am winterteich / sieben

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Vor geschlossenem Fenster

Sternenlose Nacht

Regenglattes Pflaster

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Auf dem Fensterbrett ein Spatz

Keine Brotkrumen

Das Rumpeln der Müllabfuhr

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Ein Kranich fliegt nach Süden

Ein Paar streitet sich

Sturm zerrt am kahlen Baum

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Von der Ruhe des Teiches

Träumte mir gestern

Am offenen Fenster

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bagatelle dreiundzwanzig

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Las in einem Interview*

Alles komme als Schicksal zurück was nicht steige

Ins Bewußtsein und von der Möglichkeit die Vergangenheit

Zu befreien aus dem Kreiseln des Derwisch Schicksal

So wie ´Awrence der da nichts geschrieben steht zurückritt

In die Wüste was ich sah als Junge an der Seite meiner Mutter

Erschlagen von der Breitwand und dem fürchterlichen Satz des

Bewunderten Omar Sharif von Allahs Willen dem zu widersprechen

Zwecklos sei akzeptiere Gottgegebenes der Junge an der Hand der Mutter

Nach Hause wankte er und wünschte nie sei etwas geschrieben außer dort

Wo Peter O´ Toole der mir Schrecken einjagte tippte sich an seinen

Sonnenverbrannten Turbanschädel da drinnen ist es geschrieben

In meinem heißen Hirn und der Junge träumte davon in der Wüste

Einmal schreien zu können ´Awrence und entgegenzureiten

Dem Leben das nicht Sandkorn nicht Bagatelle sondern Versprechen ist in

Eigene Hand gegeben später würde er dann selbst

Umkehren nichts steht geschrieben reite hinaus

Junge steht es geschrieben

Was weißt du denn schon Junge

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*Beziehe mich auf ein Interview mit Christian Kracht, welches am 3. März in der SZ erschien.

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Pandemie unser / Bitterlich´ Lamento

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Ein paar Gedanken in diesen Tagen, in denen ich es als etwas anstrengend empfinde Nachrichten zu hören oder zu sehen. Selbst das Lesen. Gar nicht mal wegen des Inhaltes, sondern wegen der Tonart, dieser permanent quengelige und dauererregte Sound. Hören wir mal rein.

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Ach wir Armen. Was ist nur los mit unserem Land? Fing es an im Sommer 2018? In der Vorrunde rausfliegen? Und nicht den Mastermind wechseln? So wird des nix. Und jetzt? Letztes Frühjahr noch von der ganzen Welt beneideter Troubleshooter. „Kini“ Markus rockt die Republik. Und jetzt, frage ich ein zweites Mal? Das reicht noch nicht mal mehr für die Relegation. Sogar der Boris Johnson zieht davon. Und hier? Business as usual. Verwirrung. Kleinklein. Deals. Weia! Wo sind sie denn unsere Goldmedaillen?

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Pandemie unser

Papa Deutschland der Du bist im Himmel

Unser täglich Nadel gibt uns heute und nicht nur in der Tagesschau

Wie auch die kleinen Flaschen voll der Rettung

Die da klimpern übers Fließband doch nicht den Britenmist

Und verschon uns mit den Toten jenseits der Grenzen unsres Landes wie Verstandes

Die da werden zusammengeknüppelt im Kampf für die geringsten Freuden der Freiheit

Verrotten in Lagern und sterben durch Willkür

Entferne Myanmar, Belarus, Moria und die Uiguren aus unseren digitalen Atlanten und Alpträumen

Die wir da leben hinter Masken gepresst in der Virusdiktatur der gnadenlosen Raute Wissenschaft

Verschone uns mit Liedern über die schrumpfenden Wälder

Die dahingehen tempolimitfrei in sengender Trockenheit

Sondern erlöse uns vom wuchernden Haupthaar und fülle unseren Tank für lau

Unser täglich Unzufriedenheit gibt uns heute und die Klagen über die Verfehlung der Anderen

Doch neige mild das Haupt angesichts unser aller Ungeduld und unserer Eigenliebe in den Grenzen von annodunnemals

Und führe uns nicht in Versuchung zu ertragen den Blick in den Spiegel

Sondern öffne uns die Stadien, die Schinkenstrasse  und die Fitneßstudios

Da die Urlaubskataloge schon aufquellen in den Kästen und die Bikinifigur noch so fern

Denn unser ist der Wohlstand, die Welt, wie sie uns gefällt und die Normalität

Wie wir sie definieren für den Rest in alle Ewigkeit

Amen und her damit

Und entsorge meinen Müll mir fehlt dazu die Zeit

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Tja. Was ist nur los mit unserem Land? Jedes sechste Kind unter 18 lebt unterhalb der Armutsgrenze. Die sogenannte Schere öffnet sich von Tag zu Tag mehr. Die zu überspringen würde noch nicht mal mehr Evil Knievel schaffen. Ja, wir Armen. Geschäftle machen mit Masken ist halt mal die alte und neue Normalität. Beschwert Euch nicht. Gewinne privatisieren? Kosten verstaatlichen? Die Autobahn ins Glück? Tja.

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PS: Ja Heilandzack aber au. No schreib ich des über den Maschtermind Jogi na und hör e paar Minude später, dasser kapiert hott, daß es au mal over isch. Etz werde mir wieder Weltmeischter. Awa, mir sind´s scho, gefühlt halt. Tässle hoch!

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Der Blumenspaziergänger / Fortschritte

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Ein kleiner Ausblick auf ein paar Fragmente des „Blumenspaziergängers“. Sie schreitet voran die Arbeit. Gemächlich.

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Psychologin      

Wie meinen Sie das? „Ein ganzes Leben immer auf Gleisen!“

Mann

 Schule. Mittlere Reife. Ausbildung. Führerstand. Keine Umwege. Die Gleise sagten mir und meiner Lok, wo es lang geht. Die Fahrpläne strukturierten meine Tage. Das Unvorsehbare ist der Todfeind. Wir dienen. Wir bringen Menschen vom Leben zur Arbeit zum Leben. Wir fahren auf festen Gleisen und geben den Menschen etwas Freiheit. Sie bezahlen uns schlecht und beschimpfen uns dafür. Aber das hat mir nie etwas ausgemacht. Ich liebe Struktur. Ich liebe Gleise. Ich liebe die unwahrscheinliche Kraft, die ich mit einem Knopfdruck in den Motoren meiner Maschine freisetzten kann. Das Schnurren. Das Schlagen der Schienen. Wie es sich anhört, wenn ich eine Weiche überfahre. Auf festen Geleisen. Ist das die Freiheit? Ja, die Zeit zwischen den Bahnhöfen, den Haltestationen, die gehört mir. Linker Hand der See: Hinfahrt. Rechter Hand der See: Rückfahrt. Mein See. Seine Farbenspiele. Schlag nach bei Martin Walser. (er zitiert) „Kann man, darf man einer Gegend Zärtlichkeit nachsagen? Einem See? Diese Temperaturen, Farben, Strömen und Ruhen, Wildheit und Schwere – er hat alles, einen unerschöpflichen Reichtum an Zuständen und Stimmungen.“ Das war mein Fahrtenbuch. Meine Freiheit. Und dann tritt jemand aus dem Schilf auf meine Gleise, meine Gleise, und nimmt sich seine Freiheit. Und jetzt habe ich nicht mehr die Freiheit darüber zu entscheiden, ob meine Hände zittern wie Espenlaub, wenn ich eine Lok nur sehe, mein Atem stockt, wenn der Nebel aus dem See kriecht, meine Brillengläser blutrot beschlagen. Ich muß mir ein Bild von der Freiheit der Anderen machen.

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Pastorin              

Schön, daß Sie mich nicht mehr nur anschweigen.

Mann

Diese Geschichte ist noch nicht zu Ende. Diese ganze Geschichte ist ein Baumkuchen. Schicht für Schicht aufgetragen. Von Hand. Das ganze Leben ist ein Baumkuchen. Das Problem ist, es gibt zu viele Bäcker. Und wahrscheinlich zu viele Geschichten. Geschichten, die erzählt werden wollen. Unwichtige, unwesentliche Geschichten. Aber wenn Du einmal angefangen hast zu erzählen, ist das wie Salzwasser trinken. Du säufst und säufst, bis Du einen Ranzen hast wie ein Kamel und der Durst wächst und wächst. Und wenn Dir keiner mehr zuhört, stört das auch nicht weiter. Im Gegenteil, das ist wie eine Befreiung. Keine Oma, keine Lehrer, keine unbefriedigt neben Dir liegende Frau, keine Schalterbeamten, keine Fahrschulprüfer, keine Fragebogen, keine Mikrophone. Niemand, der erwartet, daß Du irgendwann ein Ende findest. Kein Publikum. „Können Sie das bitte auf den Punkt bringen. Fassen Sie sich kurz. Was wollen Sie damit sagen? In der Kürze liegt die Würze. Kompliziert denken, einfach sprechen.“ Dieser unstete Blick auf die innere Uhr. Ungeduldig nach oben gezogene Augenbrauen. Trippelfüße. Nix da. Nix da. Nix da. Die Worte fließen durch Dich durch, fallen vor Deine eigenen Füße, bleiben liegen, stehen auf und tanzen weiter. Keine Ordner, keine Dateien, keine Festplatte. Loose ends. Keine Verknüpfungen. Keine zweiten und keine dritten Plätze. Niemand hängt an Deinen Lippen, bis auf einige Speichelfäden. Es gibt Geschichten, wenn Du versuchst die zu erzählen, ist es, als wolltest Du Gelatine an die Wand nageln. Und obwohl die Geschichte in Dir wohnt, Deine Adern von innen mit Ihrer Traurigkeit tapeziert hat, finden Dein Gaumensegel, Deine Stimmlippen, Deine Zunge keinen Ausdruck für die Geschichte. Die Geschichte bleibt in Dir sitzen und glotzt aus Dir heraus in die Welt, aus der sie in Dich gekrochen ist. Und so bleibt Dir nichts anderes übrig, als den Baumkuchen Millimeter um Millimeter abzutragen, durchzukauen und aus dem halb verdauten Brei kleine, neue, vielleicht mit der Urgeschichte verwandte Kurzgeschichten in die Welt zu spucken. Und die Portionen sind so klein und die Sätze sind so kurz, die versuchen diese Portionen in Worte zu fassen, daß kein Mensch bemerkt, daß Du sprichst. Und dann kannst Du auch schweigen.

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Immer wieder Sonntags …

… ein Blick zum Himmel und in den Kopf / acht

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Seit sieben Wochen jeden Sonntag ein Blick in den Himmel im Kopf. Stelle mir vor, ich begebe mich in den Winterschlaf wie ein Bär. Erwache erst, wenn der ganze Mist vorüber. Träume mich durch alte Lieder. Ab und an hebe ich ein Augenlid, blicke in den Himmel und schaue nach, ob es sich lohnt, mich wieder zu bewegen. Jeden Sonntag. Seit sieben Wochen.

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ich hatte gestern

gestern hatte ich zuviel gestern

heute habe ich so viel vorgestern

und spring kopfüber

hinein in das läuten der glocken von santa fe

man richtet meinen oberkörper auf

ich blicke in die untergehende sonne

und spüre

die aufgabe eines großen spielers ist der tod

den tod zu spielen

welche aufgabe und

sie jagen den nuggets hinterher wieder

den nuggets die ich aus den gräbern meiner väter grub

während der pfeil eines sioux mich

sie jagen den nuggets hinterher wieder

während ich die ewigen jagdgründe betrete

sie jagen den nuggets hinterher

während ich die ewigen jagdgründe betrete

den nuggets hinterher die ich aus den gräbern meiner väter hob

sie jagen sie hetzen

während santer unter dem gold der apachen verendet

jämmerlich und ich

mit dem kopf in die alten träume

dieser bücher

eigene bilder noch

jetzt sterben sie verschüttet

allmächtiges abbild

leinwände nimm aus meinem kopf die übervollen leinwände

die phantastie vernagelnden endgültigkeiten

das wort

das buch

nur das buch

unter der bettdecke

sie jagen den nuggets hinterher

kleine gierige kaninchen

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402 Frederick 94117/Afternoonsuite to J.

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I stir a pack of instant love poems into my cuppa tea

Sitting on the roof tryin`to find out whether i can carry around the FOG

stirring up the consciousness

White pages jump onto my face

„Make sure next fall will come!“

that`s what i hear me calling when i noticed myself

Did i come out of the kitchen?

Several moves, caught between books, cents and tired limbs

strange speech, a parade of dumb words i look at sitting on the ladder in your room

Once again i dreamt of the BIG blackout, last night

Addicted to the hills, pleasant surface senseless what keeps you alive, kissing

We smoked some sticks together and

the way we jumped on the busses, not that easy to forget

I loved the days floating by

Can you dig that?

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(san francisco / 08 / 25 / 1979)

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PS: Was man so findet in den alten Kisten. War ich also tatsächlich in SF? Ja, denn am Vorabend sah ich in Oakland dieses Konzert. Was man so findet in neuen Netzen. Unfassbar! Empfehle die Zugaben ab 1:07:00!

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PS2: Ich schrieb dieses Stück Text erst auf englisch, übersetzte es ins Deutsche, als ich es ins Tagebuch schrieb, da ich das Original an J. verschenkt hatte und habe es nun wieder zurückgesetzt.

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bagatelle zweiundzwanzig / aug. `99 / tangled up in slubice

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Auf dem Bahnsteig der Grenzstadt

in der ich den Maschinist mimte in Schopenhauers Salon

Setz Dich zu ihm er ist nett er ist klug er zeigt Dir die Hauptstadt

Sagte ich zu ihr und ging dann über die Brücke

Billige Zigaretten und Fusel zu kaufen der Grashalm verleihe mir die Kraft des Büffels

Man hatte mir erzählt in Slubice auf dem Markt bekomme man alles

Schnaps Frauen Waffen Drogen einen Killer nur nicht das Glück

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Abends saß ich an der Bar des Hotels draußen unwirtliches Industriegebiet

Dzevad der Schriftsteller der in Schopenhauers Salon das Gespenst von Kleist auf den treulosen Goethe hetzte

Erzählte mir von der Belagerung Sarajevos und wie sie schoßen die Nationalbibliothek in Brand

Drei Millionen Bücher starben seinen Studenten rezitierte er fortan den Faust aus dem Gedächtnis

Auf dem Hotelzimmer tranken wir die Flasche aus Slubice leer dann stand er auf und ging hinaus

Jede Nacht flog er mit den Schwarzen Vögeln über Sarajevo ohne Schlaf

Zum Frühstück sahen wir uns nochmal er müsse nun nach Hause ich möge meine Frau grüßen

Sie ist es nicht sagte ich noch

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In einer Probenpause rief ich ihren Anrufbeantworter an ob es nett war wollte ich wissen

Der kluge Dramaturg an dessen Tür ich klopfte hatte keine Zeit

Jetzt nicht wie es gestern war jetzt nicht später nein der Text müsse neu ob es nötig sei war meine Frage

Ein paar Stellen eigentlich nur Bagatellen wichtig nein aber na ja nötig gewiß die Türe schlug zu

Nachmittags standen alle mit gerußten Scheiben vor dem Theater und betrachteten die Sonnenfinsternis

Es sei die letzte totale Finsternis des zwanzigsten Jahrhunderts hieß es

Die Vögel schwiegen der Anrufbeantworter fiepte mich an

Sie las einen Brief er hatte ihr geschrieben vor halbvollen Gläsern wartend

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Vor dem Haus in dem Kleist ein Junge gewesen

auf der Treppe des Museums saß ich im Schatten blickte über den Fluß

fröstelnd am gegenüberliegenden Ufer glitzerte Slubice im Abendschein der zurückgekehrten Sonne

Ich ruderte hinaus auf die Oder mit Kleistens Kahn

Allein Henriette stand am Ufer und winkte fröhlich

Keine Lust auf Untergang rief sie ein knappes Jahr schritten wir

wohin denn noch und stießen an mit halbleeren Gläsern

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Diese Nacht halte ich ein Buch des Schriftstellers in der Hand ich hatte es nie zu Ende gelesen

Der nächtliche Rat die schwarzen Vögel machten sich bereit davon erzählt es das Lesezeichen an alter Stelle

„Die Vergangenheit ist immer da, unvermeidlich und unerbittlich, wie eine Falle, der wir sowenig entgehen können wie den Himmelsrichtungen.“

Kalter Regen trommelt Ich blicke in Dunkelheit gen Osten hoffnungsfroh

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Kaliningradskaja Kletski ili zhe Prichina

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Schauen wir zurück in Sachen Knödelträume. Ich hatte den Coronablues gesungen, wurde davon rechtschaffen müd‘ und begann zu kochen, während ich träumte. Oder andersrum. Jedenfalls knetete ich einen Teig aus gemischtem Hack, Zwiebeln, Eiern, milchgetränktem, dann ausgepressten altem Brötchen, band alles mit Paniermehl und strich noch etwas Sardellenpaste mit hinein. Nach Erreichen einer schönen Geschmeidigkeit würzen und ab in die Brühe und mit Lorbeerblatt, Piment und Pfeffer köcheln, sprach ich zu mir. Und dann Mehlschwitze mit Sahne zu einer Soße rühren und mit Kapern und Zitronensaft abschmecken, hörte ich mich sagen. Zuviele Stimmen in meinem Kopf. Sie überschlugen sich. Ich muß doch den Klops machen! Ein bißchen Schutz ist immer gut! Die Alternative zum 2FPZwoLeknö (FFP2 – Leberknödel)! Für alle! Alles für alle wird nun gut! Kletski machen! Los! Ganz viele! Jeder weiß, daß er weniger schlecht sein könnte, als er von Natur aus ist! Erinnere Dich! Ich wollte einem Ei das Eigelb entnehmen, als der Traum mir entglitt. Der Kletski sprang aus der Brühe und die Kapern aus der Soße. Ich erschrak, ließ das Ei fallen. Ich wollte dem springenden, singenden Klops ausweichen. Ich rutschte auf dem Ei aus, mein Kopf – ich träumte ja – schlug weich auf auf dem Küchenboden und als ich wieder zu mir kam und dachte, was ein seltener Traum und bevor meine Frau nach Hause kommt, sollte ich unbedingt den Küchenboden wischen und desinfizieren, da saß auf meiner schwer atmenden Brust grinsend ein riesiger Kaliningradskaja Kletski. Die Kapern hatte sich wie Putzerfische bei einem Hai an seiner Oberfläche festgebissen und das Monstrum sah aus wie … Genau. Brennpunkt. Neue Graphik. Die Mutante. Dachte ich. Der Klops sang währenddessen ein altes russisches Lied. Schwarze Augen. Sang ich mit? Dann begannen die Kapern mit kleinen grünen Fingerlein auf mich zu weisen und kichernd riefen sie: „Der glaubt an Wunder, der Depp. An Wunder! Ein richtiger Mensch ist das. Thick as a Brick. Dumm wie Bohnenstroh. Seine schwarzen Augen sind schon zugeschwollen!“ Und der Kletski schlug sich auf die Oberschenkel, die ihm eben gewachsen waren, um seiner Schadenfreude mehr Ausdruck verleihen zu können. Doch es lachte nicht nur der Klops, sondern ebenso ein kleines gebeugtes Männlein, das auf dem Klops zu reiten schien wie einstens Münchhausen auf der Kanonenkugel. „Er ist es“, sprach ein schwarze Katze, die sich als die Erinnerung vorstellte zu mir, „jener an dessen Grab Sie im Herbst vor etwa vier Jahren gestanden waren!“ und ich sagte zu meiner Erinnerung: „Was will der Kant jetzt hier?“ „Miau, mio: Sapere audio.“

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„Hab Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen. Handle nur nach der Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde. Eine Moral, die mehr als nur eine Illusion sein will, muss also von menschlichen Wünschen und Neigungen unabhängig sein. Du bist das vernünftige Wesen. Gedenke Deiner Pflichten, nicht vermeintlicher Tugenden. Sapere aude!“ Sprach das Männlein und ritt auf dem Königsberger Klops davon, mit Kapern jonglierend.

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Da sitzt er also in seiner Bibliothek untern Dach des alten Königsberger Doms, hinter Plexiglas, allein mit seiner Vernunft und grinst vor sich hin. Er hat es aufgegeben an mich zu glauben, den Menschen. Sollen sie doch, die da draußen. Ich erwachte. Ich mußte ja noch den Küchenboden wischen. Das wäre doch vernünftig. Oder?

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