(gießen / gestern ein weiterer beeindruckender kranichflug über mittelhessen / jedoch ein bisserl unglücklich ich aus grund / also gescheite zitate sammelnd)
welche wohltat gärende brennesseln auf feuchtem herbstboden
die letzten schmeißfliegen schwirren erfreut heran
hier stinkt es erbaulich
auf den gehsteigen der städte zertrümmerte stühle
zum mitnehmen keck bezettelt
feiern die faulheit und die flucht
vor dem denken davor bis
leere kühlschränke tanzen auf den verstopften kreuzungen
und kratzen sich die bauchnäbel wund
die nächte sind zu laut
um einsam zu bleiben
mach dich winterfest
es wird etwas länger dauern
bis du dich wieder hinsetzen darfst
so müde
von deiner ewigen müdigkeit
alter genosse
in den tagen nicht endenwollender
sonnenfinsternisse
und dann ernten kannst was du
einst ausgebracht
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(gestern gedacht / heute getippt)
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PS: Nachträglicher Nachdank meinem wunderbaren Deutschlehrer, der uns mit Ernst Jandl bekanntmachte in den Siebzigern, zu trotzen der denkenden und schreibenden Voreiligkeit. Eine Lehre, welche selbstredend in mancher Sache den ejaculatio praecox meinerseits nicht immer verhindern konnte. Das Gemüse scheint länger nachzudenken, um dann gut zu schmecken.
Es gab oder gibt noch in einer Illustrierten eine Kolumne namens „Was macht eigentlich …?“ Eben las ich in der Illustrierten, wo diese Kolumne nicht erscheint, ein Interview mit Martin Schulz. Martin Schulz. 2017. Ich hatte damals in meinen letzten überzeugt sozialdemokratischen Wählerjahren ein Hauch von Hoffnung, daß Angela „Jabba the Hutt“ Merkel, deren alternativfreie Unbeweglichkeit Verantwortung trägt für einige Verwerfungen und Frakturen dieser Tage, Ost oder West, abgelöst werden könnte. Groko go home! Erst Hype. Daraufhin ein beispielloser Absturz, den ich nicht wirklich begriffen habe. Denken Wähler auch weiter als bis zum eigenen Carport in den Vorstädten? Schulz wird befragt zum Rückzug von Kevin Kühnert. Die Hölle Politik? Mein damaliger Nachbar war eine Zeitlang Pressesprecher der von Parteigenossen und einigen Medien und despektierlich als Lügilanti hingerichteten Beinaheministerpräsidentin von Hessen. Keine Experimente hatten geschrien die hinteren Bänke. Wir sprachen gerne und kontrovers befreundet über den Rückblick von Schulz auf diesen fatalen Wahlkampf, den Markus Feldkirchen begleitet und emphatisch beschrieben hatte. Von jenen, die an den Spielfeldrändern am lautesten brüllen. Und wann man alle Hoffnung fahren lässt. Will Sahra lieber als aufgeblasene Linienrichterin enden? Mit dem VAR Oskar im Saarland? Es ist zu befürchten. Besserwissen in den Ecken, statt sich mit Fehlern anzustecken, was ein Handeln stets mit sich bringt.
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Gestern Nacht im Netz. Insomnia. Wie soll man diesen vollkommen absurden Satz überhaupt seiner Tastatur anvertrauen. Achtung, Achtung: hier spricht die Verständnislosigkeit: THOMAS GOTTSCHALK HAT EIN BUCH GESCHRIEBEN. Noch ein dummdreist jammernder Rentner. Selbst wenn er gelegentlich in der Beobachtung masturbativer Wokeness nahe am Punkt. Wer aber dem ausgetretenen Lagerfeuer der abgesoffenen Nation ständig eine Plattform verleiht, wo der Oberfranke, in dessen Sendungen Großkünstler wie Smokie und Scorpions auftraten, davon faseln lässt, daß Jimi Hendrix gleich nach dem Geheimrat Bildungspflicht sei. Charon bitte fahre ihn über den Phlegeton ins Land, wo dumm schmort im eigenen Saft.
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Dante taumelt, gestützt von seinem Urururururvorgänger Vergil hinab in Luzifers Reich. Arbeitet sich gewissenhaft durch die neun verschiedenen Höllengrade. Vorbei an Gewälttätigen, Diktatoren, Mördern und ganz unten dann, wo der eingefrorene Luzifer zwischen den Eisblöcken thront, die Betrüger. Zauberer. Schmeichler. Geschäftsleute. Und die Verräter. Judas. Brutus. Cassius. Wenn es zu heftig wird mit dem Hinschauen, fällt der Schreiber in Ohnmacht. „Und ich sank hin wie der, den Schlaf befällt!“ Ganz unten angekommen gewährt man Dante und Vergil den Ausgang. Den Läuterungsberg ersteigen und gut iss. Deshalb eine Komödie. So Gott will.
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Letzte Lagerfeuer wurden nicht nur in Wounded Knee ausgetreten. Die Frakturen, nicht heilen wollende, könnende Brüche, gerne entzündet, Wohlstandssepsis, neurodermitisches Denken sind Bestandteil unserer Alltage. Der eigene Bauchnabel ist keine Lösung. Und schon gar nicht es sich selbstverliebt in fremden Bauchnäbeln gemütlich machen. Seine eigenen Augenringe mit fremdem Leid aufhübschen. Die eigene Hölle, genug zu tun.
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Mein guter Freund aus Nürnberg gab mir für die Rückfahrt nach Dylan ein großartiges Buch in die Hand. Habe mich ja in den letzten Monaten, Jahren oft genug mit Bekannten hier vor Ort gezankt in Sachen Ost / West und den Arroganzen rechts wie links. Viel Erkenntnis und Empfehlung. Wie stets zu spät. Davon später wohl mehr im Angesicht des Zerberus. Die nächsten Wahlen lauern. Und am Ende Alkmene nur: ACH! Oder mit Fragezeichen?
War in Nürnberg und habe Bob Dylan geschaut. Ich erinnere mich nicht mehr genau, aber wohl zum etwa knapp 20ten Mal dem guten, alten Meister die Ehre erwiesen. Am Ende des Konzerts stand das Auditorium. Ich auch, aber aus anderen Gründen. Und eigentlich schon den ganzen Abend lang.
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Die einen schauen Horrorfilme um sich zu gruseln, mir reicht das Wort MEHRZWECKHALLE. Die Frankenhalle ist so ein Multifunktionsteil. Beton. Lüftungsrohre. Quadratisch, praktisch, mau. Bei der Errichtung war gewiß kein Akustiker zugegen. Wird trotzdem gebucht. Aber warum von Dylan?
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Rough and Rowdy Ways, das Album welches die aktuelle Tour betitelt und den Löwenanteil der gespielten Songs enthält, ist im Grunde ein intimes, nachdenkliches Werk. Textgebirge, die zu besteigen sich lohnt, aber Ruhe, Muße und Gleichmaß fordern. In Nürnberg jedoch legt die Band mit einem absurden Geschrammel los, wahrscheinlich notwendig, um eine Art Soundcheck zu simulieren. Man munkelt, daß der kleine Mann, der dem Publikum den Rücken zukehrt, dabei auch seit hundert Jahren wieder mal Gitarre spielt. Es mündet in eine gewagt verspielte Fassung von All along the watchtower. Hätte ich davon irgendwas hören können, ich hätte mich wohl wieder über den ständigen Veränderungswillen des Alten gefreut. Am Schlagzeug sitzt der ehrwürdige Jim Keltner, was ich erst im Nachhinein las, und haut drauf als begleite er einen sehr, sehr frühen Songs der Beatles. Kaum Bässe, nur sich überschlagende Höhen. Dazu kommt, daß etliche Zuhörer entweder nicht wissen, daß Herr Dylan seine Arbeit pünktlich beginnt oder es mangelt einfach an innerer Haltung, und deshalb jene, der Saal ist inzwischen radikal verfinstert, zusammen mit überfordertem, Taschenlampen schwenkenden Einlaßpersonal ihre Sitzplätze suchen. Und dies gerne laut tuschelnd oder gar empört. Was erlaube Pünktlichkeit?
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Die ersten vier, fünf Songs sind eine blecherne Kakophonie. Ich stehe auf, hole mir draußen einen Silvaner und steige auf einen der Stehplätze über den Seitenrängen. False Prophet kann ich als ersten Song ein bisserl behören, Black Rider ein bisserl genießen. Aber die Decke echot von oben auf mich herab und die ganze Veranstaltung ist einfach sinnfrei zu laut. Und die Klimaanlage pustet nackenversteifend ihr begleitendes Grundrauschen.
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Bob Dylan und seine Band haben sich auf der Bühne eine Art Thing gebaut. Lampen und Verstärker bilden einen Kreis, in dem sich unsichtbare Schatten bewegen und musizieren. Sie scheinen aber Spaß zu haben. Rechts von der Bühne ein fettes Mischpult, welches wahrscheinlich für den gediegenen Sound im Musikantenzirkel sorgt. Dem Rest da draußen im Finsteren bleibt ein ständiges Knarzen und Rumpeln. Und wenn Dylan in die Harp pustet, dröhnt in den Ohren ein Fliegeralarm. (Lieber Joe! Jetzt weiß ich, was Du manchmal gemeint hast, wenn wir probten!) Früher sang Dylan von Dystopien. Letzten Montag schien mir, daß Dylans Auftritte inzwischen zu einer Art eigener Dystopie mutieren. Masked and Anonymous.
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Nach einer langen Weile setze ich mich ins Foyer. Noch ein Sylvaner. Laut genug war es, um draußen vor der Tür alles mitzukriegen. Und ich nahm den kleinen Abschied zu mir. Wenn schon, denn schon. Good bye, Jimmy …? Every day is the same thing out the door, feel further away than ever before? Hä? Das lockte mich wieder ins Haus. Das gute alte Ratespiel. Die Band spielt im Prinzip Highlands und der Sänger singt dazu Good bye, Jimmy Reed. Der Mann am Mischpult hat den Master runtergezogen. Dylan steht auf und trippelt, gebeugt, leicht schwankend nach vorne, stützt sich immer wieder mit der freien Hand auf dem Flügel ab, singt gesenkten Hauptes und schaukelt wie ein angeschossenes Reh wieder zurück zu seinen Tasten. Ein Charlie Chaplin des anderen Blues. Goodbye Bobby Dylan and everything within ya. Can’t you hear me calling from down in Frankonia?
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Hundertzwanzig habe ich für die Veranstaltung gezahlt. Das ist mit den Ticketpreisen anderer alter und rastloser Männer verglichen schon richtig preiswert. Die letzten Minuten waren mindestens 80 Mäuse wert. Wenn nicht mehr. Every Grain of Sand. Er schafft es immer wieder mich zu packen. Trotzdem: ab jetzt nur noch seine ehrwürdigen Scheiben an Orten, wo ich selbst entscheiden kann wie laut, wie hell, wie dunkel. Und leiser.
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Wo wir von den Abschieden schreiben. Unlängst gab es eine Anfrage für DieDylanTanten. Irgendwann nächstes Jahr. Ich habe mich auch da jetzt verabschiedet. Irgendwann iss immer gut. Und dann braucht auch Keiner mehr schreiben, daß wenn Lugerth Dylan singe, Dylan gar nicht mehr nach Gießen zu kommen brauche. Mir war ein solches Echo auf gelegentliche Auftritte meist nur peinlich. Wobei? Vielleicht mal ein Dylansoloabend? Ganz zurückspulen auf seine Anfänge? Tarantula und die Sandkörner?
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Auf der Hinfahrt nach Nürnberg las ich im Zug die TAZ. Die Platte habe ich mir gekauft. After Zimmermann. Hat sich gelohnt. Ein Hoch auf die Jugend. Zum Glück ist sie vorbei. War sehr schön. In Nürnberg. Und auch sonst.
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PS: Während ich hier bei offenen Fenster rumtippe – draußen etwas absurde 21 Grad Celsius – fliegen seit ein / zwei Stunden hunderte Kraniche über mich hinweg. Wo sind sie nun zu Hause? In den nordischen Sommern? Im anvisierten südlichem Winter? Oder wenn überhaupt nur unterwegs?
Da lief ich also dieser Tage die Schulstrasse runter, die Straße in der ich meine erste Wohnung hier bezogen hatte. Und dr Prinz grüßte mich, jener Prinz der ordentlich Mitverantwortung dafür trägt, daß ich in dieser Stadtsimulation namens Gießen immer noch lebe. Jetzt kütt er also mal vorbei nach bald zwanzig Jahren. Will er nach dem Rechten schauen?
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Remember the legendary Summer of TwoOOSix! Er startete durch mit einem verzweifelten Flankenlauf eines der ersten stärker pigmentierten Nationalkicker und ein Schweizer rettete daraufhin die nächsten Wochen und Polen hatte mal wieder verloren. Es war der 14. Juni, der Geburtstag meiner jetzigen Gattin, was ich damals natürlich noch nicht wußte, da ich mich eben über eine ausgelassene polnische Chance laut geärgert hatte und der Nebentisch mich als – dies ist nicht gelogen – „Vaterlandsverräter“ beschimpfte. Ab diesen Abend wurde schwarzrotgold aufgewimpelt. Schland ward wieder auferstanden. Die AfD noch nicht gegründet.
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Ich wußte in den überhitzten Tagen nur: ich mußte das Stadttheater Gießen verlassen. Ich war Ensemblesprecher gewesen, Großmaul und unbequem. Das ist in DDR-affinen Gebilden, auch wenn sie von einer Dame aus der Schweiz geleitet werden, nicht gerne gesehen. Ich spielte meine letzten Vorstellungen. Im Menschenfeind war ich so eine Art von Molierepunk. Szenenappläuse. Abgänge abfeiern. Und WM gucken. Dann Bier trinken.
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Am 24.6. – dies wiederum der Geburtstag meiner Mutter – saß ich früh nachmittags u.a. mit meiner wunderbaren Kollegin Petra Soltau und der gesamten Abteilung Tanz im Türmchen. 30 Grad. Am Nebentisch oberkörperfreie Engländer. Verbrüderungsszenen. Petra ist mit einem Briten verheiratet. Keine 15 Minuten gekickt und unser aller Prinz hat den Schweden zwei Hütten ins Billy-Regal genagelt. Euphorie. Die Engländer immer freigiebiger und die Hirne wurden angenehm weich. Abpfiff. Vor dem Lokal hockte der Polsterer des Stadttheaters, neben ihm eine Frau. Eine wunderbare Frau. Abtasten. Vage Verabredungen. Ich mußte nochmal ins Theater. Danach mit ihr in einer anderen Kneipe Fußball geguckt. Mexiko gegen Argentinien. Der Rest ist Geschichte und seit jenem Tag auch Alltag.
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Kurzer Einschub in Sachen zweite Karriere nach der Pöhlerei. Zahnleiste Kloppo? Der düst und düst jetzt im Brauseschritt und kann fliegen. Nun gut.
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Zurück. Dr Prinz iss also Schuld. Jetzt will er irgendwann in der Schulstrasse Schabefleisch verkaufen lassen. Genau das hat der Kulturmetropole ja noch gefehlt. Mehr Döner macht Gießen noch schöner. Die Stadtreinigung bleibt weiter heiter. Ich freue mich, daß er kütt: Dr Prinz. Statt der Zahnleiste.
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Der Sohn unserer Nachbarn heißt Leopold. Ein kleines, charmantes, aber kokettes Monster, der seine Mutter am Nasenring durch seine Kindheit führt. Sie ruft ihn gerne Poldi. Ich mag den Bengel. Noch enne Prinz he.
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Heute Abend verabschiedet sich dr Prinz von Kölle um zurückzukehren.
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PS: Dieser Beitrag wurde nicht unter der Mitwirkung von KI erstellt. Es war ein Lauffener Schwarzriesling. Morgen werde ich ein 68er. Die Contenance schläft.