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Ich hatte unten geschrieben, daß ich meine Daumen für die 3 Löwen und besonders für Harry Kane gedrückt habe. Aber man sollte sich als Regisseur nicht über den Dichter stellen und auch als Fußballtrainer nicht über die Psychologie der Pöhlerei, die es zwar nicht wirklich gibt, aber da hatte Beckenbauer schon recht, als er die Buben mit den berühmten Worten, sie mögen bitte den Rasen betreten und dann halt kicken und sonst nix, an die Arbeit schickte. Zuviel des Denkens ist gerne Ausdruck tiefsitzender Ängste. Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser. Aber bring das mal einem Chef bei, der meint eben auf dem Rücken des Geiers Erfolg übers Land zu segeln.
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Zum Thema. Bella Italia. Ich habe seit neuestem einen italienischen „Schwager“. Wir lernten uns kennen nach dem ersten Gruppenspiel der blauen Truppe und ich sagte zu ihm, radebrechend meine 50 Worte seiner Sprache zusammenstoppelnd: „Ihr macht das!“ Hat mich gefreut, daß ich nicht daneben lag. Trotz Sir Harry ohne Meghan! Italien hat die Pandemie offensichtlich sehr solidarisch bekämpft. Ohne Querdenker, BILD und Öffnungsdiskussionsorgien. (Grazie, Angela!) So haben sie gekickt – sagt man gecalciot? – und gesungen. Der Zustand von La Mann*innenschaft spiegelt das in Egoismen vor sich hinsuppende Germanien. Bockige Bären und Scheinregenbögen, wo man hinschaut. Man weiß, sie existieren, aber wo laufen sie denn? Klinsmän erfand den Diver bei den Hotspurs, Jogi hat das Abtauchen nach den Turnieren perfektioniert und jetzt ist der Bierhoff weg. Hoffentlich für immer. (Vergessen. Der iss ja in Katar. Kohle abholen!)
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Von Konstanz bis an die Riviera ist es nicht weit. Ende der 60er war es das aber schon. Ein Renault R 4, bis übers und unters Dach bepackt mit Campingausrüstung, drei Geschwistern und am Steuer der Herr Papa, der das hellblaue Gefährt im ersten Gang über – wahlweise – Gotthard oder San Bernadino prügelte. Er sammelte Alpenpässe. Unter uns fingen sie damals an die Tunnels in Richtung Gelati Motta zu graben. Und eine gigantische Brücke überspannte Genova. Neu damals, noch nicht ahnend ihren Tod.
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Gelati Motta. Eine richtige Bolognese. Die erste Pizza. Und – inzwischen leider, Signore Fascista Ferrero – auch das erste Panini mit Nutella. Geschmacksexplosionen. Dazu sang die Reibeisenstimme vom ewig blauen Himmel über uns. An meinem ersten Meerwasser verschluckte ich mich in Marina di Andorra nahe Imperia. Der Bub vom Bodensee ekelte sich erstmal vor der Brühe. Aber dann stellte er fest, daß man viel länger und ohne Anstrengung den toten Mann machen konnte. Die Lira damals hatte sehr viele Nullen. Ein Gelati Motta kostete irgendwas mit tausend. Staunen.
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Pane e coperto. Das Eintrittsgeld in die Taverna quasi. In den Siebzigern Pfennigbeträge. Später fast der Gegenwert einer Pizza Margherita. In den Jahren rund ums Abitur hatte ich mit ein paar Freunden Firenze entdeckt als Sehnsuchtsziel. Nachtzug ab Zürich. Zum Frühstück vor Ort. Später es den Freundinnen gezeigt. (Leider nicht mehr abrufbar die Euphorie des Buben.) Unser Ritual. La Prima: Cultura. Also Uffizien, eine Kirche, die Boboligärten und und. Secondo: eine Bar. Vino und Pizzastück und wichtig damals: nur eine Bar mit Flipperautomat kam in Betracht. Dolce: auf einer Bank in einem Park sitzen, Birra Peroni und jeder mußte seine Eindrücke in einem – mindestens – Vierzeiler festhalten. Die Hefte habe ich immer noch.
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Oder kurz vor Mitternacht in unserer Stammkneipe in Konstanz, sagte einer, er würde gerne in Milano frühstücken. Gesagt, getan. Den Käfer bepackt mit drei Zahnbürsten, Tabak und Schlafsack und ab. Ich erinnere mich, daß einer von uns die Musik beisteuerte. Eine Kassette. Die erste Platte von Tom Petty. Wir landeten dann auf der Isola di Elba. Und fuhren nach ein paar Nächten am Strand – es war im Herbst und dann schon etwas ungemütlicher – wieder zurück, im Kofferraum einen Sack voller Maroni, Eßkastanien selbstgepflückt. Die Zöllner in Chiasso guckten etwas irritiert und einer von uns mußte sein Messer abgeben. Italienische Grenzwächter hatten damals wenig Humor, wenn sie es mit Zottelhaarigen zu tun hatten.
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Eine Fenchelknolle. In Scheiben geschnitten. Olivenöl. Fertig. Damals pures Entsetzen, so 1981 bei Cagliari. (Ich weiß, das sind keine Italiener und jeder Sarde verwehrt sich auch dagegen!) Heute Leibspeise aus eigener Parzelle. Dann – wir trampten, Frau am Straßenrand, Mann rauchend im Gebüsch, hat stets funktioniert – lud uns eine Familie ein zu einem Fest (Geburtstag, Hochzeit, Heiliger – vergessen!) und als Ehrengast mußte ich den Wurm, mit dem sie dort einen besonderen Käse veredelten, verzehren. Ritual. Die Gastfreundschaft beinhaltet auch Pflichten. Mein erster Grappa. Ich glaube, ich wurde in den nächsten achtundvierzig Stunden nicht mehr geküßt.
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Es wäre mal wieder an der Zeit nach Italien zu reisen. Sie wälzen sich nicht mehr auf dem Rasen rum und jammern. Das macht inzwischen der Tedesco.
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