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Anfang 1992 war ich das erste Mal in Magdeburg. Ich war Ensemblemitglied des LTT Tübingen. Die Magdeburger Kammerspiele waren das damalige ‚Freundschaftstheater‘. Falls man es so nennen darf. Unterwegs mit dem Intendanten, der öfters in der DDR gearbeitet hatte, und mit einem Fühmann-Text. Ein Solo. Ich weiß gar nicht mehr, ob wir eine Vorstellung hingekriegt haben. Es waren jene Tage, da die anfängliche Euphorie des Zusammenwachsens schon in sich zusammengebrochen war und die Hoffnung auf die blühenden Landschaften im Wesentlichen sich auf Marlboroschirme vor gut frequentierten Trinkhallen reduziert hatte. Nicht auf Theaterbesuche. Jedoch: Lübzer Pils war stets erhältlich. Die Zigaretten hatten zollfreie polnische Banderolen. Billigware. Was tun? Ich wollte mir den hiesigen Dom anschauen. Ging runter an die Elbe. Es roch schweflig. Gelbliche Schaumteppiche trieben vorbei. Die Chemie am Oberlauf war noch nicht stillgelegt. Tschechien schickte seine giftigen Grüße. Alte Genossen.
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Ein paar Monate später waren wir wieder vor Ort. Mit Ensemble. Ich spielte den eingebildet‘ Kranken. Moliere. Noch keine rechten Hotels. Umgebaute Parteischulen. Jugendheime. Recht frugale Unterbringung. Meine murrenden Kollegen. Lübzer war immer noch billig und tröstete sie über die fehlenden Komfortzonen hinweg. Ich floh an die Elbe. Konzentrieren. Den Jammerwessis entkommen. Kein Schaum. Das Flusswasser roch fast nach Wasser. Neben mir am Geländer ein Bürger der Stadt. Die Elbe da unten. Ich teile ihm meine Beobachtung mit. „Nu! Dafür bin ich ohne Arbeit!“ Sagte er.
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Habe das in den letzten Tagen hier oft erwähnte Buch von Ines Geipel zu Ende gelesen. Anstrengend, anregend, überraschend, irritierend teils. Ich weiß es nicht. So ist auch der Text montiert. Die Verzweiflung erinnert sich an alten Jubel und mag das Hoffen nicht aufgeben, welches dem kurzen Glück innewohnte. Sucht also, muss suchen, fast baggert schon, in Tiefen, Untiefen, trägt Halden ab, die sich im nächsten Moment wieder auftürmen, wissende Ratlosigkeit, händeringend. Wortberge. Wortschöpfungen. Ines Geipel ist an der „Busch“ seit langem auch als Professorin für Verskunst tätig. Verskunst! Man müsste dieses Wort noch zwanzigmal in steter Wiederholung hier hin tippen. Ein Verskunstbuch? Das liest man nicht so einfach weg. Neige selber gerne dazu Sprachlosigkeit mit den spekulativen Wortverkleisterungen für mich bisserl greifbar zu machen. Was gelernt.
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Geipels Hoffnung auf den letzten Seiten der Erzählung? Ihre neueste Schauspielschulklasse. Die Mischungen. Querverbindungen. Alles wissen zu wollen und dann wie der Ochs vor’m Berg stehen bleiben. Zusammen? Zusammen! Danach hilft nur die Fleißarbeit. Getriebene Gelassenheit.
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Was mich berührt. Die Mutter. Der Vater. Dresden. Meine Mutter. Dresden. Thüringen. Ihr Vater. IM. Mein Großvater. SS. Die Kriegskinder. Jahrgang 1935. All die Spielarten trüber Erinnerungssuppen. Lose Enden, die keine Schnürsenkel sind. Die nie werden können zur Verschlusssache. Kind! Sieh! So bindet man eine Schleife! Wer zuerst die Schleife gebunden, ist der Erste auf dem Schulhof. Die Geschichte fliegt rückwärts, wenn sie sich nach vorne bewegen will. Was tun? Es lohnt sich stets die Suche, ohne ein altes Ziel seiner Suche vorzeitig mit Ergebnissen beeindrucken zu wollen.
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Welches Lied heute hier? Einfach mal Mainstream. Zwei Brüder brauchen neues Geld und machen einen auf Wiedervereinigung. War einst der Soundtrack zu meiner ersten Ehe. Folgte eine flotte Scheidung. Brauchte lediglich 18 Monate von der intensiv fotografierten Euphorie der ersten Tage bis zur Erzählung ewiger Zerknirschung. Wann war das? Damals.
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Ein Brüderchen sagte dann über das andere Bruderlein: „Er ist ein Mann mit einer Gabel in einer Welt voller Suppe!“ Kann man machen. Oder?
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