An den Bordsteinkanten / Spiegelfechtereien und Begegnungen / ’25 / Sieben

…..

Alter Friedhof Gießen / Abteilung Jüdische Begräbnisstätten

…..

So stand ich heute etwas länger an der Ampel. Die es nicht mehr gibt. Sie sollte gegen 10h dieses Tages auf grün springen. Grün gibt es aber nicht mehr. Ich blieb noch etwas länger stehen und schrieb ein paar Worte in mein Hirn. Balladen kann man auch vertonen.

*

BALLADE VON DEN LEGOSTEINEN

*

Es war einmal ein Legostein

Er fühlte sich als Teil zu klein

Er trug stets Teil zum Fundamente

Doch nur ein Teil sein bis zur Rente

War ihm zu fad

Schad‘

*

So feilte sich der Legostein die Noppen

Die meinte die ihn hielten klein

Die Noppen die ihn stets verbunden

Von diesen feilte er sich los und hoffte so

Daß all die Wunden

Die er als Teilchen hat EMPFUNDEN

Verschwunden sowieso

Fortan

Der Stein

In aller Ewigkeit

Befreit vom Leid

*

Der Sturm blies gegen’s Legohaus

Er wackelte die Lichter aus

So gingen sie und finstre Nacht

Es warnten Stimmen: Habet acht

Vereinzelt schon die LEGOS fliehen

Denn alle Macht ist nur geliehen

Denn alle Macht

Das Ego auch

Hab acht Oh Habet acht

*

Nicht eine Boe es waren tausend

Dem (l)EGOstein ins Leben brausend

So löst er sich aus tragend‘ Wand

Und schreit und schreit

Dies nicht mein Land

Das Haus zerbröselt

Und auf den Plätzen

Wo Möchtegernelegos hetzen

Da liegt nun unser Legostein

Und endlich ist er nicht allein

Denn ich bin klein etcetera

Ich nicht allein

Sind viele da

*

So liegen sie die Blauen Roten Violetten

Die Grünen Schwarzen Gelben und die Netten

Die Tiere schützen oder Varianten

Vielleicht auch nur das Erbe ihrer Tanten

Und denken endlich mal auch ICH

Allein die Bühnen füll‘

Mein Denken wird in Hüll‘ und Güll‘

Dem Hause dienen

Welches leider liegt herum

Zertrümmert

Was niemand kümmert

Ach ne wie dumm

Ich aber trotze allem Staatsgeraun

Huch

Rechts wie links die LEGOS

Braun

Der Kompromiss nur Fliegenschiß

Badenweilermarsch

*

PS: 16h25 heute:

Ein Egolein ist nie zufrieden

und jetzt wurd einer doch gewählt

was das Egoschweinchen weiter quält

und gern ein neues Lied

doch schrecklich müd mein Glied

Und meine Finger

It’s not das Lied

Sondern der Singer

…..

An den Bordsteinkanten / Spiegelfechtereien und Begegnungen / 2025 / Sechs

…..

Hinter nassen und hessischen Gittern / Palmengarten Frankfurt / Ostern dieses Jahres

…..

Es gibt Tage, da bilde ich mir etwas ein. Auf ein gelegentlich vergleichsweise freieres, sagen wir unabhängigeres Denken. Auf die Fahigkeit öfters mal die Richtung zu wechseln, um Dinge von mehreren Seiten zu betrachten. Singe das Lob meines schnell Gelangweiltsein von Ritualen und gerne recht fordernden Bestätigungsschleifen. Die Ungeduld als mein Lebensbegleiter. An diesen Tagen bin ich damit einverstanden, wohlwissend daß dies meiner sogenannten Karriere an den Theatern nicht unbedingt förderlich war.

*

Dann gibt es die Tage, und es werden mehr und mehr, in denen ich die Fragwürdigkeit, manchmal gar Lächerlichkeit dieser sogenannten Haltung spüre. Handfest. In der Magengrube. Und sonstwo. Das Gefängnis, in dem ich sitze, mag zwar etwas anderes ausgestattet sein als die der Denknachbarn oder Denkgegner, aber es ist und bleibt ein Gefängnis. Und reinregnen tut es auch. Wie überall. Das kann man dann frohgemut leugnen.

*

Frohgemuth war ich

Als nicht der Zweifel mich

Beleckt und ich den Brief

In den Kasten ohne Verschwendung

Nach- aber morgen denkte ungelenkte

Und weitere Kerben ritzte in den

Holzaugen seid wachsam

*

Ich erwäge diese Seite zu kündigen, denn der Anbieter hat die Kosten vervierfacht. Was ich früher für ein Kalenderjahr berappte, verlangen sie nun für ein Quartal. Nur auf daß das funktioniert, was immer funktionierte. Die Crux ist, kündige ich, lassen sie nicht etwa das Bisherige im Cache stehen und lösen lediglich meine Bearbeitungswerkzeuge auf, sondern sie hauen den gesamten Inhalt aus dem Nest. (Danke für den Verschreiber, lieber Sigmund! Sie wissen, was ich meine!) Recht frech. Ich überlege noch.

*

Ceterum censeo: da eine neue Regierung schon vor Arbeitsbeginn ihren Abgesang lauschen darf, scheint mir, daß unser mit Ansprüchen bis zum Platzen gemästete Wählervolk kaum noch regierbar. Die Zumutung stirbt aus. Und Christian Lindner hat, nun da er nichts mehr zu tun hat, einen kleinen Hund überfahren. Die Welt ist schlecht. Gelle.

*

Unlängst überholte mich mal wieder an einer Ampel, die eben auf Grün gesprungen war, ein „E-Pelecker“ fortgeschrittenen Alters. Und zwar rechts. (Nein den Naheliegenden spare ich aus.) Helm auf den Kopf, Typus emeritierter Professor linker Coleur oder Oberstudienrad. (Oh Sigmund, der zweite!) Er drängelte sich flugs an mir vorbei, da links von ihm sonst die bösen Autos. EsYouWie. Die folgende Ampel überfuhr er dann bei dunkelorange, kürzte über den Gehsteig ab um daraufhin den nächsten Fußgängerüberweg bei rot zu verputzen. Ich wartete auf Grün und hätte ihn, mit purer Oberschenkelwut, es ging sogar bergauf, fast eingeholt, um ihn zu seiner postpubertären, von Resten gemüderter Revolte getragenen Aufsässigkeit zu gratulieren, als er zielstrebig die Abzweigung in ein sozial höherstehendes Wohngebiet rechterhand des Alten Friedhofs nahm. Ich war ein bisserl außer Atem. Das soll man einmal am Tag sein. Und freute mich das sie noch existiert: die Bereitschaft die Verhältnisse vom Kopf auf die Füße zu stellen. Hasta la siempre victoria. Und wenn es nur die STVO ist.

*

Morgen werde ich mich der zutiefst philosophischen Frage widmen, ob man an einer roten Ampel stehenbleibt, auch wenn die Straße verkehrsfrei weiterhin, oder ob man sich, auf grünes Licht wartend, zum Opfer des allgegenwärtigen und stets überwollenden Staates macht soll wie kann.

*

PS: Sollte die Rotphase etwas länger dauern, verschiebt sich der Beitrag um ein bis zwei Tage.

…..