(ein kleines poem, zusammengestellt aus zitaten, unerlaubterweise, aus dem großartigen bilderbuch „in der erinnerung sieht alles anders aus“. zum internationalen frauentag desweiteren grüsse aus avignon.)
(seltsam ist es dieser tage diesen in teilen fast schon euphorischen bericht zu lesen, da eine hoffnung nach sibirien reiste auf der suche nach erlösung vom ICH und der sehnsucht nach dem WIR / das folgende zitat auch von brigitte reimann: „man kann sich keine private welt schaffen, säuberlich getrennt von der, die uns umgibt.“/ weiß nicht mehr welche welt heute geburtstag haben könnte.)
Kölner Südstadt. Alleine vor dem Schwarz – Weiß – Fernseher im „legendären Sommer von 1982“. In der Nacht von Sevilla kütt der Tünn anjeflogen. Davon berichtet er fünf Jahre später aka lässt berichten in seinem „Anpfiff“. Mehr im Anschluss. Viele Menschen, gerne Männer, laden sich im Laufe ihres Lebens ein Paket auf den Buckel, welches sie kaum mehr runterkriegen. Toni Schumacher hatte gleich zwei bis mehrere solcher Kisten hochgehievt.
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In den 80er Jahren war ich regelmäßig im Müngersdorferstadion. Nicht im Freibad nebenan. Aber der Sound von nebenan lag stets in der Luft. Festes Ritual: der Einmarsch des Tünn. Als Erster oder Letzter des EffZeh. Kulturbeutel unterm Arm. Vom Nordtor einmal längs und quer über den Platz – Huldigungen benötigen ihre Zeit – rüber in die Südkurve. Man feierte den King vom Rhing. Dieser Tünn isset und nit der Dummse Tünn, obwohl dieser möglicherweise der einzige Lude auf Wikipedia. Meister Schumacher fing meist alles, was zu fangen war, auch mit gebrochenen Fingern. Siehe ganz unten. Sogar den BIG MÄC. Außer 1986, wieder ein Sommer in der Südstadt. Die WM der Hand Gottes und Toni griff im Endspiel daneben wie man nur daneben greifen kann. Noch ’ne Paket am Hals? Letztlich drissejal.
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Im Jahr drauf diktierte er den besagten Anpfiff. Was stand drin? Kicker dopen. Etliche Kicker sind schwul. Kicker saufen und zocken. Und Loddar ist nicht die hellste Kerze auf der Torte DFB. Sowie Rumminiga ein Schleimer und Karrierist. Remenber theSchlucksee! Was ist daran falsch? Und – etwas ungelenk, siehe Überschrift – schrieb er sich die Causa Battiston von der gekränkten Seele. Die Nationalmannschaft entledigte sich des kickenden Autors und so dann auch – wahrscheinlich tausendmal verletzender – der EffZeh. Feige wie sie halt sind, die Taktiker und Bettvorleger. Also ein erzwungener Wechsel gen Schalke. Höchststrafe?
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Wieder ein Jahr später im Mai. Schalke zu Gast in Kölle. Das letzte offizielle Bundesligaspiel – ok, später durfte er als Dortmunds Torhütertrainer ein paar Minuten Meister sein – des Schumacher. Eine verpflichtende Pilgerreise für uns Jünger. Die alten Gefährten Icke und Litti netzen gegen ihn ein. Das ganze Stadion entschuldigt sich dafür. Eines meiner emotionalsten Fußballspiele. Ich mochte diesen freundlichen Verrückten sehr. Nur die wirklich Coolen werden von Andy Warhol porträtiert. Und reden im Theater über ihre alten Pakete. Später mal.
Das hastig zusammengeklaubte Kraut brannte in der Hoffnung,
Auf das Podest im Herzen des Schöpfers Deiner Eltern
– Papa Rippe wie wir ihn in leichteren Tagen nannten –
Zu klettern, bekränzt, vorbeigezogen am lästigen Fleiß
Des Bruders
Dessen Hände noch blutig vom stundenlangen Schächten,
Vom Ausweiden, Häuten,
Vor Stunden Du noch neben der Blutwanne gestanden
Gebeten hast um ein gutes Stück des besten Opferkalbes
Zu braten es und zu verzehren neben den Kartoffeln
Die lagerten vor Deiner Hütte eben geerntet
Obwohl der Bauch schon bedenklich
Schliffen Deine Rachephantasien schon die Axt
Da nebenan der hager Getriebene das Holz sammelte
Es zerteilte, Reisig stapelte und Dir
Dem freudig Schlingenden
Opferholz vor Deine Feuerstelle trug
Brüderlich teilend wie stets von Dir gefordert
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Als ich auf dem Acker
Papa Rippe hatte mir kurz freundlich zugezwinkert
Dir, was ich bedauerte, lediglich signalisiert hatte
Dass er wichtigeres zu tun habe
Als unser beider Eitelkeit zu befriedigen
Da der Menschen Zeit doch eben erst begonnen
Da unsere Opferfeuer brannten verwirrt fordernd
Ich, mein Gesicht zerschmettert vom Stein Deiner Zuneigung
Hinauf blickte und der Vater nichts mehr war
Denn ein Nebel, der sich senkte auf das blutgetränkte Feld,
Kühlte ich und ab und schwor allen meinen möglichen Schulden ab und sie also lud
Auf meine Schultern
Da glomm noch mein Schaf lichterloh
Es stanken zum Himmel seine Reste
Papa Rippe schwieg
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Es waren gewiss nicht die Engel
Welche mit hart gegen die Steine stechender Klinge
Ausgruben meine Grabstätte
Doch da ich lag tiefer nun
Und die Erdkrumen der Erinnerung
Rieselten hinab, Blutungen stillend,
Auf meine blinden Augen
Schlief ich ein als Einzelkind
Und dankte ab den Götzen der Verbundenheit
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(gießen / erster weihnachtsfeiertag 2023)
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(wo ist kate? / und jetzt auch noch camilla krank / man sucht nach revolte-rentnern in alten bauwagen-elendesquartieren / findet sie nicht / hat jemand deren hunde gesehen rund um das ostkreuz? / schreiberlinge suchen in friedrichshain nach spuren von sandra hüller / oder war es doch friedrichsroda? / allenthalben geifereifer / check your age at the door, um quincy jones zu zitieren / und: höhepunkt eines weiteren müde freudigen tages: bob dylan ist ein mensch: so schreibt das feuilleton der SZ / putin hast du das gehört? ab oder an?)
Ein alter Reim heute zur Wiedervorlage in den Zeiten der entschwindenden Zwischentöne. Kein direkter aktueller Anlass im privaten, eher ein generelles Unwohlsein. Und dass ich manchmal unseren „ach so drögen und langweiligen“ Kanzler durchaus zu schätzen weiß. Da ist man aber im Diskurs ganz schnell mal ante portas. Mehr zweifeln. Weniger verzweifeln. Vielleicht. Gebt uns die einfache Welt zurück? Kann mich nicht an eine solche Welt erinnern. Was für ein Kraftakt, ein Leben lang so vieles zu ignorieren zu müssen, um nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren.Solange einfach nur lalalala.
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mein arschlochteil besuchte mich heut‘ nacht
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gestern nacht traf ich es mein arschlochteil gestern nacht sprach ich mit ihnen meinen dämonen streng doch stets gütig erscheinen wollend verwies ich sie an ihre angestammten plätze ich wußte gar nicht wo die sind redete ihnen ins gewissen da ich hoffte sie hätten eines doch sie grinsten mich an feist bohrten mir ihre stinkefinger in die nase und ließen mich wissen wer ich denn wäre der sich erlaube gefühlen vorschriften zu machen ich schickte sie in die verbannung sie lachten auf einem bein stünde ich nur noch dann und fiele um ohne sie wie dumm und so in ihrer begleitung könne ich wenigstens noch vorwärts humpeln
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als ich in den anbrechenden tag schritt merke ich wie ich das eine bein etwas hinter mir herzog nach dem zweiten kaffee begannen wir mit den friedensverhandlungen
Sein Blick ist vom Vorüberhuschen der hölzernen Stäbe
So verwirrt geworden, dass es nichts mehr fressen mag
Ihm ist, als ob die Welt ein einziger Laufstall
Und nur im Laufstall wohnet Welt so Tag und Tag
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Das freundlich‘ Tapsen, elegant ein kurzer Sprung
Der Tanz ums schnell verbrennend‘ güld’ne Ich verwirrt
Besinget jedoch Kraft und Wille am Rande jeden Abgrunds
In dem tief unten sich ein Rest von Sehnsucht leis‘ verliert
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Doch manchmal schiebt der Vorhang vor den Ängsten
Sich leise knarzend auf und eine Ahnung fast
Durch alle Glieder rast und schweiget nicht
Bis das Herz beruhigt sich und bleibt so gern im Knast
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(verzeihung herr rilke / aber zuviele meerschweinchen machen dieser tage einen auf panther / und nicht nur thomas tuchel / the show muß not go on sinnbefreit)
(gießen heute / keiner spricht das eigentlich sanktionierte wort mädels freundlicher aus denn horst hrubesch, den ich mir seit spätestens 2016 anstelle des ewig trist und eitel blickenden jogi wünschte / vielleicht hätte er das ein oder andere mädel bei den jungs zum coming out bewegen können / siehe krokusse)
(gießen heute / putin hat wieder mal eine rede gehalten / der panzerkreuzer hessen schlägt zurück / macron sucht sein sturmgewehr / immer noch sucht das umland nach parkplätzen / man findet eine granate in kreuzberg / muß man die RAF reaktivieren? / banken auszurauben sei kein verbrechen / sagte brecht)