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Es gibt Tage, da bilde ich mir etwas ein. Auf ein gelegentlich vergleichsweise freieres, sagen wir unabhängigeres Denken. Auf die Fahigkeit öfters mal die Richtung zu wechseln, um Dinge von mehreren Seiten zu betrachten. Singe das Lob meines schnell Gelangweiltsein von Ritualen und gerne recht fordernden Bestätigungsschleifen. Die Ungeduld als mein Lebensbegleiter. An diesen Tagen bin ich damit einverstanden, wohlwissend daß dies meiner sogenannten Karriere an den Theatern nicht unbedingt förderlich war.
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Dann gibt es die Tage, und es werden mehr und mehr, in denen ich die Fragwürdigkeit, manchmal gar Lächerlichkeit dieser sogenannten Haltung spüre. Handfest. In der Magengrube. Und sonstwo. Das Gefängnis, in dem ich sitze, mag zwar etwas anderes ausgestattet sein als die der Denknachbarn oder Denkgegner, aber es ist und bleibt ein Gefängnis. Und reinregnen tut es auch. Wie überall. Das kann man dann frohgemut leugnen.
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Frohgemuth war ich
Als nicht der Zweifel mich
Beleckt und ich den Brief
In den Kasten ohne Verschwendung
Nach- aber morgen denkte ungelenkte
Und weitere Kerben ritzte in den
Holzaugen seid wachsam
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Ich erwäge diese Seite zu kündigen, denn der Anbieter hat die Kosten vervierfacht. Was ich früher für ein Kalenderjahr berappte, verlangen sie nun für ein Quartal. Nur auf daß das funktioniert, was immer funktionierte. Die Crux ist, kündige ich, lassen sie nicht etwa das Bisherige im Cache stehen und lösen lediglich meine Bearbeitungswerkzeuge auf, sondern sie hauen den gesamten Inhalt aus dem Nest. (Danke für den Verschreiber, lieber Sigmund! Sie wissen, was ich meine!) Recht frech. Ich überlege noch.
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Ceterum censeo: da eine neue Regierung schon vor Arbeitsbeginn ihren Abgesang lauschen darf, scheint mir, daß unser mit Ansprüchen bis zum Platzen gemästete Wählervolk kaum noch regierbar. Die Zumutung stirbt aus. Und Christian Lindner hat, nun da er nichts mehr zu tun hat, einen kleinen Hund überfahren. Die Welt ist schlecht. Gelle.
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Unlängst überholte mich mal wieder an einer Ampel, die eben auf Grün gesprungen war, ein „E-Pelecker“ fortgeschrittenen Alters. Und zwar rechts. (Nein den Naheliegenden spare ich aus.) Helm auf den Kopf, Typus emeritierter Professor linker Coleur oder Oberstudienrad. (Oh Sigmund, der zweite!) Er drängelte sich flugs an mir vorbei, da links von ihm sonst die bösen Autos. EsYouWie. Die folgende Ampel überfuhr er dann bei dunkelorange, kürzte über den Gehsteig ab um daraufhin den nächsten Fußgängerüberweg bei rot zu verputzen. Ich wartete auf Grün und hätte ihn, mit purer Oberschenkelwut, es ging sogar bergauf, fast eingeholt, um ihn zu seiner postpubertären, von Resten gemüderter Revolte getragenen Aufsässigkeit zu gratulieren, als er zielstrebig die Abzweigung in ein sozial höherstehendes Wohngebiet rechterhand des Alten Friedhofs nahm. Ich war ein bisserl außer Atem. Das soll man einmal am Tag sein. Und freute mich das sie noch existiert: die Bereitschaft die Verhältnisse vom Kopf auf die Füße zu stellen. Hasta la siempre victoria. Und wenn es nur die STVO ist.
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Morgen werde ich mich der zutiefst philosophischen Frage widmen, ob man an einer roten Ampel stehenbleibt, auch wenn die Straße verkehrsfrei weiterhin, oder ob man sich, auf grünes Licht wartend, zum Opfer des allgegenwärtigen und stets überwollenden Staates macht soll wie kann.
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PS: Sollte die Rotphase etwas länger dauern, verschiebt sich der Beitrag um ein bis zwei Tage.
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