und ihren Schatten werfen: die vielen besitzanzeigenden
Fürwörter. Abschied vom Inventar, dieser Liste
diverser Fundsachen. Abschied
von den ermüdenden Düften,
den Gerüchen, mich wachzuhalten, von der Süße,
der Bitternis, vom Sauren an sich
und von der hitzigen Schärfe des Pfefferkorns.
Abschied vom Ticken und Tacken der Zeit, vom Ärger am Montag,
dem schäbigen Mittwochsgewinn, vom Sonntag
und dessen Tücke, sobald Langeweile Platz nimmt.
Abschied von allen Terminen: was zukünftig
fällig sein soll.
Mir träumte, ich müßte von jeder Idee, ob tot
oder lebend geboren, vom Sinn, der den Sinn
hinterm Sinn sucht,
und von der Dauerläuferin Hoffnung auch
mich verabschieden. Abschied vom Zinseszins
der gespaltenen Wut, vom Erlös gespeicherter Träume,
von allem, was auf Papier steht, erinnert zum Gleichnis,
als Roß und Reiter Denkmal wurden. Abschied
von allen Bildern, die sich der Mensch gemacht hat.
Abschied vom Lied, dem gereimten Jammer, Abschied
von den geflochtenen Stimmen, vom Jubel sechschörig,
dem Eifer der Instrumente,
von Gott und Bach.
Mir träumte, ich müßte Abschied nehmen vom kahlen Geäst,
von den Wörtern Knospe, Blüte und Frucht,
von den Zeiten des Jahres, die ihre Stimmungen
satthaben und auf Abschied bestehen.
Frühnebel. Spätsommer. Wintermantel. April April rufen,
noch einmal Herbstzeitlose und Märzenbecher sagen,
Dürre Frost Schmelze.
Den Spuren im Schnee davonlaufen. Vielleicht
sind zum Abschied die Kirschen reif. Vielleicht
spielt der Kuckuck verrückt und ruft. Noch einmal
Erbsen aus Schoten grün springen lassen. Oder
die Pusteblume: jetzt erst begreife ich, was sie will.
Ich träumte, ich müßte von Tisch, Tür und Bett
Abschied nehmen und den Tisch, die Tür und das Bett
belasten, weit öffnen, zum Abschied erproben.
Mein letzter Schultag: ich buchstabiere die Namen
der Freunde und sage ihre Telefonnummern auf: Schulden
sind zu begleichen; ich schreibe zum Schluß meinen Feinden
ein Wort: Schwamm drüber – oder:
Es lohnte den Streit nicht.
Auf einmal habe ich Zeit.
…..
Ich schrieb obigen Text im Frühjahr 2015. In jener Zeit hielt mich die Arbeit am Musentempel schwer auf Trab und mein Hang zum Perfektionismus noch mehr. Seltsam wie das Virusviech den alten Traum zu einer Realität werden ließ. Und, dieser Tage jedenfalls, ich genieße die Zeit, die ich nun habe, so wie sie ist. Halten Sie mich gerne für pervers. Ich laß das mal so stehen. Also den Text oben. Später mal bearbeiten.
…..
PS: I’d like to thank my beloved wife for the kind permission to use the photograph above, she took in Bath (Somerset) in august 2017.
Vom anderen Ufer des Storkower Sees / grüßt das Geläut des dicken Pitter / Von Görsdorf der Blick / hinüber nach Allensbach / Hinter Bad Saarow im Nebeldunst / der Hohentwiel / Vor seinem Schatten ein Kormoran / Von West nach Ost / zieht über Launsbach eine der unzähligen Gewitterfronten / dieses Sommers / Vom Baum hängt das Seil / schwingt im Wind über dem Wasser / Gestern noch schwang und sprang hier / ein Junge / hinab
Ich mag nicht mehr vergleichen / Ich mag dort sein / wo ich war / wo ich sein werde / Der Wind weht mich ins / Nirgends / Überall / Rasche Notizen / Randbemerkungen in Bewegung / Bleibewünsche
Unter der Dorfeiche von Schwerin endet der Tag / Einer Eintagsfliege gleich / unter ihren Jahrhunderten / sitze ich / Ein böiger Nordost fächelt hinüber den Geruch von Pferden / Ein Kleinwagen der Diakonie hält / Ein kurzes grüßendes Nicken / Ein alter Mensch wird zu Bett gebracht vielleicht / Kohlweißlinge tanzen überm Klee / Ein Mädchen streichelt sein Pferd / Wiehern und Lachen / Der Rücken schmerzt nicht mehr / so jung ich unter ihren ausladenden Ästen / Ruhe
Nach einer Nacht die ich mit CNN verbrachte, nach einer Nacht, in der ich auch an Deutschland dachte in der Nacht, an Reichstagtreppen und die Szenen unlängst dort im Bundestag. Aber wie immer schon, die Amis drehen halt die härteren Horrorfilme.
…..
Ich bin klein
Mein Herz ist rein
Die Politik die ist das Schwein
Der Präsident er labert Stuss
Das Chefin auch
Ab und an und wieder mal
Wer tut das nie verzeih
Was soll ich sagen
Ändert rein und rein
Nichts und nichts ich bin so frei
Es knurrt mein Bauch das Fressen erst und die Moral
Und als ich auf dem Bildschirm heute in der Früh die etwas verspätete Breaking News vom 3. November 2020 las – Ach nee, Biden ist der gewählte Präsident! – nochmal die Bilder der Nacht sah und mir vorstellte, wie das ausgesehen hätte, wenn das Schwarze gewesen wären, die das Capitol geentert haben. Wer zählte die Leichen? Später dann, die Ausgangssperre längst verhängt, hüpft die „erste Rasse des Herrn“ provokant vor der Nationalgarde rum. Tja, sie sind eben nicht ein George Floyd und dürfen weiter atmen. Und dann hörte ich den guten alten FZ singen: Hey, you know something people? I’m not black but there’s a whole lots a times I wish I could say I’m not white!
Alles wandelt sich / Neu beginnen / kannst du mit dem letzten Atemzug / Aber was geschehen ist geschehen / Und das Wasser / das du in den Wein gossest kannst du / nicht mehr herausschütten / das Wasser
Alles kannst du mit dem letzten Atemzug / neu beginnen / es wandelt sich / das Wasser aber / was geschehen ist geschehen / kannst du / nicht mehr herausschütten / aus dem Wein
An den Rand rücken / An den Rand der Welt / rücken / Den Rücken der Welt / zugewandt dir / Welt dir zugewendet / Mein Rücken / Dir zugewandt / suche ich nicht dich / aber einen Spiegel / zu beschreiben die Sache / Nicht rühmen / nicht klagen / Beschreiben / Vor der Ruhe / unvollendet
Über dem Kopf / dem von vorgestern / den zu verlieren ich anstreb‘ / über allem was mir noch fremd / fliegen Schwalben / Die nächtliche Hitze drückt die Mücken / zu Boden
Und die Frage war / warum das sich Bücken / geschmeidig der Schwerkraft nachgibt / während der stechende / Schmerz während des Versuches / sich wieder aufzurichten / hohnlacht / Dieser Hund
Seit Tagen, immermal wieder bass erstaunt oder mit Magenschmerzen lesend von den Washingtoner Kapriolen, geht mir eine Textzeile aus Tom Waits‘ „The piano has been drinkin“ nicht aus dem Kopf. „And the owner is a mental midget with the i.q. of a fencepost“. Es scheint als würden die Götter uns Menschen Dummheit und Rücksichtslosigkeit in Form von Trump und Virus um die überrascht tuenden Ohren hauen. Mit viel Spaß an dr Freud‘.