„Aber wer will dem Menschen sagen, was nach ihm kommen wird unter der Sonne?“ (Heilige Schrift / Prediger 6, 12)

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Vorgipfel / bei Pfronten im Allgäu / 14. Juni 2022

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Hoffe der Sommer endet in Bälde. 30 Grad im September machen mich traurig und mürbe. Warum nicht nur noch Milde, ein blasseres, müderes Licht? Die Kühle? Ein Frösteln? Das Abschiedswinken eines Septembers, der seine Vorgänger nicht übertreffen muss und eigene Geschichten erzählt?

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Heute von leichter Hoffnung. Es gab (und gibt sie hoffentlich noch) milde, sich der Lautsprecherei enthaltende Politiker. Eigentlich erst als Dichter entdeckt, diesen polnischen Sachsen, der in Thüringen studierte. Ilmenau.

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Gipfel 2

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Das ist dein Gipfel, höher gelangst du nicht mehr. Die Sonne, die den Zenit erreicht hat, wandert nur langsam. Unmerklich schwinden die Tage.

Du möchtest ausruhn, möchtest von deinen enttäuschten Hoffnungen abstehn, die du dennoch nicht aufgeben kannst, von all den Erfüllungen, die schal werden, wenn sie vorbeigehen. Du möchtest hier warten: Monate, Jahre, bis der Abstieg beginnt.

Aber du täuschst dich: Es ist nur ein Vorgipfel. Ein Kind kommt, und du musst aufstehn. Eine neue Pflicht fällt dir zu, und du entziehst dich nicht.

Keine Symmetrie kennt dein Leben. Und du siehst es den Wegen nicht einmal am Abendlicht an, daß es Heimwege sind.

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(aus: Uwe Grüning / Laubgehölz im November)

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Vielleicht mal so? Mehr Dichtende in die Parlamente, denen ihre Sterblichkeit bewusst und sie so den Wählern nicht ewiges Leben und Reichtum versprechen müssen. Menschen, die bereit, wenn nötig, zu gehen, Platzhalter für die, die ihnen folgen werden, wenn die wollen. Diener. Politik und Leben können nicht sein, werden und bleiben ein ewiger Rachefeldzug der vermeintlich Zukurzgekommenen. Da fröstelt es mir. Höret den Rio. Das ist ein Trostlied. Träume ich? Träume wütig als weider.

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„Das sogenannte Romantische einer Gegend ist ein stilles Gefühl des Erhabenen unter der Form der Vergangenheit.“ (Johann Wolfgang von Goethe)

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Auf Rügen / Nach einem Unwetter / Juli 2011

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Schwermut statt Depression. Als bekennender Romantiker Lebenslust und Verzweiflung in den morgendlichen Kaffee rühren. Jeden Tag aufs Neue. Den Humor auch den vermeintlichen Gegnern gestatten. Möglicherweise.

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Las eben, dass Caspar David Friedrich lange Zeit etliche seiner Bilder nach Weimar senden ließ. Der ewige Geheimrat hat sie aber noch nicht mal ausgepackt und unbesehen zurückgesandt. Da er angeblich wusste, dass das Romantische die Welt nicht fassen kann. Welche Welt? Wessen Welt ist die Welt? Derweilen stand er – sein Rücken am Arsch, dauerblau – an seinem Stehpult und schrieb sich getrieben und sehr laut in die Almanache aller ihm nachfolgenden Deutschländer.  Sehr schönes Interview.

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Die Schwermut

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Gewaltig bist du dunkler Mund

Im Innern, aus Herbstgewölk

Geformte Gestalt,

Goldner Abendstille;

Ein grünlich dämmernder Bergstrom

In zerbrochner Föhren

Schattenbezirk;

Ein Dorf,

Das fromm in braunen Bildern abstirbt.

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Da springen die schwarzen Pferde

Auf nebliger Weide.

Ihr Soldaten!

Vom Hügel, wo sterbend die Sonne rollt

Stürzt das lachende Blut —

Unter Eichen

Sprachlos! O grollende Schwermut

Des Heers; ein strahlender Helm

Sank klirrend von purpurner Stirne.

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Herbstesnacht so kühle kommt,

Erglänzt mit Sternen

Über zerbrochenem Männergebein

Die stille Mönchin.

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(Georg Trakl)

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Der Krieg kann einem das Schweigen beibringen. Oder die Geschwätzigkeit. Der Schwarze Hund ist nur eine der vielen Varianten des Kriegs. Und gerne Auslöser der letzten Gefechte. Und der sie auch über das Verfallsdatum hinaus am Leben erhält. Die Schwarzen Hunde des Gegenübers füttern den eigenen Schwarzen Hund. Macht Angst. Oder blau. Nur ein Bild. Singend.

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Caspar David Friedrich / Mönch am Meer

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Halt Dich an Deiner Liebe fest! Oder besser doch nicht? Was sagt Rio dazu?

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Anfang September 2017 / Teatral’naya Ulitsa, 5, Sovetsk, Kaliningrad Oblast, Russland, 238750

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Anfang September 2017 stand ich im Grenzland-Theater in Sovetsk auf der Bühne und sang u.a. „Halt Dich an Deiner Liebe fest!“ und ein paar Songs von Elvis. Was genau, habe ich vergessen. Nicht vergessen aber ist das begeisterte Publikum, welches – es lebe das Klischee – schön sentimental nah an russischen Wässerchen gebaut war und schunkelte und jubilierte. Die gab es danach in rauhen Mengen, die Wässerchen, wobei unsere Übersetzerin uns schon beim Empfangswässerschen am Vorabend gesagt hatte: „Verglichen mit sowjetischen Zeiten wird kaum noch getrunken hier!“ Na dann, nastrowje. Jetzt, wo ich es hinschreibe, vermute ich, dass ich mich wiederhole. Nicht zu vermeiden. Kurz vor 68. Mein nächster Geburtstag.

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Auch wenn ich mich wiederhole, es war eine seltsame Reise. Ich hatte mich gefreut wie Bolle, befeuert auch von alten Klischees. Deutsch-Russische Freundschaft. Seele. Literatur. Wässerchen. Der Große Vaterländische Krieg, der unseren heutigen Wohlstand erst ermöglichte. Rosa- bis knallrot gefärbte Erzählungen meiner Verwandten oder später dann Kollegen in der DDR oder ihren Resten nach 1989. Inklusive der Wut. Subkutan. Das Morbide, das mich als Schwarzen Hund schon immer anzog. Utopie. Träumerei. Die Erinnerung an die jugendliche Verteidigung roter Kugeln.

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Das Mulmige? Das, was ich sah, war nicht morbid mit Charme, sondern einfach kaputt und großräumig verschimmelt. Auf der Fahrt zum Theater wurde uns eingeschärft – Wässerchen hin oder her – auf jeden Fall auf politische Einlassungen aller Art zu verzichten. Den damals noch engen Freund und Erwärmer unserer Ärsche in den deutschen Wintern Putin am besten überhaupt nicht zu erwähnen. Nach dem Auftritt trafen sich die zwei Ensembles sehr intensiv, ich sang dann noch mit dem schwäbischen Theaterdirektor, gut bewässert, „Auf dr schwäbsche Eisebahne“ und als ich trunken ins Hotel fliehen wollte, lief plötzlich jemand neben mir her und lieferte mich ab. Im Hotel. Gerne hätte ich noch ein wenig auf die Memel geblickt und nachgedacht. Oder wäre reingefallen.

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Natürlich habe ich nach Rückkehr stolz von dem Aufenthalt überall herumerzählt. Bisserl geschönt. Man muss ja nicht alles verraten, was einem quer im Halse hängt. Und im Rückblick ist man eh schlau wie der Fuchs, der rote Gefährte. Auch wenn er die Gans nicht gestohlen hat.

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Was war das noch mit den roten Kugeln? Nur noch diese roten Kugeln? Nun gut. Wenn man sich einmal verstrickt hat, hilft es nicht mal rechts, mal links eine neue Masche fallen zu lassen. Fast jeder erlebt über kurz oder lang eh sein blaues Wunder. Was nicht weiter verwunderlich ist.

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Den unten nannte man den russischen Bob Dylan. Hinweis von Maxim Biller. Danke dafür.

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„A horse! A horse! My kingdom for a horse!“ (Richard III / Shakespeare)

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Januar 2021 / Über Königsberg / War schön kalt

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Lasst sie doch hängen. Ohne irgendwelche eurer scheinheiligen Koalitionsangebote. Sollen die doch regieren. Pelzmantel-Sahra. Mofa-Björnie. Einfach niemanden einladen zu ihrer Deutung der angeblichen maroden Party Scheindemokratie und das empörte Geschrei gelassen aushalten. Warten. Mit bösem Grinsen im Gesicht. Macht doch, ihr Schwätzer. Und die eigenen aufgeplusterten Ängste einfach ignorieren. Selbst Trump und seine assoziierten Golfbrüder wissen nicht, wie man den vermeintlichen Gegner, der man selber ist, wirklich ausradiert. Letztlich aufgeblasene Feiglinge. Wie wir. In Thüringen werden sie Buchenwald nicht wieder aufmachen, diese Theoretiker der Verantwortung. Treten wir zur Seite. Bitte schön. Da wäre der Sitzungssaal. Sie werden unsere von Selbstermächtigung und Arroganz vollgesogenen Altbauwohnungen nicht stürmen lassen. Sie wohnen selber dort. Weniger Angstreflexe vielleicht?

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Wenn einer der letzte Fachmann in der Angelegenheit FRÜHER ist dann Putin. Selensky bewirbt sich leider auch bei dieser Dauerschleife. Ach hätten wir doch eine letzte rote Kugel im Koffer. Auf ihr wurde eingraviert Gerechtigkeit. Oder die gute Sache. Da war doch mal was. Ein Buch darüber hätte ich auch noch im Schrank. Oder lieber nicht? Es gibt sie aber nicht mehr diese Farben. Rot. Schwarz. Grün. Gelb. Der ausgestreckte Finger der Enkel ist blau geworden von unser aller täglichem Drücken auf die Tasten.

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Morgen mehr von den wahren roten Kugeln. Das verlorene Königreich inklusive Pferd solange in den Stall führen. Füttern. Abreiben. Gut zureden.

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„Don’t dwell on what has passed away / Or what is yet to be!“ (Leonard Cohen)

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Hoyerswerda / In Gundermanns Schaltzentrale in der Kulturfabrik / 9. Juli 2019

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Es treibt mich um. Das letzte Wochenende. Es wird mich noch länger umtreiben und hat mich schon davor rumgetrieben. Vor sich her. Wie lange wohl schon?

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2022 war ich dabei etliche Koordinaten, die mich halbwegs sicher durch mein bisheriges Leben geführt hatten, zu verlieren. Um ehrlich zu sein, hatte ich Ende 2021 meine seelische Roadmap vollkommen sinnentleert selbst in die Luft gejagt. Ich war von der Richtigkeit meines emotionalen Handelns voll und ganz überzeugt. Hand in Hand mit Genosse Grauburgunder. An meiner Seite war man glücklicherweise – nach meiner reumütigen Heimreise – sehr stark. Jedoch benötigte ich Hilfe. Hilfe in der Not. Der Riss, durch den kein Licht eindrang, sondern nur schwarze Suppe und mich zu spalten drohte, nahm mir gelegentlich den Atem.

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Also saß ich unterm Dach des Instituts in Gießen – Jahre davor hatte ich ein Theaterstück über den Namensgeber zusammengestückelt – nun auf der anderen Seite. Nicht wissend, eher irrend. In einem Nebensatz in einer der knapp zehn Sitzungen sagte die Frau, die mich „betreute“ – sie kam aus der Ukraine – „Wissen Sie, die allererste Heimat, die Heimat der Eltern, Großeltern, selbst wenn man dort nicht mehr aufgewachsen ist, hat viel Kraft in einem!“

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Las ich heute im gestern erwähnten Buch von Ines Geipel, die den Exil-Philosophen und Prager Juden zitiert: „Das geheimnisvolle Heimatgefühl fesselt an Menschen und Dinge. Beide sind in dieses Geheimnis gebadet. Geheimnisvolle Codes, in denen man lebt wie in ausgelatschten Schuhen. Die aber, die gehen, können qua Status nicht anders als den Finger in die Heimatwunde zu legen. Ihr Weggehen sagt: Nichts ist einfach so!“

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Natürlich rührt mich der Blick auf den Bodensee an. Natürlich gibt es dort Menschen, wichtige Menschen. Meine Familie wohnt dort. Aber, schon öfters schrieb ich hier darüber, stehe ich zum Beispiel in Hoyerswerda und fühle ich mehr Heimat als in Dingelsdorf mit Blick auf Überlingen. Das macht die Beheimateten natürlich wütend. Auf mich. Nicht auf ihr Bleiben.

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Wahlen in Baden-Württemberg nehme ich nur peripher wahr. Kretschmanns Wahl ist für mich kein Brustlöser. Da wo die dicke Kohle tanzt, auch wenn sie grün, fluche in gerne in der Sprache der Eingeborenen. Dies wiederum erbost meine liebste Frau, die den See vorbehaltlos lieben kann. Als Hessin.

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Die letzten Wochen ließen mich also nach- und vordenken und zweifeln und verzweifeln und trotzdem hegte ich eine seltsame, schwer zu begründende Nachsicht ob der schmerzlichen Entscheidungen der Menschen dort. Und ihren mehr verzweifelt als peinlichen Liedern. Bescheuert natürlich. Am Bodensee wußte man stets besser Bescheid.

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Halt! Auf Zynismen fortan verzichten.

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Meine Mutter, aufgewachsen und ausgebildet in der DDR, mit mir im Bauch und meinem schon lange toten Vater damals an den See gezogen, hatte sich im Laufe ihres Lebens, gut verankert in der sogenannten Konzilstadt, versucht den dortigen Dialekt zuzulegen. Zumindest Bruchstücke. Es klang in meinen Ohren fürchterlich und peinsam. Ich hatte wenigstens die Chance in der Schule hörend zu lernen, wie mr halt als e Konschtanzer Frichtle schwätze tut. Ich war nie ein solches Tierchen. Habe mich gut angepasst. So wird man aber schneller zum Verräter, als man einen eigenen Dialekt erlernen kann, wenn man später auf dem Bahnsteig steht.

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Bevor ich jetzt aber auch noch anfange über meinen Wohnort Gießen nachzusinnen, gehe ich besser mal in die Küche, spüle, kaufe dann ein und haue ein fettes Fleischstück in die Pfanne. Dazu Mais und Kartoffeln aus Eigenanbau. Eben noch die öffentlich- selbstgerechtliche Kurve gekriegt.

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Es wird nicht so einfach bleiben, wie es eh nie war. Außer man stellt das Nachdenken ein. Ruft’s Großmaul in mir. Master Cohen! Bitte übernehmen!

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„Niemand hat ein Monopol auf Auschwitz!“ (Carl Laszlo / KZ – Überlebender)

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Gewitter / In Tilsit oder in Sowetsk? / Lenin fällt vor dem Hotel Russland um / 1. September 2017

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Geschichte findet nie ihr Ende. Obwohl eine diffuse Sehnsucht danach weit verbreitet ist. Gerade unter Brüdern und Schwestern. Eheleuten. Und anderen Familien. Je weiter der Ausgangspunkt einer solchen Sehnsucht zurückliegt, um so schrecklicher oder grandioser wird er in der Erinnerung.

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Ich gestehe, obwohl ahnend, dass die Wahlen keine grosse Überraschungen bereithalten werden, sondern die Auguren ausnahmsweise Recht behalten würden, war ich den ganzen gestrigen Tag seltsam aufgeregt. Schon nachmittags saß ich im Hinterhof, die Flasche Wein und wartete auf’s Christkind aka erste Prognose. Und las. Das neueste Buch von Ines Geipel, die sich seit Jahrzehnten an ihrer Ost-West-Geschichte abarbeitet. Das Buch erzählt nichts wirklich Neues, fasst aber überraschend zusammen und leuchtet in etliche Ecken, die so nicht wahrgenommen von mir. Sprachlich ist es mir etwas seltsam überladen. Hochgestochen in überheiztem Ton und händeringend ihre alte Heimat beschwörend, bittet Ines Geipel darum das Glück der vom Osten damals aktiv eingeleiteten Wiederverheiratung nicht zu verdrängen. Weiterlesen! Später mehr davon. Aus dem Buch geklaut die heutige Überschrift und so auf einen faszinierenden, mir bis dato unbekannten Überlebenswütigen getroffen, Carl Laszlo. Meine geliebten Querverbindungen. Da sitzt er mit William S. Burroughs an einem Tisch.

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Ich habe selten einen Menschen so in die Kamera glänzen und strahlen gesehen wie gestern Abend „MADAME von und zu Bündnis mit mir“. Wenn dieses monströse Ego noch weiter aufgepumpt wird und dann platzt, werden die politischen Putztruppen etwas länger brauchen, den Sitzungssaal wieder auf Vordermann zu bringen. Und Simsonpilot Björnie H. erklärte derweil den Mikrophonhaltern, wie Demokratie funktioniert.

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Die Moderatoren und Kommentatoren gaben sich ungewohnt beherrscht, aber keiner war dann doch in der Lage auf die Hülsen „gesichert rechtsextrem“ und „darf Faschist genannt werden“ zu verzichten. Die Ampelmännchen schickten danach ihre zerknirschten Vasallen an die Front. Lindner blieb auf Sylt. Sind wir eigentlich noch zu reich? Und wer ist wir?

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Deutschland ist dem großen Bruder jenseits des Atlantiks stets was hinterher. Mit 10 bis 15 Jahren Verspätung. Jetzt wählen hier viele der von was auch immer Enttäuschten / Desillusionierten / Romantiker / Träumer / Anhänger von Traditionsvereinen / You name it: eben auch Alte und Kranke und Lebensmüde keine Programme, sondern das Glitzern oder Glänzen oder Wüten oder ein ominöses FRÜHER. Manchmal verstehe ich das. Kann es jedoch schwer nachvollziehen. Hypermoral ist nicht die Antwort, sondern nur eine Version der Sehnsucht nach dem Ende der Geschichte.

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Das war ja keine Liebesheirat im November 1989. Sprich ein Jahr später. Es war ein heftiger Flirt anfangs. Die Braut OST war am Ende, aber träumte tatkräftig. Dann lag der Freier WEST im Lotterbett und bestand auf sofortige Heirat. Ohne Ehevertrag. Die Braut ein paarmal schick zum Essen ausgeführt, (zwangs)geheiratet, es wächst zusammen und so, Tränen, Krokodile, Helmut Kohl singt schief und kratzt sich kurz darauf zerborstene Eier vom Jackett. Bus verpasst. Und dann wächst über Jahre, Jahrzehnte eine seltsame Erzählung, neudeutsch Narrentief, heran, in der die zwei in einem Eigenheim eingesperrten Ehepartner – die Kinder und Enkel wechselten derweil beflissen die Himmelsrichtungen – nur noch mit dem ausgestreckten Finger aufeinander zeigen und aus der Vergangenheit eine zementierte Wahrheit basteln. Obwohl jedes Einzelschicksal zwischen Ost und West meist filigraner, brüchiger, ambivalenter, müder geschehen war. Loose Ends eben. Kein Ende irgendeiner Geschichte. „Du weisst gar nicht, was ich mit der / dem täglich aushalten muss.“ Das bleibt oft über. Tja.

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Ich kenne etliche solcher verbitterter, griesgrämiger und von der Langeweile des Alltags gehetzter Eheerzählungen in meiner näheren oder ferneren sozialen Umgebung. So sind wir halt. Hoffe ich kann’s vermeiden.

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Gestern war ein 1. September. Am 1.September 1939 überfiel Deutschland. Ja Deutschland überfiel Polen und eben nicht Nazi-Deutschland überfiel Polen. Deutschland überfiel Polen. Später dann aufgeteilt in einen Westteil, der meinte sich via der 68er Aufarbeitung aka Reinwaschung davon frei gemacht zu haben und einen Ostteil, der via eines staatlich verordnetem Antifaschismus seine Teilhabe am Menschheitsverbrechen Number One einfach leugnete. Diese unbeglichenen Rechnungen lagen schon 1990 rum im deutsch-deutschen Lotterbett. Man schob die geflissentlich unter die euphorisch quietschende Matratze. Deshalb die Überschrift und jetzt lese ich mal weiter bei Frau Geipel. Auch wenn ich mich weiterhin ärgern sollte.

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Der Verzicht auf einen G‘TT kann sich auf Dauer als Fehler erweisen. Sonst wird der wild und schickt uns Menschlein, die wir uns gescheit wähnen, die Selbstermächtiger auf die Erde und lässt wählen zwischen sich und denen.

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„Wenn wir einmal nicht grausam sind, dann glauben wir gleich, wir seien gut.“ (Herr Stadlober zitiert Kurt Tucholsky)

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Elbbrücke Torgau / 21. Juni 2023

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Einmal werden wir noch wach, heissa dann wird blau der Tag! Der Westen fährt mal wieder aus seine allwissenden Schwingen über die zurückgebliebenen Brüder und Schwestern Ost. Wen interessiert es wirklich? Falsch! Wen wird es wirklich betreffen? Auf dem Gießener Kirchplatz trifft man sich heute in recht also sprich aufrechter Gesinnung unter dem Motto „Älter werden in Gießen!“ und warnt nebenbei die Wähler in Erfurt, Dresden, Freiberg und Saalfeld vor sich selbst. Chuzpe? Weia!

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Schönes Zitat das oben. Ein ehemaliger Jungschauspieler (42) – alle Schauspieler unter 50 oder 60 sind in der öffentlich-rechtlichen Wahrnehmung der Pedelec–Boomer eh Jungschauspieler – hat eine Platte gemacht mit Tucholsky-Texten. Wird nicht gehört, aber das Zitat wird gerne geklaut von mir.

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Sarah ist eine extrem schöne Frau. Sie hat den bösen Frosch geheiratet. Der aus dem Brunnen sprang. Beide riechen und rochen stets, wo es knistert und knarzt zwischen den sich umarmenden Scheinheiligen und ihren wohlfeilen Versprechungen. Sie waren stets dabei. Sie werden daran weiter verdienen. Wer Dummheit richtig benennen kann, muss aber nicht per se schlauer sein. Gescheiter vielleicht. Ein zu lauter Versuch. Wie immer.

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Manchmal schau ich mir am nächsten Morgen, nachdem ich hier rumtippte, die Worte an. Meistens (97,8 %) nicke ich es dann ab. Das bescheuerte Momentum als ein einkalkulierter Fehler. Unbedingt. Hier darf ich das. Woanders hätte ich es gerne mal mehr. Schnauze! Wobei ich gelegentlich überlege die Texte mit den aktuellen Promillewerten zu unterlegen. Schwankt zwischen nüchtern und hirnfrei. Meist aber bleiben halt die unzähligen Zwischentöne.

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Zurück zum Stück. Auch morgen wird sich die Welt stante pede weiterhin weigern unterzugehen. Vor allem ante portas meiner unbedeutenden „restgermanischen“ Wohnung. Hyperventilierte Journalisten werden am Montag aber zufrieden auf ihr Gehaltskonto blicken dürfen. Nee, Genosse! Nicht Lügenpresse! Diesem Job wohnt inne das Ungeheuer! Call it clickbait!

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Wie cool ist das denn? Mal kurz vor Wahltermin einen Flieger gen Kabul freigeben? Währenddessen lässt sich dat Höckilein auf einer Simson – war doch einer meiner Onkels operativ und weit vorne an der Entwicklung dieses Mopeds beteiligt – mit dämlicher Tom-Cruise-Pilotenbrille auf der westdeutschen Nase ablichten. Und Sarah lässt sich derweilen ihren Pelzmantel abbürsten? Zuhause? Im Saarland? Weimar? Wo man heiratete? Der Spalt-Zwerg macht das schon! Gewiß nicht das Proletariat, mit der MADAME soviel zu tun hat wie Ananas auf Pizza mit Sardellen und Honig!

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Eben! Hä? Wenn ich wählen täte … Uff! … Nee! …. Aber! … Oder? … Fehlt!

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Das Leben bleibt letztlich eine Einzelfallanalyse! Tanzen wir bis morgen die Vermutungen runter! Ruth Underwood übernimmt!

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PS: Selbstredend werde ich wohl morgen ab 17:50 bis spät in die Nacht Wahlberichterstattung glotzen. Oder ist schon wieder Stadtfest ante portas?

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„Müngersdorfer Stadion, Müngersdorfer Stadion, am beste jon ich schwemme im Stadion.“ (Jürgen Zeltinger)

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Liegewiese mit Brille und Südkurier / Freibad Wallhausen / Kreis Konstanz / 30. Juli 2024

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Frei die Bäder und die Mofas tot

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Frei im Bad

Teilten wir wortlos Handtücher

Reime auf dem Rücksitz meines Mofas

Flatterten ihr versprochen nach

Dreh dich nicht um

Kann ich dich nach Hause

Du solltest so nicht mehr fahren

Hatte sie recht

Dann war der Tank leer vor der

Zeit

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Das Wasser gestern schmeckte

Anders aber das Geländer war

Lediglich neu angestrichen

Und ich hielt mich fest

An einem Hauch von

Vorvorgestern

Zurück in den See

Die Kieselsteine schmerzen

Keine Hornhaut unter den

Sohlen unter den Sohlen

Immer noch nicht

Es gibt keine Mofas mehr

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(Konstanz / Sommer 2024)

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