Mit Ebenholzherz Vorfahrt gewähren

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Konstanz / Hörnle / März 2022

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DANKBARKEIT

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dankbarkeit nicht so leicht

wo’s grad mal für ein bitte nach dir reicht

oder mal ganz großzügig die vorfahrt geben

einer steifen oma einen cent aufheben

es macht dir angst, es mach dich klein

und das wolltest du nie wieder sein

drum bleibst du hart, drum bleibst du stolz

schnitzt dir ein herz aus ebenholz

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und manchmal geht’s dann doch

und du kriechst aus deinem loch

ein verknittertes lachen, ein holpriges lied

wahrscheinlich ist es mal wieder zu spät

scheißegal, es zählt jeder versuch

über den meisten leben da hängt ein fluch

fünfzigmal an den pfosten geschossen

und das einzige tor nicht mal genossen

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und manchmal geht’s dann doch

und du kriechst aus deinem loch

ein verknittertes lachen, ein holpriges lied

wahrscheinlich ist es mal wieder zu spät

scheißegal, es zählt jeder versuch

über den meisten leben da hängt ein fluch

fünzigmal an den pfosten geschossen

und das einzige tor nicht mal genossen

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(gießen / juni 2005 / zu singen auf diese melodie)

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Picknickdecke / Kirschen / Königreich

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Konstanz / Tennisplätze Nikolai – Torkel / März 2022

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Ich war dieses Jahr, teils freiwillig, dann wieder gezwungen, dann auf freiwilliger Flucht, daraufhin wieder asylsuchend in der alten Heimat am See. Unfreiwillig gewollte Entscheidungen. Lief rum. Guckte. Fiel blöd und dann fiel mir wieder was ein. Will in nächster Zeit mich hier immer mal wieder und unregelmäßig erinnern. Was mir um – oder reinfällt. Mal so:

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die picknickdecke war das königreich das hoernle der planet

der gummiring war niemals nie im

Aus

und im pudding steckten kirschen und wer die letzte aß

ging mit stolzgeschwellter brust nach haus

die tennisbälle wurden gelb und der sommer hatte zeit

gewitterwind septembersegel bläht

ein letztes Mal aufs große floß ein dachstuhl bricht entzwei

und die feuerwehr kommt immer viel zu spät

wo ist die Zeit wo ist die zeit

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(gießen / juni 2005)

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Oder mal so:

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wir sind wie schatten

auf einer wand.

wir huschen über sie hin.

verlieren uns in der

dunkelheit.

verschwinden und sind:

dahin.

wir sind wie träume

im morgengrauen,

die beim erwachen

vergehen,

wie echos leise und fern,

die mit den winden verwehen.

wir bauen häuser und mauern

und reißen sie nieder.

errichten uns monumente,

um kurz unsterblich zu sein.

und trotzdem wollen wir hoffen,

solange es irgendwie geht:

wenn zwei sich füreinander entscheiden,

daß dies für immer besteht.

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(jürgen ruf / hh / august 1995)

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Schrieb mir mein Bruder anläßlich meiner ersten Heirat. Schön. Hatte ich auch vergessen. Aber irgendwo abgelegt. Der Gedankenschrank ist demnach gefüllt und wird peu a peu entrümpelt. Freu mich auf die Fundstücke. Voila!

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