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Wir waren naiv. Wütend. Dämlich. Scheißwelt. Die Revolution. Die Waffe in der pubertierenden Zitterhand. Ich, aufgewachsen im feisten Westen, zwar nicht so feist wie die meisten meiner Bürgerkinderkollegen, habe mich vor ein paar Jahren in Gundermann verguckt. Die Lieder. Die Reime. Die Waffe. Der Held. Werde ich benötigt? Seine Zweifel. Die Wut des Friedfertigen. Sich selbst aufzehren. Eine Aufgabe, die größer ist man selbst. Des „Vaters“ Lob.
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LANCELOTS ZWISCHENBILANZ II (Gerhard Gundermann)
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Mein halbes Leben steh ich an der Weltzeituhr
Und ich bin nicht mehr so jung
Und ich warte und ich warte
Und die rote Nelke trag ich immer noch am Helm
Obwohl sie mir schon lange verdorrte
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Und diese Zeitung halt ich noch in der Hand
Obwohl ich sie schon nicht mehr lesen kann
Und starre in den Nebel
Wann kommt der Mann
Der mir sagt, wir brauchen dich
Jetzt bist du dran
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Und ich weiß nicht
Ob ich noch springen kann bis an eine Kehle
Und ich weiß nicht
Ob ich noch singen kann bis in eine Seele
Und ich weiß nicht
Ob ich noch starten kann bis in die Welt
Und ich weiß nicht
Ob ich noch warten kann
Bis die Welt mich zählt
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Vom Schattenboxen hängt mir schon die Zunge raus
Ich zittre vor den Witzen
Der Feiglinge und Spötter
Und ich hol die Rosinante immer wieder raus
Zum letzten Gefecht
Gegen die Götter
Der Motor meiner Rosinante tuckert leis
Wir beide machen uns im Leerlauf heiß
Wir beide warten auf grünes licht
Für uns beide kommt es nicht
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Und ich weiß nicht…
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Von kalten Duschen gehn mir schon die Haare aus
Ich fühl mich zerschlagen
Und weiß nicht, von was
Heut vergeß ich meinen Namen
Heut verbrenn ich mein Haus
Heut hör ich auf zu klagen
Heut geb ich Gas
Langsam überrolle ich den roten Strich
Niemand fragt und niemand schickt mich
Niemand hat mir Weg und Ziel genannt
Nur die Drachen hör ich lachen im Niemandsland
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Und ich weiß nicht…
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Das Lied oben sang ich gerne und wütend, alle blöden Verletzungen hineinpackend, die überinterpretierten Kränkungen desgleichen, die tatsächlichen Verluste beweinend, in meinen beiden Gundermannarbeiten. Der Scheißkrieg halt, der in einem wohnt.
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Noch ein Foto aus Kaliningrad. Dieses Betonmonstrum (Nein! Da haben die Architekten nicht für die Elphi in HH geübt! Das Foto dazu kommt morgen!) sollte mal die KGB – Zentrale vor Ort werden. Dann ist den Russen das Geld ausgegangen. Herr, erhöre mein Gebet.
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Eine Architektur, die im Neubau schon den sicheren Tod feiert. Brutal.
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