne noch nach vorne blickt, aber gelegentlich dann schon mal zurück, grinst sich einen. Im nächsten Mond, ihr Großmäulchen des Monats Mai, im etwas ehrlicheren Monat Oktober werden wir den sich anbahnenden Untergang besingen müssen. Oder dürfen? Ein herannahender Winter der irrenden Herzen, böser Nebenkostenabrechnungen und noch böserer Badetemperaturen ist nicht zu beklagen, sondern schlicht eine Tatsache. Utopia gab es nie, oh Wolfsmensch unter den Wölfen, die man nun wieder abschießen soll. Es jubeln die Schafe. Wer aber entdeckt nun denn mal endlich Atlantis? Das Versunkene, welches vor dem eigenen Versinken bewahren mag? Gab es jemals eine Revolution im Interesse einer Hoffnung? Jenseits der Eitelkeit? Und wo liegt das Wrack rum, an dem man rumschraubt in der irren Hoffnung das Ding noch mal an die Oberfläche zu hieven? Ist es am Ende dann nur Leonardo di Caprio, den man aus den Fluten zieht? Die Kopie der Kopie der Kopie? Kate Winslet hat sich wahrscheinlich längst vom Acker gemacht. Frauen können besser schwimmen. Jene, welche damals am schnellsten nach vorne rannten, heulen heute am lautesten auf, wenn die Nachgeborenen mit dem Schwert Veränderung – und sei diese auch noch so sinnfrei – herumfuchteln. Fragt Sokrates oder den Mann in der Tonne. Heute wieder Sonne. Und der Herbst nur meteorologisch. Doch der September tut so, als sei der Tod nur eine Option. Wenn man sich konzentriert und gelassen weiter atmet, rausche er an dir vorbei. Charon wird so arbeitslos. Denkste Puppe! Trotzdem schön dieser Balanceakt zwischen Verweigerung der Realitäten und den panischen Wadenkrämpfen.

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Wenige Tage im Kalenderjahr an denen so viel gelogen wird wie am Mai dem Ersten. Natürlich gut gemeint. Geboren werden Jahre gerne am ersten Januar. Die Vorsätze da? Weia! Man mag den ersten Mai so fast entschulden. Demnächst zu den Vorsätzen und den damit verheirateten Mülltonnen.

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Und eine kleine Alltagsbeobachtung. Selbstredend darf man diese Nasen niemals wählen. Aber der bis jetzt einzig zündende Spruch auf den Wahlplakaten allenthalben ist: Realisten wählen … Dings. Wie erobert man sich seine Realität zurück? Gewiß nicht mit altvorderen Reflexen. Uff!

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Oh, it’s a long, long while / From May to December / But the days grow short / When you reach September / 02

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Kiel / Förde / Vom Schwedenkai blickend zum Norwegenkai / September 2019

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Der September, ein Alter ist er noch nicht, auch nicht mehr jung, kann aber immer wieder noch sehr jung tun oder sich sehr alt fühlen. Heute macht er wieder einen auf August und protzt mit Wärme rum. Es gibt diese Tage da riecht das Laub schon modrig und man mag an einer Ecke den Sensenmann stehen sehen. Morgen dann wieder? Nach kühlem Morgen und Schal Hoffnungshitze. Andere wagen es da nochmal Rosenkohl zu pflanzen. Kürbisse liegen rum und ich weiß stets nicht, wann ist denn nun der rechte Zeitpunkt das Erntemesser zu zücken. Die Kickerei beginnt und nach dem dritten Spieltag hageln schon wieder Prognosen vom Himmel. Wer in den letzten Tagen des Monats Mai Silberteller in den Konfettihimmel recken darf, hechelt man schon wieder hektisch vorraussagend in die dünne Spekulierluft. Mal so. Dann so. Ist der September ein April demnach, der gestern stürmte und heute verbrennt? Nein, ist er nicht. Denn ihm folgt kein sich mit großmäuligen, noch nie eingelösten Versprechen brüstender erster Mai. Davon als Nächstes mehr. Eher ein nachdenklicherer Oktober, welcher Blätter färbt und sich dem jungen Weine widmet. Den älteren aber nicht vernachlässigt. Wobei auch hier die Wetterkapriolen manch alte Erzählung sich in heiße Luft auflösen lassen. Der Septemberblick in den Spiegel bemerkt eigene und fremde Falten, akzeptiert die Lesebrille und den langsam sich immer mehr zerstückelnden Nachtschlaf, aber er ist noch in der Lage das Ganze einfach zu leugnen. Was ich nicht sehen will, habe ich nicht gesehen. Seltsamerweise finden im September oft Wahlkämpfe statt, gefüttert von der absurden Vorstellung, bald werde oder könne sich etwas ändern. Der September schmunzelt und stiefelt gelassen und ambivalent auf ein Jahresende zu. Soll er. Und man erntet schon fast die Reste. Wer aber seit Mai einen möglichen Sommer verpennt, muß zu Aldi. Frische und Liebe gibt’s auch eingeschweißt. Aber dafür wird’s dann richtig richtig billig.

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Ich werde, Prognose hin und her, und dies nicht nur bei der Kickerei, weiterhin das Unmögliche erhoffen. Forza die Eisernen. Und zur Not FC Aspirin. Und ein Haus, welches im September noch steht, stehen lassen.

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Oh, it’s a long, long while / From May to December / But the days grow short / When you reach September / 01

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Vathy / Ithaka / 6. Juni 2023

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Ich freue mich Jahr für Jahr auf den September. Das Ende der – war mal gelassener – Hysterie namens: der Sommer. Als sei ein Leben nur in Flip – Flops und kurzen Hosen zu ertragen. Vielleicht ist es das Alter, welches die überdrehte Hitze so nicht mehr mögen will. Ich mag es, wenn es regnet. Wenn es milder wird. Zwischen mir und der Welt. Wenn die Menschen auch mal in ihren Zimmern bleiben und ein einsamer Spaziergänger leuchtende Fenster betrachten mag. Und raten will, was dahinter passiert. Schwarz oder weiß. Traurig oder froh. Der September lässt die abgestorbenen Blätter noch einzeln auf die Erde rieseln. Als Bub in Baden – Württemberg begann für mich das neue Schuljahr stets nach dem ersten Septemberwochenende. Ein letztes Bad im Bodensee und nach Hause geschlurft über das frühe Laub. Traurigfroh. Ich freute mich auf die nächsten Buchstaben. Auf die Zahlen weniger und die Reagenzgläser kaum. Das Licht machte sich rarer und in Dämmerung oder gar Dunkelheit zur Schule zu radeln fand ich immer abenteuerlich. Nun, sagen viele, würden die Tage kürzer. Als gehöre die Nacht nicht zu einem Tag. Auch ein Septembertag stellt 24 Stunden Lebenszeit zur Verfügung. Man nähert sich der Tagundnachtgleiche. Entspricht meiner Sichtweise auf’s Leben. Unoptimiert, jenseits allen garantierten Glückes. Nichtsdestotrotz oben ein Bildchen vom Sommerbeginn dieses Jahres, der eigentlich ein Frühlingsende noch war. Wahrscheinlich muß ich mir ein Land suchen, welches zweimal den Frühling und zweimal den Herbst zu bieten hat. Oder ist das die Reise in die Vergangenheit? Oder die Sehnsucht dem Land der Extreme und Zuspitzungen zu entfliehen? Dem Land in dem die Klagen und das Klagen regieren und Gespräche vor sich hindümpeln in beliebigen Beleidigtkeiten?

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Möchte mich in aller Form bei den Herren Mahler und Budnikowski für die kompetente Sommervertretung bedanken. Und der Liebsten für die Photos hier. Nun das Lied zum Monat. Wie viele Varianten zu entdecken wären?

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Jo, iss denn scho wied’r Spielzeitpaus …

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Bar „Zum mol einscht ausgestiegenem Freak*inle“ / Sarakiniko / Ithaka / 6. Juni 2023

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… wie das früher halt so war? Jetzt ist nun mal Rente. Alte Rituale bleiben aber. So hier, wurde eben entschieden, bis zum Ende der Bühnenlosigkeit, die bei mir schon länger anhält, ein therapeutischer Labberstop, der gut tue.

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Sah gestern, verstrohwitwert, eine sehr gute Dokumentation aus dem Jahre 2012 über die Rolling Stones. „Crossfire Hurricane“. Ein paar schöne Zitate aufgeschnappt. Rückwartsblickend und vorwärtsgeschaut.

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„Es gibt einen Riesenunterschied zwischen Schauspielerei und es wirklich zu genießen!“ (Mick Jagger)

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„Laß Dir eine gute Story nicht von der Wahrheit kaputt machen!“ (Keith Richards)

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„Wir können keine zweite Platte mit Coverversionen rausbringen. So geht es nicht weiter.“ (Brian Jones)

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„Man kann sich an das Gefühl unverwundbar zu sein gewöhnen. Vor allem wenn man es nicht ist!“ (Bill Wyman)

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„Wir machen Musik!“ (Charlie Watts)

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Wo die alten Seelenverkäufer mit den Namen einer Geliebten getauft wurden, kannst du auch mal einen (hoffentlich) verregneten Sommer verbringen. Zu Hause. Millionen Meilen entfernt von dir. Bis September übernehmen die Genossen mit Hinterm Hof ist Reimen vor Ort. Oder so.

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Löwen zu Wildsauen oder an den Rändern der Dorfstrasse wird applaudiert

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Istanbul / 27. März 2012

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Des Schauens müde

Die Fernbedienung im Schoß

Gibt das Blutdruckmessgerät keine Entwarnung

Irrlichternd den Trichter Neu Neu Neu ausgesaugt

Tik Track und Tok fieselschweifen arbeitsscheu vor sich hin

Und auf dem etwas zu hartem Sofa

Hyggeliger Stupor

Werden die Kissen befeuchtet

Mit der Traurigkeit des Überflusses

Unter dem Balkon die Wut schwappt höher

Der Westen ist am besten

Der Osten tut nur kosten

Brillenputztücher momentan ausverkauft

Die Welt steht Schlange

In der Berggasse

Slomkaesk

Freud Euch

Nicht zu spät

Hilfe

Schwarz die Wasser im Pool

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Der Löwe ist los / Die Ratten verlassen das sinkende Schiff / Kleine Fluchten

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Die Fähre verlassen in Klaipeda / Litauen / 21. Jui 2011

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Nichts gegen Absurdistan. Nichts gegen die notwendige Lautstärke in der ein oder anderen Auseinandersetzung. Nichts gegen alle Spielarten der Verzweiflung oder Hilflosigkeit. Nichts gegen eine rückwärtsgewandte Definition bisherigen Lebens oder Nichtlebens. Nichts gegen Manien körperlicher oder geistiger Spielart. Nichts gegen Obsessionen. Nichts gegen Süchte. Nichts gegen das Umdefinieren von Normalität in Krankheit, um sich selbst eine Art von gesteigertem Wert ans Revers zu heften. Nichts gegen die allgegenwärtigen kleineren oder größeren Fluchten. Noch nicht mal was gegen die Notwendigkeit als Clan überleben müssen zu meinen.

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Sollte man die arme Löwensau abknallen, weil vielleicht so eine Arschkrampe von Clanwichtigtuer das Vieh in Sachen Instagramwichtigkeit benötigte, aber nicht in der Lage war, auf das Teil aufzupassen? Fragen wir Anna oder Olli oder Friederich mit dem abgebrochenen Finger im rechten Nasenloch. Was macht denn Prigoschin so? Der langweilt sich. Feuer frei!

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Vor einiger Zeit lernte ich einen Menschen kennen im Theatergewebe selig. Voller aufrechter Empörung wurde mir mitgeteilt Instagram sei das Allerletzte und nie, nein, niemals im Leben. Unlängst guckelte ich, wie man das gelegentlich macht, im Netze rum und siehe da. Also doch. Wollte ich mal schauen dürfen. Dann wurde ich versperrt oder wie das heißt. Kenne mich da auch nicht aus. Oder nur solala. So simmer halt, wir Menschlein peinlich. Dachte an Gießen, wo sich dieser Tage die Autofahrer Tag und Nacht echauffieren, daß der seltsame Verkehrsversuch doch noch soviel mehr CO2 produziere und überhaupt. Während sie versuchen mit dem Vehikel die Stadt zu umrunden. Und man nehme den Bürger nicht mit, schreien sie, die ganz alleine in ihren überdimensionierten Kisten schwitzen. Quatsch! Die Luftkonditorei rattert bestimmt auf voller Drehzahl. Es ist offensichtlich ein Leichtes dieser Tage als Ratte jedwedes sinkende Schiff zu verlassen und trotzdem ehemals hochgejazzte Werte wider eigenen Tuns zu besingen. Mehr Ambivalenz geht kaum.

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Ulle hat gekokst! Ach nee? Man sieht nur mit dem Nasenloch gut.

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Kann man sich mit weniger Worten als der üblichen Suada gegen die lautstarken Zumutungen der Welt zur Wehr setzen? Könnte vielleicht Lebenszeit sparen. Eigene oder fremde? Gehe gleich mal in mich.

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Eben ein sehr gescheites Interview mit der Witwe von Wolfgang Herrndorf im Magazin der SZ gelesen. Ich zitiere unerlaubt: „Ich gucke manchmal auf Twitter, ob Wolfgang irgendwo erwähnt wird. Oft geht es dann um die Frage: Was würdet ihr machen, wenn ihr nur noch so und so lange zu leben habt? Dann kommen Sachen wie: Ein Buch schreiben, irgendwas Bleibendes schaffen. Das tut mir immer auch ein bißchen leid. Niemand ist gezwungen, sich noch irgendwie in die Welt einzuschreiben. Wenn ihr Bock habt, könnt ihr auch die letzten Jahre irgendeine Seifenoper gucken, das spielt keine Rolle!“ Danke dafür!

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„Die Gnade des Alters ist, daß man das, was man nicht mehr kann, auch nicht mehr will!“ Danke für den Hinweis an einen lieben Leser dieser Zeilen!

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Herrndorf, als eine Art Woyzeck andersrum, hatte sich ein „Pistolche“ gekauft. Nicht um Marie zu töten, sondern um das eigene beschädigte Hirn, sich selbst erlösend und entfesselnd, auszupusten. Er hatte nicht darauf gewartet, daß der Bundestag sich dazu gesetzgeberisch verhält. Genauso wenig wie einst mein Vater. Vielleicht hat das was mit Freiheit zu tun. Was geht die Politik ein Leben an? Was mein Tod? Schwere Frage. Dennoch: Deutschland schreit nach und braucht: zu viele Väter, Mütter. Man weigert sich erwachsen zu werden. Mit Verve. Und lechts wie rinks arg verbissen.

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Zurück zu den kleinen Fluchten. Was für ein herrlicher Film. Es lebe das Mofa! Statt Auto. Und auch statt brüllend ideologischer Fahrradfahrer.

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