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In den letzten Tagen waren wir oft zusammen unterwegs, der Schwarze Hund und ich. Na ja, wie man es nimmt. Ich hatte gedacht, ich könne ihn eventuell schon an die Leine legen, wenn wir da draußen rumlatschen. Ein bisserl überoptimistisch. Er zerrte an dem Führstrick, daß es keine Freude war, zog mich in Wälder, an Ufer, in Schluchten und in manche Einbahnstraße, daß mir ganz schwindlig wurde. Ich versuchte die Leine kurz und stramm zu halten, das ein oder andere „Sitz“ oder „Platz“ oder „Bei Fuß“ versuchend. Die Wirkung? Vernachlässigbar. Manchmal hatte ich das Gefühl, er höre mir zu, verstehe mich sogar, aber wenn er mich hechelnd und mit grinsend hochgezogener Lefze anblickte, las ich in seinen Augen lediglich ein – nein, höhnisch war das nicht, so interpretierte ich das vielleicht – eher ein etwas müdes: „Ach? Plötzlich! Nach Jahrzehnten der ignoranten Angst? Wohlan denn!“ Aber ich hoffte noch ein angehängt gehauchtes: „Nun gut immerhin! Toi Toi Toi!“ gehört zu haben.
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Viele Kilometer haben wir allerdings nicht gemacht. Der Schwarze Hund wird schnell müde. Oder ist es nur meine Erschöpfung? Wir saßen auf einer Bank an der Lahn und starrten, ja starrten, blickten eben nicht offen mit sich bewegenden Augäpfeln die Welt aufnehmend, nein wir starrten starr auf das was uns umgab und umlebte. Als sei es eine Modelleisenbahnanlage. Aber irgendjemand hatte wohl den Stecker gezogen. Die Züge standen still. Was uns nicht weiter interessierte. Wichtig war uns, daß die Gleise da noch liegen, wo sie schon immer lagen. Und die kleine Plastikfigur, die über dem Eingang zum Tunnel steht, dem Triebwagen zuwinkt. In dem wir sitzen. Und dies bis ans Ende aller Tage. Dachten wir. Erstarrend starrend.
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Und wie wir da so saßen und miteinander schweigend die Lieder, welche die Welt uns sang, nicht hören könnend, wollend, leckte mir der Schwarze Hund mit seiner rauhen und stinkenden Zunge erst über den Handrücken, was ich nicht wahrnahm und dann über die Stirn. Ich erwachte, bewegte mein Zwerchfell, atmete ein und aus und fragte: „Bist Du eigentlich ein Rüde oder eine Hündin?“ „Weshalb fragst Du?“ „Ja, es heißt doch die Krankheit?“ „Ist eigentlich Wurst! Gegendert werden muß ich nicht. Tags sind alle Hunde schwarz!“ „Hast Du Hunger?“ „Eigentlich immer!“
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Gestern Abend haben wir beschlossen ab heute gelegentlich getrennt spazieren zu gehen. Tagsüber. Nachts werden wir uns aber wieder am Küchentisch treffen. Und das ist nicht nur schlecht. Mal sehen was das Schwarze Rüde mir dann mitzuteilen hat. Und ich entgegnen will oder kann.
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(Gießen, 3. August 2022 / Von der Depression / Eine Art Tagebuch)
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