Von der Zweisamkeit eines Elefanten

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Die Einsamkeit des Elefanten

Nicht mal seine Mütter kannten

Später dann die Väter

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In einer allzu sehr gefüllten Schüssel

Rieb freudig nachts er mal den Rüssel

Vergaß so was er aß

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Es wedelten seine großen Ohren

Die Orientierung ward verloren

Im Krater der schreckliche Kater

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Des Elefanten Einsamkeit

Währt schon eine Ewigkeit

Die Lenden aber enden

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Man sah den Elefanten steppen

Mitten in den kargen Steppen

Doch nah dem Wasserloch

Das trocken ward gefallen

Trotz allem

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(Wiesbaden / 1999)

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bagatelle 58 / spatz vom hindukusch

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eines morgens

ich hatte mit einer stumpfen rasierklinge

mein müdes gesicht gekratzt vom

badezimmerspiegel hielt eine tasse kaffee

klopfte ein spatz an mein küchenfenster

ich hatte ihm seit tagen keine brosamen

mehr auf das fensterbrett

gelegt schlecht gelaunt

schlurfte ich zum bäcker

auf dem gehsteig lag er tot

vom fenster zurückgeschleudert vor mein haus

der spatz

mit der kehrschaufel hob ich ihn

auf in der mülltonne lieg er nun

neben verschimmelten brotresten der letzten wochen

jahre

zu mehr war keine zeit

ich habe genug mit mir zu tun

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Es ruhen Herzen und baden in Angst

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Der große FZ schrieb einst auf die Rückseite einer seiner Plattenhüllen: „Don“t forget to register to vote!“ In unserem Land der Quengler und Steuerhinterzieher kriegen wir den Wahlschein zugesandt. Das ist doch was. Also dürfen wir bald wieder wählen. Etliche sagen wir müssen dies tun oder tun es so erst gar nicht. Wahrscheinlich haben sie Angst davor, daß ihnen im Wahlbüro heimlich eine Spritze in den Oberarm gejagt wird. Ich schwanke leider auch wie ein entpolitisierter Halm im Spätabendtalk hin und her und habe so mal den Wahl – O – Mat befragt. Hä? Nein, natürlich nicht! Hätte ich gefragt gehabt, hätte ich wohl folgendes reimen können.

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wahl o mat oho

o wahl o wahl oh

mat he mat hicks und so

was tun

noch nicht immun

vielleicht gefeit

sein nicht bereit

angst vor’m pieks

aber kicks kicks kicks

die ohne ende

doch eine wende

mit toter lende

am ende des beckens

ach nee

dann lieber auf die wände zu

rauschen mit der brems` kaputt

enkel oh mach du den schutt

doch weg

mir geht es gut

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epilogisch dann das lob des schreckens

längst vergess’ne geister wecken’s

da die toten zahlen

tanzen im digitalen

im nirgendwo statt lebensfroh

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PS: Talking about Talkshows: What ever happend to humor?

Zum Tode von Mikis Theodorakis

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Eine der schönsten Filmszenen, die jemals gedreht wurde. Eine der schönsten Filmmusiken überhaupt. Und ein großer Kämpfer war er auch.

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Tanzen? Hast Du tanzen gesagt? Also los, mein Junge! Zusammen! Fangen wir an! Oppa! (Sorbas lacht) Nochmal. Upp! (Sorbas lacht) Jetzt. Herzlich willkommen. Boss! Ich habe soviel zu erzählen. Niemals habe ich einen Mann mehr geliebt als Dich. Hey Boss, hast Du jemals etwas schöner zusammenkrachen sehen. (Sorbas lacht, dann auch Basil) Du kannst also auch lachen. Du lachst. (Beide lachen) Und vor allem die Mönche. Nicht blieb übrig, nichts. (Sie tanzen)

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bagatelle 8und50 / the potheadpixies

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den kühlen kopf bewahre

es klare auf die sicht

und überm see am ufer drüben

kannst‘ gedanken fremd dir

fröhlich üben

statt zu hasten durch die tasten

du ohne ruh‘

die wenigen hellen stellen

in deinem hirn

vernebelen die bagatellen

bleib‘ wurm im sturm

schwimm‘ mit dem strom

dagegen an

werd‘ nicht zu gescheit

an dieser dummen zeit

und koche ein dein leid

zum tun

dann ruh’n

kannst du

eventuell

wir tanzen auf der stell‘

mit hornhaut im gehirn

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Sheep shiting hitting neighbors plate

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Der Magen eines Schafes

Könnt nicht länger tragen

Was verzehrt ward voller Gier

Drum öffnet er die Tür

Und alle Schleusen auch

Entleert froh rülpsend sich

Am Nebentisch ein Nachbartier

Getrieben von derselben Gier

Auf seinem Teller Kötelmassen

Doch man frisst weiter

Kann’s nicht lassen

Es wetzt der Schäfer gar nicht nett

Am Stein das Messer

Lammkotlett

Auch dies das Schaf

Man glaubt es nicht

Anficht in keiner Weis‘

Wird schon werden blöken alle

Leise vor sich hin so brav

Was ich nicht weiß

Erhitzet nicht ’s Gemüt

So weit, oh meine Güt‘

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Esel im Schatten / Reim zur Zukunft

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Unter jenem Baum voller Äpfel und ohne Pflaum‘

Stand ein Esel man sah ihn kaum

Im Schatten und wir hatten

Kaum noch Zeit um hin zu sehen

Wir mussten ja nach Hause geh’n

Wohin war uns nicht klar

Jedoch im nächsten Jahr

Da werden wir es wissen

Wenn wir in uns’re Kissen

Weinen

Und scheinen

Zu schreiten

Beizeiten

Voran und stets zurück

Der Esel fraß ein Stück

Der Nesseln nieder

Iaah Iaah er blöckte leise

Eine wunderschöne Weise

Und stand starr

Graues Haar

Ohne mich das Toben

Karger Tisch

Die Disteln zu loben

War sein einziges Brevier

Nach Hause fuhren wir

Gelassen dann

Und irgendwann

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Immer wieder Sonntags …

… ein kleines Stück Dylan zum Frühstück

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Seit ein paar Wochen jeden Sonntag – ok, fast jeden Sonntag und wenn ich Lust und Zeit habe und nicht meinen Gemüsegarten gießen muß – ein kleines Stückchen Bob Dylan zum Frühstück. Oder Abendessen. Frisch verwurstete Texte. Oder altes Material. Eigener Mist. Fremder Mist. Fundstücke. Auch das alte Brot muß man essen können ohne zu würgen. Auf geht’s. Fast jeden Sonntag. Fast ist mehr als nüscht. Heute ist Samstag.

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Mein Ding

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Alles rast auf Mauern zu

Die Hoffnung ist nur Selbstbetrug

Kein Lied erkauft sich Änderung

Ich sitz‘ in diesem anderen Zug

Ein halbes Wort ist kein ganzer Satz

Es ist die Uhr mit der ich ring

Auch Du, Du bist schon lange fort

Ich denke dieses ist mein Ding

*

Ich hätte nie gedacht, daß ich tue was ich tu

Daß ich lüge glücklich zweigeteilt

Daß es möglich ist so falsch zu sein

Daß mir jegliche Vernunft enteilt

Daß ich wiedermal dem eig’nen Spiegelbild

Ein letztes Ständchen sing

Daß ich nicht mehr weiß, wen ich zuletzt geküßt

Ich glaub auch dieses ist mein Ding

*

Der Zug kriecht aus dem Bahnhof raus

Der Mandelstrauch verblüht

Ich schrei dem Rücklicht hinter her

Das in der Ferne verglüht

Ich pisse an den nächsten Baum

Polier den Ehering

Ich wache auf wie frisch gefoltert

Ich schätz auch dieses ist mein Ding

*

Du warst voll Angst Deine Mauern hoch

Ich wollte sie zerbröckeln seh’n

Ich wollte, daß auf Deinen Wangen

Nur meine Lenden glüh’n

Nachdem ein Sieg errungen war

Die Fahne windstill hing

Geb‘ ich Dir Deine Haut zurück

Auch das ist jetzt mein Ding

*

Ich seh‘ Dich immer wieder geh’n

Es zerfetzt mir mein Gedärm

Ich würde Dir so gerne folgen

Solang ich Deine Füße wärm‘

Ich blieb nie vor Deiner Türe steh’n

Weil dort ein Hinweis hing

Daß wer heimlich kommt ein Verbrecher ist

Auch dieses bleibt mein Ding

*

Das Einzige was mich mit Stolz erfüllt

Ich half Dir auf das Pferd zurück

Als Du erschöpft von einer Ohnmacht warst

Ging ich mit Dir ein kleines Stück

Ob ich ein Heuchler bin oder nur ein Narr

Gar Dein Herzensschmetterling

Abgebroch’ne Flügel wachsen nach

Auch dieses ist vielleicht mein Ding

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Ich traf mich in Dir, Du fielst in mich

Bin ich denn alles was Du brauchst

Ich höre unser „Ja ich will!“

Auch wenn Du es zu leise hauchst

Laute Angst schnürt uns die Kehlen zu

Wenn die Liebe uns zusammen zwingt

Und Du bewegst Dich lieber nicht

Ich denk‘ auch dieses bleibt mein Ding

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Noch ist die Rechnung nicht an uns verschickt

Noch lieben wir in Dunkelheit

Doch die ersten Glocken läuten schon

Der Tag der Rache ist nicht weit

Wenn das letzte Blatt gefressen ist

Zerplatzt der Engerling

Ob er sich dann in die Luft erhebt

Auch dieses bleibt mein Ding

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Gestern Nacht ging ich alleine aus

Ich trank kein einziges Bier

Frauen sprangen mir ins Gesicht

Ich verzehrte mich nach Dir

Ich warte seit Tagen, daß Du Dich rührst

Ich befrage das I – Ging

Weil der Berg nicht zum Propheten kommt

Auch dieses ist mein Ding

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In Deinem Badezimmer schwimmt eine Flaschenpost

Gib sie weiter, wenn Du kannst

Morgen schau ich Dir lachend zu

Wenn Du aus meinem Leben tanzt

Dreh Dich nicht um, wenn ich den Tränenwust

Aus meinem Auge wring‘

Der Rest wird keinem Mensch erzählt

Auch dieses ist mein Ding

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Ihr Buben und ihr Mädels

Ihr spielt das Spiel nicht schlecht

Ich sehe uns beim Lügen zu

Mein Herz behackt ein Specht

Du warst niemals mein Eigentum

Auch wenn ich meine Ketten schwing

Einer von uns muß den Abflug machen

Auch dieses wird mein Ding

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Selbst wenn wir uns nie wieder seh’n

Mein Herz erinner‘ Dich

Wie dies Lied Dich einst gestreichelt hat

Dir in Deine Seele schlich

Ich halt‘ mich an der Gitarre fest

Wenn ich noch leise für Dich sing

Niemand anders als Du kennt diese Melodie

Denn dieses war nur mein Ding

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(Zwischen Neuss und Köln im Herbst 1996 nachgedichtet)

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PS: Alles sehr irritierend in Sachen Dylan zur Zeit. Bis das geklärt ist – was es vielleicht nie sein wird – schweigt diese Rubrik.

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