Löwen zu Wildsauen oder an den Rändern der Dorfstrasse wird applaudiert

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Istanbul / 27. März 2012

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Des Schauens müde

Die Fernbedienung im Schoß

Gibt das Blutdruckmessgerät keine Entwarnung

Irrlichternd den Trichter Neu Neu Neu ausgesaugt

Tik Track und Tok fieselschweifen arbeitsscheu vor sich hin

Und auf dem etwas zu hartem Sofa

Hyggeliger Stupor

Werden die Kissen befeuchtet

Mit der Traurigkeit des Überflusses

Unter dem Balkon die Wut schwappt höher

Der Westen ist am besten

Der Osten tut nur kosten

Brillenputztücher momentan ausverkauft

Die Welt steht Schlange

In der Berggasse

Slomkaesk

Freud Euch

Nicht zu spät

Hilfe

Schwarz die Wasser im Pool

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Peter sagte: „Und es war Sommer.“ / 21

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Balkon / hinten die Bucht von Lourdata / Kefalonia / 3. Juni 2023

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Es lebe der Irrtum!

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Es mögen hoch leben die Irrtümer. Vor allem jene, die man mit Ach und Krach gerade noch korrigieren konnte. Ein Abschiedsreim aus Kefalonia.

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Und wie die Sonne fiel ins Meer

Als sei’s ein letztes Mal

Sang ich ein Lied

In die hereinbrechende Nacht

Der Abendwind strich meine Wangen trocken

Aus dem Zimmer hörte ich Deinen ruhigen Atem

Charon bat ich noch zu warten

Bis die Grillen schweigen

Für immer

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Peter sagte: „Und es war Sommer.“ / 18

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Vathy / Ithaka / 6. Juni 2023

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Es ist alles gut

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Hinter den Horizonten lauere es

Am Ende des Regenbogens auch

Warum aber die Erfindung der Schreibmaschine

Verlängern ins Unendliche

Zurück zu den Bleistiften

Und wer jeden Sonntag sein Knie beugt

Muss die Nacht weniger fürchten

Sie bleibt unerbittlich

Auch wenn die Götzen in die Dunkelheit recken

Ihre einst verbotenen Abbilder

Bleibe zu Hause und wehre Dich redlich

Sprach ein alter Freund

Der stets auf Reisen

Leiser leben

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Zimmerman again: Überleben jenseits der Verletzungen. Das Schiff bleibt im Hafen. Und blickt auf die Berge der Vergangenheit.

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Peter sagte: „Und es war Sommer.“ / 16

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Frühstück / Lourdata / Kefalonia / 31. Mai 2023

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Verabredungen einzuhalten ist nicht immer einfach.

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Wenn die Kellnerin keine Zeit mehr hat

Und die Ungeduld dreht ein altes Rad

Ouzo ist ein Getränk das schneller spricht als Bier

Warum warte ich noch hier

Am Hafen schläft nun traurig ein meist leeres Café

Ein Seemann malt sich Schafe und pinkelt in den Schnee

Wer zu schnell zu viel vergisst

Mehr als ein Brot Stück Wurst Stück Käse zum Frühstück frisst

Es ist was es war und nun bleibt statt

Einfacher frühstücken und der Hoffnung satt

Den vorletzten Tagen folgen

Ich vergaß die Marmelade

Schade

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Für morgen eine Wiederholung. Verabredungen einzuhalten ist nicht immer einfach.

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Peter sagte: „Und es war Sommer.“ / 14

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Agios Nikolaos / Friedhof / Peratata / 3. Juni 2023

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Was wird auf meinem Grabstein steh’n. Überraschung?

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Wollte er gehen, so stolperte er? Wir hatten uns in ihm getäuscht? Er war einer von uns? Hätte er weniger gedacht, wäre mehr Leben möglich gewesen? Wanderer, verweile nicht länger als nötig? A schöne Leich‘? Da liegt einer (ohne Name!)? Entschuldigung? Es war nicht zu vermeiden?

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Da debattieren sie im Bundestag heute zwei Gesetzentwürfe in Sachen Beihilfe zum Selbstmord. Sie nennen es assistierten Suizid. Was ein grauenhafter Sprech. Sehr zwiespältige Angelegenheit. Erst verlängern wir mit modernster Medizin das Leben ins Unendliche und dann muß eine Abzweigung eingebaut werden. Hatten einst nicht, die die es sich leisten konnten, den Ring am Finger mit dem kleinen Giftbehälter, um sich in der größten Not den Schierlingsbecher selbst zu mixen? Ist man aber tatsächlich Herr seines Schicksals? Ich glaube, obwohl ich nicht wirklich glaube, nicht so recht daran. Gibt es so etwas wie Dankbarkeit für das Geschenk Leben? Lohnen Klagen und Vorwürfe, die man den ungerührten Göttern vor die Füße schleudert? Ersetzt ein Bundesverfassungsgericht den Priester? Die Schuldfragen. Darf man schuldbeladen gehen? Einfach so. Weil man nicht mehr kann? Die Schnauze voll hat? Zurück zur Dankbarkeit. Ich weiß es wirklich nicht. Fällt unser Umgang mit Muttern Erde eigentlich auch unter assistierter Suizid?

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Seit sich mein Vater vor 50 Jahren selbsthändig vom Leben verabschiedet hat – mit gerade mal 48 Jahren und dem Krieg im Körper – bin bei diesem Thema natürlich belastet. Ich weiß immer noch nicht wie tiefgehend das mein Leben beeinflusst hat. Daß dies doch schwierige Startbedingungen waren, war mir nicht immer klar. Mit zunehmendem Alter begreife ich mehr. Es ist jedoch weiterhin nur ein Ahnen, kein Bescheidwissen.

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Sitze ich an der Tastatur schaut mir Helmut Schmidt über die Schulter, wie ihn Bernhard Heisig im Jahre 1986 malte. Darunter Schmidts Lieblingsgedicht von Robert Frost.

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The woods are lovely, dark and deep

But I have promises to keep

And miles to go before I sleep

And miles to go before I sleep

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Bob Dylan sang schon als Jungspund auf seiner ersten Platte mit Altmännerstimme vom selbstbestimmten Tod. Da hatte er noch einige Wegstrecken vor sich. Jetzt ist er „never ending“. Ja, es gibt noch etliche Meilen zu gehen. Besser zu zweit. Verantwortung beginnt beim Gegenüber.

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Peter sagte: „Und es war Sommer.“ / 11

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Nationalpark Berg Enos / Kefalonia / 4. Juni 2023

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Klage nicht die Winde an. Die wehen.

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In den Sandkästen schlugen wir uns die Plastikschaufeln auf die Köpp

An der Fasnacht auch mal eine Käpselepistole

Was den Vater nicht erfreute

Der hatte mit kargem Lohn die fordernden Mäuler gestopft

Seine Aktentasche flog durch die Luft und trennte Kain und Abel

Für einen Moment

Biblisch wurde es dann nicht aber blieb kleinlich

Scheele Blicke auf Teller rechts oder links

Selbst ich der ich die 190 cm Lebenslänge anstrebte

Hatte das Gefühl gekommen zu sein

Jedoch zu kurz

Dumme Flecken unter Decken und daß John Wayne am Ende seiner Filme

Oft die Dorflehrerin die dem maßlosen Westen Kultur beibringen sollte

Den Hut ziehend in Schräglage küßte machte Hoffnung

Dann übernahmen Clint and Sergio und man spielte eher Lieder vom Tod

Staubaufwirbelnd einsam stolz

Wir gaben unseren bekifften Fahrrädern die Namen der Pferde Winnetous

Die kargen Berge des Südens nun Verheißung und Erinnerung

Der klammen Träume und an die Decken der Kneipe die Teebeutel

Geschleudert blieben sie hängen und einmal rutschte der Whisky genauso

Elegant über den Tresen wie bei John Ford

Der stete Wind trieb Tumbleweed über die Main Street

In dieser stupenden Langeweile möchte ich Siege feiern

Der Föhn blähte nicht die Segel sondern trieb mich vor mir selber her

Schlingerndes Schiff

Heute klebt man sich an den Dingen fest diese zu bewegen

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Bei uns alten Jungs ist halt – TRIG*GERWARNUNG! TRIGG*ERWARNUNG! TRIGG*ER*WARNUNG! – Hopfen und Malz verloren. Wer mit dem ganzen Wild West Kram sozialisiert wurde, kann nicht anders als hinter jeder der kargen Bergketten die angreifenden Komantschen zu ahnen, in Schluchten das Signalhorn der rettenden Kavallerie zu hören und Nscho-tschi sterbend in den Armen halten zu wollen. Zur Not Rock `n´ Roll auf die Bühne setzen.

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Der Nationalpark rund um den Berg Enos, unser Hausberg auf Kefalonia, ist eine der perfektesten Landschaften in Sachen hier kann ein gerne noch mal wilder Westener einer sein können dürfen mögen. Zumindest im Kopp. Meine Frau hielt ungerührt das Lenkrad des Mietautos in den Händen, während ich euphorisiert meine gesammelte Westernfilmhistorie zum Besten gab. Mal wurde zugehört, mal um Schweigen gebeten. Ironische Distanz, eine Gabe die nicht jedem gegeben. Und dann bogen wir um eine der etlichen spektakulären Kurven. „Du musst hier halten. Hier haben sie das Cover von Ace of Spades photographiert.“ Pure Behauptung. Was soll man aber tun, wenn die Assoziationen und Erinnerungen einen überfallen?

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Was ich nie gelernt: Nicht die besten Karten auf einmal auf den Tisch legen!

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Peter sagte: „Und es war Sommer.“ / 08

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Taverna Alexandros / Parkplatz / Divarata / Kefalonia / 5. Juni 2023

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Mann braucht keine Worte, wenn mann mal sehr müde ist.

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An der Kreuzung in Divarata, gegenüber der Taverne gab es einen der herrlichen griechischen Mini – Markets, kaufte ich mir einen neuen Hut. Meine Frau übernahm meinen alten Hut. Und auf dem Parkplatz ließen wir ihren noch älteren Hut zurück. Zur freien Verwendung. Dann fragte meine Frau den Hutverkäufer, ob es vor Ort einen Geldautomaten gäbe. „No, no. Not here. But soon. May be in three oder four weeks!“ Was heißt? Drei Jahre? Oder vierzig? Braucht man den Geldautomaten? Ach Veränderungen!

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Unter den älteren Hüten brodelt ein seltsames Wüten

Schaut man in den Spiegel sitzt du auf einem Igel

Im fremden Fleisch der Stachel juckt mich nicht

Doch meine Angst die sticht und sticht klare Sache kurz mal Rache

Über’s eigene Versagen stellt uns keine Fragen wir antworten später oder nie

Mundwinkel zucken und verziehen sich wo gestern noch Verlass mich nicht

Heute geh‘ ich selber und auf der Schlachtbank Kälber im Ringelreih’n versammelt

Altes Vertrauen gammelt schweigend vor sich hin sage sage deine Klage auf und lauf

Den abgelaufenen Hut an einen Ständer hänge und ändere die Gesänge oder kreisel weiter

Dann wenigstens ein bisserl heiter

Junge Köpfe alte Hüte meine deine gute Güte hüte oder nicht

Kommst du vorbei der alte Hut ist frei

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Giorgos Dalaras wieder. Pame Gi‘ Allou. Gehen wir woanders hin.

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Peter sagte: „Und es war Sommer.“ / 06

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Fundstück / Erinnerungsort Torgau / Stiftung Sächsische Gedenkstätten / 21. Juni 2023

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Und schon gar nicht das inexistente WIR.

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Dann durch Gotha. Blick auf den Busbahnhof. Oben eingeschrieben in die Kante der Überdachung ein Zitat des weltweiten Frankfurter Geheimrats. Tusch! „Denn man reist doch wahrlich nicht, um auf jeder Station einerlei zu sehen und zu hören!“ Goethe heißta, der ahle Maista!

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Der Zug leert sich. Will denn keiner in den Westen weiter? Oder halluziniere ich? Die Gewitter sollen nahen, tun es nicht. Ich krame in meiner Tasche rum. Ach und ach! Eben noch in Torgau im Schloß Hartenfels eine kleine, feine Ausstellung angeschaut. „Die Stasi“. Tatsächlich angekündigt in Anführungszeichen. Mein derzeitiger Wohnort war dem Schild der Partei offensichtlich nähere Betrachtung wert. Wieder nix Neues, aber gut immer wieder daran erinnert zu werden. Siehe das Photo oben. Stift und Reim her.

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Passionen revisited

Ich vertraue nicht mehr den trockenen Worten

Die Schleifen basteln mögen

Und Kurven drehen geradeaus

Statt mit Säure angereichert

Zwischen den Zähnen herauszuschießen

Auch auf die Gefahr hin

Zu schlittern

Herr Oberin

Zahlen bitte

13 48 3 24 8 37

Wir hörten die Gewinnzahlen der Mittwochsziehung

Protokoll

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Dann Eisenach. Mein Hirn wird weich und weicher. Blasen an den überhitzten Füßen. Zeit für einen Limerick.

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Geboren ward der Basti Bach

Vor Jahren einst in Eisenach

Dort lernte er von Flöten

Und auch von den Nöten

Er orgelt seitdem Gottes „Ach“


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Dann schlug mir die Hitze den Stift aus der Hand. Und ich überfuhr die alte Grenze. Ich schau da immer noch aus dem Fenster. Es gibt sie nicht mehr. Sagen die Einen. Und die Anderen nicht! Jeder bleibt vor sich allein. Das WIR ist und bleibt wirrer denn je.

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