Es ist ja eine der wesentlichen Lehren der Geschichte, daß, steckt die Karre im Dreck oder der Bub in der vollgeschissenen Windel oder geht es darum mal richtig aufzuräumen daheim oder vor der Türe die Trümmer männlicher Kriegsspiele zu beseitigen oder ist der Mann überfordert mit einer Erkältung oder gar Pandemie, die Frau gefragt ist und meist mit Ja antwortet. Hat sie eine Wahl? Die wuppen das schon, sagen wir dann, wir Jungs. Unterbezahlt und zu Hause? Ist doch heutzutage ganz anders! Pustekuchen. Corona dreht dieser Tage viele Rädlein wieder zurück, falls sie denn überhaupt nach vorne gedreht wurden.
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Während ich das hier schreibe, sehe ich nebenher (Weia, oh du Langeweile!) die Pressekonferenz zur Gelddruckmaschine aka dem Männerspielzeug No. 1 und ein Redakteur fragt Oli B., ob er sich vorstellen könne, daß eine Frau dem ewigen Jogi nachfolge. Selten so ein windschiefes Grinsen gesehen. Natürlich schließe man nie etwas aus. Also dann! Nur Mut! Ich bin dafür! Echt! Play the blues Lady and let the boys do the homework!
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PS: Am meisten fasziniert mich, wie Joanna Connor den eitlen Fatzke an der Trommel einfach machen läßt. Siehe ab 0:50 ff. Dann lediglich bemerkt: „Gonna make some noise now!“ Herrlich!
Ein paar Gedanken in diesen Tagen, in denen ich es als etwas anstrengend empfinde Nachrichten zu hören oder zu sehen. Selbst das Lesen. Gar nicht mal wegen des Inhaltes, sondern wegen der Tonart, dieser permanent quengelige und dauererregte Sound. Hören wir mal rein.
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Ach wir Armen. Was ist nur los mit unserem Land? Fing es an im Sommer 2018? In der Vorrunde rausfliegen? Und nicht den Mastermind wechseln? So wird des nix. Und jetzt? Letztes Frühjahr noch von der ganzen Welt beneideter Troubleshooter. „Kini“ Markus rockt die Republik. Und jetzt, frage ich ein zweites Mal? Das reicht noch nicht mal mehr für die Relegation. Sogar der Boris Johnson zieht davon. Und hier? Business as usual. Verwirrung. Kleinklein. Deals. Weia! Wo sind sie denn unsere Goldmedaillen?
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Pandemie unser
Papa Deutschland der Du bist im Himmel
Unser täglich Nadel gibt uns heute und nicht nur in der Tagesschau
Wie auch die kleinen Flaschen voll der Rettung
Die da klimpern übers Fließband doch nicht den Britenmist
Und verschon uns mit den Toten jenseits der Grenzen unsres Landes wie Verstandes
Die da werden zusammengeknüppelt im Kampf für die geringsten Freuden der Freiheit
Verrotten in Lagern und sterben durch Willkür
Entferne Myanmar, Belarus, Moria und die Uiguren aus unseren digitalen Atlanten und Alpträumen
Die wir da leben hinter Masken gepresst in der Virusdiktatur der gnadenlosen Raute Wissenschaft
Verschone uns mit Liedern über die schrumpfenden Wälder
Die dahingehen tempolimitfrei in sengender Trockenheit
Sondern erlöse uns vom wuchernden Haupthaar und fülle unseren Tank für lau
Unser täglich Unzufriedenheit gibt uns heute und die Klagen über die Verfehlung der Anderen
Doch neige mild das Haupt angesichts unser aller Ungeduld und unserer Eigenliebe in den Grenzen von annodunnemals
Und führe uns nicht in Versuchung zu ertragen den Blick in den Spiegel
Sondern öffne uns die Stadien, die Schinkenstrasse und die Fitneßstudios
Da die Urlaubskataloge schon aufquellen in den Kästen und die Bikinifigur noch so fern
Denn unser ist der Wohlstand, die Welt, wie sie uns gefällt und die Normalität
Wie wir sie definieren für den Rest in alle Ewigkeit
Amen und her damit
Und entsorge meinen Müll mir fehlt dazu die Zeit
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Tja. Was ist nur los mit unserem Land? Jedes sechste Kind unter 18 lebt unterhalb der Armutsgrenze. Die sogenannte Schere öffnet sich von Tag zu Tag mehr. Die zu überspringen würde noch nicht mal mehr Evil Knievel schaffen. Ja, wir Armen. Geschäftle machen mit Masken ist halt mal die alte und neue Normalität. Beschwert Euch nicht. Gewinne privatisieren? Kosten verstaatlichen? Die Autobahn ins Glück? Tja.
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PS: Ja Heilandzack aber au. No schreib ich des über den Maschtermind Jogi na und hör e paar Minude später, dasser kapiert hott, daß es au mal over isch.Etz werde mir wieder Weltmeischter. Awa, mir sind´s scho, gefühlt halt.Tässle hoch!
Ein kleiner Ausblick auf ein paar Fragmente des „Blumenspaziergängers“. Sie schreitet voran die Arbeit. Gemächlich.
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Psychologin
Wie meinen Sie das? „Ein ganzes Leben immer auf Gleisen!“
Mann
Schule. Mittlere Reife. Ausbildung. Führerstand. Keine Umwege. Die Gleise sagten mir und meiner Lok, wo es lang geht. Die Fahrpläne strukturierten meine Tage. Das Unvorsehbare ist der Todfeind. Wir dienen. Wir bringen Menschen vom Leben zur Arbeit zum Leben. Wir fahren auf festen Gleisen und geben den Menschen etwas Freiheit. Sie bezahlen uns schlecht und beschimpfen uns dafür. Aber das hat mir nie etwas ausgemacht. Ich liebe Struktur. Ich liebe Gleise. Ich liebe die unwahrscheinliche Kraft, die ich mit einem Knopfdruck in den Motoren meiner Maschine freisetzten kann. Das Schnurren. Das Schlagen der Schienen. Wie es sich anhört, wenn ich eine Weiche überfahre. Auf festen Geleisen. Ist das die Freiheit? Ja, die Zeit zwischen den Bahnhöfen, den Haltestationen, die gehört mir. Linker Hand der See: Hinfahrt. Rechter Hand der See: Rückfahrt. Mein See. Seine Farbenspiele. Schlag nach bei Martin Walser. (er zitiert)„Kann man, darf man einer Gegend Zärtlichkeit nachsagen? Einem See? Diese Temperaturen, Farben, Strömen und Ruhen, Wildheit und Schwere – er hat alles, einen unerschöpflichen Reichtum an Zuständen und Stimmungen.“ Das war mein Fahrtenbuch. Meine Freiheit. Und dann tritt jemand aus dem Schilf auf meine Gleise, meine Gleise, und nimmt sich seine Freiheit. Und jetzt habe ich nicht mehr die Freiheit darüber zu entscheiden, ob meine Hände zittern wie Espenlaub, wenn ich eine Lok nur sehe, mein Atem stockt, wenn der Nebel aus dem See kriecht, meine Brillengläser blutrot beschlagen. Ich muß mir ein Bild von der Freiheit der Anderen machen.
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Pastorin
Schön, daß Sie mich nicht mehr nur anschweigen.
Mann
Diese Geschichte ist noch nicht zu Ende. Diese ganze Geschichte ist ein Baumkuchen. Schicht für Schicht aufgetragen. Von Hand. Das ganze Leben ist ein Baumkuchen. Das Problem ist, es gibt zu viele Bäcker. Und wahrscheinlich zu viele Geschichten. Geschichten, die erzählt werden wollen. Unwichtige, unwesentliche Geschichten. Aber wenn Du einmal angefangen hast zu erzählen, ist das wie Salzwasser trinken. Du säufst und säufst, bis Du einen Ranzen hast wie ein Kamel und der Durst wächst und wächst. Und wenn Dir keiner mehr zuhört, stört das auch nicht weiter. Im Gegenteil, das ist wie eine Befreiung. Keine Oma, keine Lehrer, keine unbefriedigt neben Dir liegende Frau, keine Schalterbeamten, keine Fahrschulprüfer, keine Fragebogen, keine Mikrophone. Niemand, der erwartet, daß Du irgendwann ein Ende findest. Kein Publikum. „Können Sie das bitte auf den Punkt bringen. Fassen Sie sich kurz. Was wollen Sie damit sagen? In der Kürze liegt die Würze. Kompliziert denken, einfach sprechen.“ Dieser unstete Blick auf die innere Uhr. Ungeduldig nach oben gezogene Augenbrauen. Trippelfüße. Nix da. Nix da. Nix da. Die Worte fließen durch Dich durch, fallen vor Deine eigenen Füße, bleiben liegen, stehen auf und tanzen weiter. Keine Ordner, keine Dateien, keine Festplatte. Loose ends. Keine Verknüpfungen. Keine zweiten und keine dritten Plätze. Niemand hängt an Deinen Lippen, bis auf einige Speichelfäden. Es gibt Geschichten, wenn Du versuchst die zu erzählen, ist es, als wolltest Du Gelatine an die Wand nageln. Und obwohl die Geschichte in Dir wohnt, Deine Adern von innen mit Ihrer Traurigkeit tapeziert hat, finden Dein Gaumensegel, Deine Stimmlippen, Deine Zunge keinen Ausdruck für die Geschichte. Die Geschichte bleibt in Dir sitzen und glotzt aus Dir heraus in die Welt, aus der sie in Dich gekrochen ist. Und so bleibt Dir nichts anderes übrig, als den Baumkuchen Millimeter um Millimeter abzutragen, durchzukauen und aus dem halb verdauten Brei kleine, neue, vielleicht mit der Urgeschichte verwandte Kurzgeschichten in die Welt zu spucken. Und die Portionen sind so klein und die Sätze sind so kurz, die versuchen diese Portionen in Worte zu fassen, daß kein Mensch bemerkt, daß Du sprichst. Und dann kannst Du auch schweigen.
Seit sieben Wochen jeden Sonntag ein Blick in den Himmel im Kopf. Stelle mir vor, ich begebe mich in den Winterschlaf wie ein Bär. Erwache erst, wenn der ganze Mist vorüber. Träume mich durch alte Lieder. Ab und an hebe ich ein Augenlid, blicke in den Himmel und schaue nach, ob es sich lohnt, mich wieder zu bewegen. Jeden Sonntag. Seit sieben Wochen.
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ich hatte gestern
gestern hatte ich zuviel gestern
heute habe ich so viel vorgestern
und spring kopfüber
hinein in das läuten der glocken von santa fe
man richtet meinen oberkörper auf
ich blicke in die untergehende sonne
und spüre
die aufgabe eines großen spielers ist der tod
den tod zu spielen
welche aufgabe und
sie jagen den nuggets hinterher wieder
den nuggets die ich aus den gräbern meiner väter grub
während der pfeil eines sioux mich
sie jagen den nuggets hinterher wieder
während ich die ewigen jagdgründe betrete
sie jagen den nuggets hinterher
während ich die ewigen jagdgründe betrete
den nuggets hinterher die ich aus den gräbern meiner väter hob
sie jagen sie hetzen
während santer unter dem gold der apachen verendet
jämmerlich und ich
mit dem kopf in die alten träume
dieser bücher
eigene bilder noch
jetzt sterben sie verschüttet
allmächtiges abbild
leinwände nimm aus meinem kopf die übervollen leinwände
I stir a pack of instant love poems into my cuppa tea
Sitting on the roof tryin`to find out whether i can carry around the FOG
stirring up the consciousness
White pages jump onto my face
„Make sure next fall will come!“
that`s what i hear me calling when i noticed myself
Did i come out of the kitchen?
Several moves, caught between books, cents and tired limbs
strange speech, a parade of dumb words i look at sitting on the ladder in your room
Once again i dreamt of the BIG blackout, last night
Addicted to the hills, pleasant surface senseless what keeps you alive, kissing
We smoked some sticks together and
the way we jumped on the busses, not that easy to forget
I loved the days floating by
Can you dig that?
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(san francisco / 08 / 25 / 1979)
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PS: Was man so findet in den alten Kisten. War ich also tatsächlich in SF?Ja, denn am Vorabend sah ich in Oakland dieses Konzert.Was man so findet in neuen Netzen. Unfassbar!Empfehle die Zugaben ab 1:07:00!
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PS2: Ich schrieb dieses Stück Text erst auf englisch, übersetzte es ins Deutsche, als ich es ins Tagebuch schrieb, da ich das Original an J. verschenkt hatte und habe es nun wieder zurückgesetzt.