Wer wünschte sich nicht dieser Tage eine besinnliche Minute an obigem Grabstein verbringen zu dürfen. Ich tat es, vor etlichen Jahren in Ilmenau, dem freundlichen Ort, wo sich meine Eltern kennengelernt hatten und wo ich wohl zusammengebastelt wurde. Ich meine ab und an eine seltsame Verbundenheit zu dieser Gegend zu spüren, die je älter ich werde intensiver wird, intensiver manchmal empfunden als die Bindung an die Gegend, in der ich aufwuchs. Aber davon ein andermal. Warum Ilmenau und das heute?
Sprach mit meiner liebsten Gattin gestern über die Weihnachtsfeste der letzten Jahre, wo und mit wem. Meist mit Menschen. Diesmal zu zweit und wir erinnerten uns, daß wir im Jahre 2012 allen Begegnungen entsagten, um ein zurückgezogenes Fest in Ilmenau zu verbringen. Ich hatte eine der schlimmsten Begegnungen mit dem Feudalsystem Stadttheater hinter mich gebracht, Psychokacke und das ausgerechnet in der Stadt, in der ich zur Schule gegangen bin, Radfahren und Schwimmen lernte und versuchte erwachsen zu werden. Eine Flucht in die Stille. In die Heimat derer vor mir, Wurzeln. Spaziergänge. Ente mit Thüringer Kloß. Christmette. Schwalbenstein. Forellen in Manebach. Rostbrätel und zum Abschluß der Kickelhahn, Ilmenaus Hausberg, intensive Erinnerung an Wanderungen mit den Onkels und Geburtsort des berühmtesten Gedichts deutscher Zunge. Glühwein mit Bratwurst. Schöne Erinnerungen.
Ich schaue aus dem Fenster, grau und schneebeladen – Ja! Bitte! Weiß! – dräut der Himmel. Es ist so ruhig und still. Kein Auto. Kirchenglocken. Ausdauernd. Schön. Sehr schön. Trotzdem hoffentlich bald an obigem Grabstein stehen dürfen. Jetzt Dylans Weihnachtslieder. Noch schöner. Stille Nacht und heilige Nacht allen da draußen. Mehr denn je. In den Straßen des Friedens flanieren. Fürchtet Euch nicht. Ein Versuch ist es wert.
Von Sonne krank und ganz von Regen zerfressen Geraubten Lorbeer im zerrauften Haar Hat er seine ganze Jugend, nur nicht ihre Träume vergessen Lange das Dach, nie den Himmel, der drüber war.
O ihr, die ihr aus Himmel und Hölle vertrieben Ihr Mörder, denen viel Leides geschah Warum seid ihr nicht im Schoß eurer Mütter geblieben Wo es stille war und man schlief und man war da?
Er aber sucht noch in absinthenen Meeren Wenn er schon seine Mutter vergißt Grinsend und fluchend und zuweilen nicht ohne Zähren Immer das Land, wo es besser zu leben ist.
Schlendernd durch Höllen und gepeitscht durch Paradiese Still und grinsend, vergehenden Gesichts Träumt er gelegentlich von einer kleinen Wiese Mit blauem Himmel drüber und sonst nichts.
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Vom ertrunkenen Mädchen /Bertolt Brecht
Als sie ertrunken war und hinunterschwamm Von den Bächen in die größeren Flüsse Schien der Opal des Himmels sehr wundersam Als ob er die Leiche begütigen müsse.
Tang und Algen hielten sich an ihr ein So daß sie langsam viel schwerer ward. Kühl die Fische schwammen an ihrem Bein Pflanzen und Tiere beschwerten noch ihre letzte Fahrt.
Und der Himmel ward abends dunkel wie Rauch Und hielt nachts mit den Sternen das Licht in der Schwebe. Aber früh ward er hell, daß es auch Noch für sie Morgen und Abend gebe.
Als ihr bleicher Leib im Wasser verfaulet war Geschah es (sehr langsam), daß Gott sie allmählich vergaß Erst ihr Gesicht, dann die Hände und ganz zuletzt erst ihr Haar. Dann ward sie Aas in Flüssen mit vielem Aas.
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Alter, guter Freund der deutsche Sprecher. Im Jahr der Wende teilten wir uns in Münster manches Stück. Baal und Eckhart. Shlomo und Hitler. Drache und der blinde Diener des Drachentöters. Sangen und sprachen obiges. Und seit gestern lese ich das Buch, welches er mir dieses Jahr zum Geburtstag schenkte: Serhij Zhadans „Hymne der demokratischen Jugend“. Eine Empfehlung. Gute Verbindungen. Man braucht sie.