Wo ist die Zeit / Tschö Quatschkiste!

…..

Leipzig / 22. August 2010

…..

Es gab nur zwei Möglichkeiten. Entweder du warst drinnen oder draußen. So wie bei M. oder C. oder B. oder M. Nicht zu vergessen A. B. war unerreichbar. Die wichtigste aber: T. Sie war der Schlüssel. Sie war in der Lage Entscheidungen zu forcieren. Drinnen oder draußen. Warst du drinnen, schlug es gegen die verschmierte Glastüre. Warst du draußen und dein Bedürfnis jetzt und sofort drinnen sein zu müssen schrie durch die neblige Nacht, könnte es geschehen, dass du an der Pforte gerüttelt hast, ungeduldige Tritte und auch, die Türe aufgerissen, die bekiffte oder anderweitig aufgeladene Hand am Kragen des dauertelefonierenden Vorgängers sich festfraß. Drinnen dann stank es. Pisse. Unverdautes. Undefinierbares. Natürlich hattest du die Nummer der göttlichen S. vergessen und ihre etwa achthundert anderen Anbeter haben selbstredend diese Seite aus dem klebrigen Telefonbuch gerissen. Oder sich darauf … ja … auch danach roch es manchmal. Du versuchst die Fassung zu bewahren, die GÖTTLICHE wohnt ja noch bei ihren Eltern und vielleicht waren es nur Kunden, Geschäftspartner. Und das letzte Zehnerle? Wo ist es nur? Dieses eklige Klicken in der Leitung, welches euch trennt, bevor es zur Vereinigung kam, du wirst es nie mehr vergessen. Und du hattest ihr doch schon den Rest der Nacht aus den Rippen gequatscht, obwohl sie morgen früh eine Mathearbeit schreiben musste. Ihr Bruder hatte dir, gegen fünf Gramm afghanisches Zeugs, den Kellerschlüssel besorgt, um am Papa Zerberus vorbei in ihre Höhle schleichen zu dürfen. Jetzt hast du mich verlassen. Du Schlampe T.

*

Zwanzig Jahre später. Köln. Südstadt. Zwischen M. und S. Drei Umzüge in zwei Monaten. Zu Hause liegt die Mutter in der Klinik. Kein einfacher Eingriff. Proben in Aachen. Hin. Her. Und hin. S. ringt dir ein unnötiges Eheversprechen ab. Sie ist nun mal nicht die S. von damals. Egal. Jeden Abend das Bulletin abtelefonieren. Sohnespflicht. Ecke Alteburger / Teutoburger. Januar. Arschkalt. Gab es damals noch. Jetzt gehen auch Markstücke in den Schlitz. Immer einen Sack voll dabei. Erkläre dem besoffenen Arsch do drusse, dat et jrad wichtich ess. Blaues Auge. Dann ins Backes. Die zukünftige Kurzzeitgattin besorgt sich ein Mobiltelefon. 1995 noch wegweisend. Hätte ich mal besser T. geheiratet.

*

Heute lese ich, dass die Bundespost, die es ja auch nicht mehr gibt, die letzten Telefonzellen plattmacht. Unwiderrufend. Ich bin traurig. Mach es gut, T., alte Geliebte. They paved paradise.

…..

…..

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.