„Durch diese hohle Gasse muss er kommen!“ (Friedrich Schiller / Wilhelm Tell)

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Magic bullets klammheimlich

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Der eine Zentimeter

Lincoln JFK Martin Luther King Robert Kennedy

Gestern aber

Der eine Zentimeter nur

Zitternder Mut

Und hinter der Säule

Bürgerbräukeller

Die eine halbe Stunde zu spät

Damals aber gestern

Der eine Zentimeter lediglich

Schafe im Wolfskostüm heulen auf

Geschlossen auf Picknickdecken

Neben offenen Gräbern

Der eine Zentimeter nur vorbei

Hinter Konstanz fassten sie

Georg Elser

Lenken blinde Götter die Kugeln

Klammheimlich

Der eine Zentimeter nur

Weiter rechts

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(gießen / heute)

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„There is nothing either good or bad, but thinking makes it so.“ (William Shakespeare / Hamlet / act 2 / scene 2)

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Hellas / Epiros / Anilio / 14. August 2013

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Überquellender schein, überlaufende hirne, qualen

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Auf der leeren bühne einst ein gestopfter

Socken shakespeares das lied des narren

Der regen der da regnete einen jeglichen

Tag und wäscht den staub erinnerung

Von den lustvoll knarzenden brettern nun

Aber stille gehämmert von überlautem wissen

Befreit von schwankenden geschichten über-

Tüncht von zeigefingerigen diskursen und hinweg

Gewischt was mal eine welt bedeutete den brettern

Nun vollgenagelt mit thesenpapieren hochmütig

Überrascheln penetrant wie bonbonpapiere

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Das menschenferne spiel

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Das vor leeren rängen nun und halbierten

Stuhlreihen am herzen vorbeitrudelt und beleidigt

Die hirne des auditoriums das nicht dümmer geworden

Nicht vergaß shakespeares diktum dass ein mensch

Ein guter nicht kann sein in selbstgerechtigkeit und

Herzensagonie und in den garderoben keine bierpfützen

Mehr und überquellende aschenbecher in die erschöpfte

Herzen skizzieren konnten einen ungewissen traum

Von fehlerhaftigem und hoffnung statt traktate zu versenden

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(gießen / juli 2024 / warum ich kaum noch ins theater gehe)

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The Boys are back in town / Thin Lizzy

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Kunscht / Wer hat auf den Kaktus gekackt? / Haus Mödrath / Kerpen / Anfang Oktober 2023

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Bubendämmerungen

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Sind wir nicht nur noch Smartphonepunker

Deren Schlauchboot ohne Anker

Fern von Humor und Ironie

So wie ich war so werd‘ ich nie

Auf Teichen voller Trüblichkeit

Kauen auf vergang’ner Zeit

Rum als seien dies Prothesen

Was damals war sei doch gewesen

Ach ich hab’s mir so gewünscht

Manche kahle Wand getüncht

Mit allzu schrillen Farben

Verneig‘ Dich vor den Narben

Und schwätz nit rum

Bleib halt dumm

Den letzten Schuss aus meinem Colt

Denn hab‘ ich leider nicht gewollt

Hätte hätte Fahrradkette

Und ich verlier die eine Wette

Auf alle Ewigkeiten

Länger schon

Bubbele

Das hast Du nun davon

Mann oh Mann

Wer es kann

Lässt es auch mal sein

Trink mer noch ein letztes Glaserl …

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(gießen / regen / kalt / herbstmärchen rules ausdauernd ok)

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„Retrace your steps!“ (sagte mir Oblique Strategies eben / Brian Eno)

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Am Hafen von Sami / Kefalonia / gleich Überfahrt nach Ithaka / 6. Juni 2023

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Schattenbuben

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Wenn ich sagte Einmal nur

Forderte ich ein Immer

Ich sah nur den Schatten den ich werfe

Vor meine eigenen Beine

Sonne im maladen Rücken

Voranstürzend und jene in meinen Fußabdrücken

Fluchend hinterher

Die nicht geboren wurden zu folgen

Seit‘ an Seit‘

Die einsetzende Dämmerung nun

Zeichnet sanftere Konturen

Auf den noch schwitzenden Asphalt

Einmal noch

Diesmal einmal nur

Lügner

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(gießen / regen / kalt / herbstmärchen rules weiterhin ok)

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„Die Spiele von England sind weniger interessant als vom Ufer aus verfolgte U-Boot-Rennen in tiefem Gewässer.“

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Lynmouth / Devon / GB / 2. August 2017

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Auf Geleisen

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Man muss mit den Wassern der Erinnerung sparen

Rief mir zu ein Wasserhahn

Mit mattem Kikeriki

Er aber tropft nun seit Jahren

Gerne nächtens

Zu laut

In den Tagen seiner ausgiebigen Reisen

Hatte er dichtgehalten noch und

Geplappert lediglich leise

Geschickt umschiffend Schmerzen

Fingerzeigend geduldiger

Während unter mir die Schienen

Klopften und sangen

Dadamm-dadamm- dadamm-dadamm- dadamm-dadamm-dadamm

Und ich schlief ein wie heute nimmermehr

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(gießen / regen / kalt / herbstmärchen rules ok)

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Nachtrag: Zitat oben: Rod Stewart. Hat er recht. Auch wenn sich Jude am Sack kratzt.

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„Größer als wir sind nur unsere Schatten!“ (Fred Schreiber)

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Agios Issidoros / Leros / Dodekanes / Hellas / 19. August 2016

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Im Schatten alten Mutes die Flauten und kaum Ufer

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Weh oh Weh Dir Mut

Da unter schlaffen Segeln ich ausharrte auf den Wellen

Da Penelope in mir nicht mal eine Erinnerung blieb

Weh oh Mut der wehte mein Boot gegen die Küsten der Erinnerung

Unzähmbare Gicht nach mir griff und die Ruder glitschig meinen Händen

Entglitten und Dein Schatten Höllenhund glitzerte

Zurück oh zurück zum Weh oh Mutiger

Odysseas Du oh Weh geprüft von bitteren Göttern

Wie wir kein süßer Wein sie sind es nie die Unwirschen

Wehe oh wehe Wind aber vor meinem Bug

Und ich wende nicht den Blick

Das schäumende Wasser wirft mir keinen Schatten zu

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(gießen heute, da ich obiges photo entdeckte in meinen archiven und dachte: da hast du ihn mal vor der linse gehabt, den schwarzen hund)

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Schrieb vor Tagen hier, dass Toni Schumacher seinen Schwarzen Hund als Graue Wölfe bezeichnet hatte im Gespräch mit Litti. Gefiel mir. Einem jedem sein eigenes Lied, wenn das Düstere zupackt. Einer oder die Etlichen. Hat vielleicht damit zu tun, dass der Tünn oft von ganzen Rudeln angefallen wurde. Stürmer. Fans. Presse. Und und und. Ich bleibe beim Schwarzen Hund. Singularität. Ich weiß, wo er entlaufen. Einer reicht mir auch.

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Als ich obiges Photo machte, war der Schwarze Hund mir so fern und so vergessen wie selten überhaupt. Wahrscheinlich hat er sich deshalb ins Bild gemogelt. Der Hund, der gescheite. Wobei ich mich nicht erinnern kann, ob nicht vielleicht sogar die liebste Gattin dieses Bild gemacht hat. Die kennt mich eh besser als ich mich selbst.

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„Humor ist, bei einer Medaille die dritte Seite zu sehen.“ (Zitat / nicht von Dylan)

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Hellas / Kreta / Kreuzung zwischen Matala, Pitsidia und Kommos Beach / September 2009

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Warum Bob Dylan wichtig ist

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Als wir auf jener Kreuzung verharrten

Und Du und Dein Fuchteln

Und ein wenig Wind um meine Nase

Ich müsse mich entscheiden

Endlich

Ende oder Scheiden

Da oder hier lang

Oder schmeiß die Münze

In welche Luft auch

Immer

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Der Teufel hatte keine Zeit uns zu helfen

Also blieb ich stehen

Was Dir missfiel

Ich vergaß wohin Du abgebogen

Obwohl ich mich nicht erinnern mag

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Heute ist unsere Kreuzung ein Karussell

Wir dürfen nur nicht vergessen

Uns

Festzuhalten

Nichts zu wissen aber auch

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(gießen heute / morgen ein auftritt)

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„Ich habe keine Angst vor dem Tod, aber vor der Sterberei!“ (Harald Nägeli)

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Huy / Wallonien / Belgien / Oktober 2023

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Bitte

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lieber bestattungsunternehmer

ein altes grabloch schreit leise nach mir

es tröpfeln einzelne worte

plopp

fallen stumm hinab

in jenes grab doch

welches ich aushob wütend mal

bannte es auf papier auch

das grab welches ich aushob

jene hinein zu legen meiner ruhe

geschuldet jedoch die

zunge sandpapier

ein lied erflehend

hält offen den mund mir gelegentlich

wund und weh und reibt

den rachen angefüllt mit

müden schreien

warteschleife munchgesicht

dummbatzig heute den kopf zurückgeworfen

steifer nacken

mutiger mal sehnend mich

ab in die kiste

aber es mir dauert

meist zu lange

gott sei dank

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(entwurf vom januar 2022 / gießen / überarbeitet heute)

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