Die Zufriedenheit in Zeiten des Krieges und von der Abwesenheit des Glücks

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Peter-Sodann-Bibliothek Schmalkalden (Thüringen) / 5. Oktober 2021

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Vorgestern schlurfte ich durch diese Stadt hier vor Ort und sah in einem Schaukasten, daß man plant eine alte Inszenierung von mir wieder zum Leben zu erwecken. Da ich mit dieser Institution – sprich der Leitung – nichts mehr zu tun habe und auch will, wurde ich nicht gefragt in Sachen Wiederaufnahme. In Ordnung. Wobei: selbst in Zeiten des Krieges gelten alte Absprachen? Die Teilnehmenden machen das jetzt mit sich selber aus.

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Gestern – einer der zentral Teilnehmenden hatte eben – Huch! – die Straßenseite gewechselt, professionell eine Voice – Mail darstellend und an der nächsten Ecke tat ich es ihm gleich und vermied dieses oder jenes. Zwei Ecken weiter traf ich einen weiteren alten Mitstreiter. Nachdem wir die Krankheits – und Genesungsgeschichte meines linken Armes abgehandelt hatten, stießen wir auf den Krieg. „Also, wenn man sich vorstellt jetzt in Russland oder Weißrussland leben zu müssen und nichts sagen zu dürfen! Das ist doch brutal!“ Ich trippelte etwas vor mich hin. Mir fiel kein Termin ein, der mich hätte von dannen ziehen lassen. Also sagte ich: „Na ja, das mit dem sich wehren ist ja immer so eine Sache. Hier kommen wir ja nicht gleich in den Knast!“ Dann wurde zurückgetrippelt. „Du, ich muß!“

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Heute holte ich ein Büchlein eines guten Freundes – freue mich sehr, daß wir wieder in Kontakt sind – aus dem Briefkasten. Ich setzte mich ins Café und las: „Er hat viele Freunde, die ihre Zeit damit vertun, auf das wundersame Ereignis zu warten, das sie erlöst, das aus ihrem Leben, das sie als triste Bleistiftskizze wahrnehmen, ein farbenprächtiges Ölgemälde macht. Freunde, die über diesem Warten blind geworden sind für die glücklichen Augenblicke. Außerdem muß man das Glück aushalten können. Viele seiner Freunde tun alles, es zu zerstören, überzeugt davon die Erfüllung könnte schlimmer sein als das Scheitern, getrieben von der Gewissheit, daß nichts der Hölle ähnlicher ist als das Paradies.“

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Eben eilte ich nach Hause. Ich hatte vergessen, daß die Wäsche in der Waschmaschine vor sich hin suppt. Da die Sonne scheint – viel zu verbissen für diese Jahreszeit … äh, siehe nächster Abschnitt – falte ich den Wäscheständer auf den Hinterhof auseinander. Ich komme ins Gespräch mit unserem russischen Nachbarn, der das Gespräch sucht. Ist er Russe? Ein Elternteil aus der Ukraine, das andere aus Kernrussland, aufgewachsen ist er in Kasachstan. Damals noch Sowjetrepublik. Die Gattin Tochter einer Deutschen und eines Russen. Die Tochter hier aufgewachsen. Vielversprechendes Sporttalent. Ist sie jetzt Russin? Spielberechtigt? Sein Smartphone vibriert im Fünf – Minutentakt. Er arbeitet in Frankfurt. In einer Bank. Er muß. „Wir werden weiter reden!“ Und geht. Bis bald!

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Dann biegt um die Ecke die schwäbische Psychologin aus dem Nachbarhaus. „Hallo, Chrischtjan! Etz wirds Sommer!“ „Deshalb hänge ich ja die Wäsche hier auf!“ „Und nächschte Woche wird’s aber wieder kalt!“ „Gott sei Dank. Hoffentlich regnet es den ganzen April!“ „Dess find i aber itt so gut!“ Germania der blinde Glückskeks.

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Jetzt sitzt ich vor dem Bildschirm und angeregt durch das Buch meines Freundes H. höre ich, während ich das hier zusammentippe, Musik die mich zufrieden macht. Auch mit dem heutigen Tag. Glück kann dann morgen. Oder später mal. „Bitte schööön!“

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